Wenn du lügst
bedachte mich mit einem langen, abschätzenden Blick, und ich fragte mich, warum. Er brauchte zu lange, um zu antworten.
»Ich habe Mandy Johnson angerufen, bevor ich herkam. Sie sagt, sie hat mit Ihnen geredet«, meinte er schließlich.
»Ein wenig«, erwiderte ich. »Pat Humphrey scheint sie bei dem Fall nicht dabeihaben zu wollen.«
»Bestimmt nicht. Haben Sie ihr gesagt, dass Sie mit Mandy gesprochen haben?«
»Nein. Mandy bat mich, es nicht zu tun.«
»Mandy und ich waren fünf Jahre lang Partner. Wir sind noch immer Freunde. Ich möchte nicht, dass sie in irgendwelche Schwierigkeiten gerät.« Ich wusste nicht, wie irgendetwas, das er mir über den Fall sagen könnte, sie in Schwierigkeiten bringen sollte.
»Ich habe keine Ahnung, worum es bei all dem geht«,
sagte ich. »Ganz offensichtlich handelt es sich hier um irgendwelche Interna, über die ich nichts weiß. Ich habe keine Veranlassung, irgendwen in Schwierigkeiten zu bringen, trotzdem würde ich gern erfahren, was hier vor sich geht, denn dann wäre es leichter, abzuschätzen, was ich sagen kann und was nicht. Ehrlich gesagt hatten Pat und ich keinen wirklich guten Start, und ich bin mir nicht sicher, ob ich von ihr irgendwelche wahrheitsgemäßen Antworten erwarten darf.«
Er schnaubte. »Pat wird nicht oft als Lügnerin bezichtigt.«
»Ich meinte nicht …«
»Machen Sie sich keine Gedanken. Ich wollte damit nur sagen, dass sie dazu neigt, ein bisschen zu ehrlich zu sein.«
»Diese Sache ist nicht einfach nur ein persönlicher Konflikt zwischen den beiden, oder?«
»Nein«, sagte er. »Das hat damit nichts zu tun.«
»Also …«
»Alles, was ich dazu sagen kann, ist, dass wir etwas hatten und gleichzeitig nichts hatten, das Daryl mit den Morden in Verbindung brachte. Wir hatten keinerlei Beweise, aber wir hatten guten Grund zur Annahme«, fuhr er vorsichtig fort, »dass Daryl ein Motiv hatte, Roosevelts Tod zu wollen. Ein sehr stichhaltiges Motiv.«
Ich dachte darüber nach. Niemand hatte mir bisher einen speziellen Grund genannt, warum Daryl Roosevelts Tod gewollt haben könnte. Ich wusste nur, dass sie zusammen gedealt hatten.
»Sie meinen den Drogenhandel?«
»Mehr als das. Stichhaltiger als das. Aber es spielt keine
Rolle. Wie ich schon sagte, haben wir nie irgendwelche echten Beweise zu Tage gefördert.«
»Hat diese Sache, dieser Grund, warum Daryl wollte, dass Roosevelt stirbt, hat das irgendetwas mit Mandy zu tun?«, fragte ich.
Er drehte sich um und starrte mich einen Moment lang an. Ich wusste nicht, warum. Ich fischte lediglich im Trüben, versuchte, einen Sinn in dem Ganzen zu erkennen.
»Das könnte man so sagen«, antwortete er schließlich.
»Also, warum will sie Mandy aus dem Fall raushalten?«
»Mandy hat sich damals ein bisschen verrannt«, erklärte er und drehte sich wieder weg, um auf das Spielfeld zu starren. Sein Gesichtsausdruck verriet mir, dass er nicht mehr sagen würde.
Als ich am nächsten Morgen gepackt hatte und gerade in die Lobby aufbrechen wollte, klingelte das Telefon. »Dr. Copen«, sagte der Rezeptionist, »Ihr Fahrer ist hier.«
»Was für ein Fahrer? Ich habe kein Taxi bestellt.«
»Es ist kein Taxi. Es ist eine Limousine. Einen Moment«, sagte er ein Stück vom Hörer weg. »Eine Aufmerksamkeit vom Büro des Generalbundesanwalts.«
Also tat es Pat leid. Vermutlich hatte sie beschlossen, die Scharte auszuwetzen, weil sie etwas von mir wollte. Ich hoffte nur, dass sie nicht in dem Wagen saß, um mich zum Flughafen zu begleiten. Ich packte meine Sachen und ging nach unten. Ein dunkelhäutiger Mann mit ungewöhnlich breiten Schultern und schmalen Hüften erwartete
mich. Er nahm meine Tasche und ging nach draußen zum Wagen. »Welche Fluggesellschaft?«, fragte er.
»Northwest.« Er hielt mir beim Einsteigen die Tür auf. Ich fühlte mich plötzlich unbehaglich und suchte nach dem Grund, während er um den Wagen herumging. Als er auf den Fahrersitz kletterte, entdeckte ich eine lange, gebogene Narbe in seinem Nacken, und plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Pat konnte keine Limousine geschickt haben. Regierungsvertreter würden Dinge nie auf eine solche Weise regeln. Und echte Chauffeure waren nicht gebaut wie dieser hier, und sie hatten auch keine sichelförmigen Narben am Hals, die laut und deutlich Messerstecherei schrien. Ich versuchte auszusteigen, aber die Tür war automatisch verriegelt worden. Wie erstarrt überlegte ich einen Moment lang, was ich tun sollte, als der
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