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Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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der in das Dickicht führte. Mickeys Herz beruhigte sich. Der Pfad war kaum mehr als dreihundert Meter lang, aber er schien in ein verwunschenes Reich zu führen.
    Das Dickicht besaß einen ganz eigenen Zauber. Nur die widerstandsfähigsten Strandpflanzen konnten in dieser harschen Umgebung zwischen den Dünen und der Straße überleben. Der unerbittliche Wind sorgte dafür, dass alle Sträucher niedrig blieben und sich vom Meer abwandten. Pechkiefern, Blaubeerbüsche, roter Ahorn, Felsenbirne, Lorbeer, Schwarzkirschen, Rotzedern, Preiselbeeren und zahlreiche Stechpalmen, einzigartig innerhalb des gesamten zehn Meilen langen Strandwalls, wuchsen hier. Das Dickicht war ein Refugium für Zugvögel und andere Vogelarten, die das ganze Jahr hindurch in diesen Breiten heimisch waren. Mickey war mit ihrer Mutter hierhergekommen, seit sie denken konnte. Sie kannte jede Handbreit in- und auswendig, es war wie ihr zweites Zuhause.
    Als sie das Ende des Pfades erreichten, unmittelbar hinter der schmalen hölzernen Strandpromenade, die den schlammigsten, nach dem langen Winter noch gefrorenen Teil des Sumpfgebiets überspannte, gab Mickey Jenna ein Zeichen, die Augen offen zu halten.
    Sie tauchten aus dem schattigen Dickicht der Sträucher auf – das Geäst war kahl, aber es war dicht genug, um die Sicht auf den Himmel zu versperren – und traten in das strahlende Blau hinaus. Die weißen Dünen waren von Strandhafer gekrönt, der anmutig im Wind wogte. Der Strand wirkte endlos und unberührt. Meilenweit war kein einziges Haus zu sehen – Refuge Beach war nie erschlossen worden, da die gesamte Strandzone eine Kombination aus Feuchtgebiet und Nistplatz für zahlreiche Vogelarten war.
    Mickey spürte die Anwesenheit der Geister. Ein U-Boot war im Zweiten Weltkrieg unmittelbar vor der Küste gesunken und manchmal bildete sie sich ein, die Stimmen der ertrunkenen Seeleute zu hören. So wie jetzt, glaubte sie und ein plötzlicher Schauder durchrieselte ihren Körper.
    Vielleicht lag es auch nur an der Kälte. Sie ging ein paar Schritte und suchte mit den Augen den Strand ab. Ihr Gesicht war im eisigen Seewind wie erstarrt. Die Halme des Strandhafers, vom Wind niedergedrückt, beschrieben Kreise im harten Sand. Ein morscher alter Anlegesteg aus Holz, sturmgepeitscht und von Rankenfußkrebsen bedeckt, schlängelte sich ins Meer hinaus. Lange Wellen rollten ans Ufer. Die legendäre Brandung über den vorgelagerten Sandbänken lockte viele Surfer an, sogar im Winter. Doch heute war es selbst ihnen zu kalt.
    Mickeys Herz drohte auszusetzen. Sie blickte sich aufmerksam um. Sie besaß einen sechsten Sinn, was Vögel betraf, und konnte die Eule spüren, bevor sie sie sah. Ihre Augen fanden sie auf Anhieb: Rund und weiß, glich die Schneeeule einem Fußball, der mitten auf dem Strand gelandet war, auf dieser Seite des Piers, in unmittelbarer Nähe eines silbrigen, vom Wind gebeutelten Treibholzklotzes.
    »Da drüben!«, flüsterte sie, die Hand auf Jennas Arm.
    »Oh, mein Gott«, flüsterte Jenna zurück.
    Sie standen eine Weile reglos da. Die Schneeeule bewegte sich nicht. Hoheitsvoll, anmutig und schneeweiß, nur die Spitzen einiger Federn waren graubraun gesprenkelt. Da es Mittagszeit war, wusste Mickey, dass sie vermutlich schlief. Die Mädchen hielten die Luft an, trauten sich kaum zu atmen. Wellen brachen am Ufer, das Meer war strahlend blau und trotz der stetigen Brise fast glatt.
    Jenna nickte; sie wollte aufbrechen. Die Freundinnen entfernten sich vorsichtig. Mickey richtete ihren Blick solang es ging auf die Eule. Sie wäre am liebsten in den Dünen geblieben, um auf die Abenddämmerung zu warten und den Flug des Vogels zu sehen. Eine Schneeeule bei der Jagd tief über ihren geliebten Strand zu beobachten, weit entfernt von ihrem angestammten Lebensraum, wäre einem Wunder gleichgekommen – und ein Wunder hätte sie heute gut gebrauchen können.
    »Cool«, sagte Jenna, als sie wieder wohlbehalten im Dickicht waren und keine Gefahr mehr bestand, das Tier aufzuscheuchen. »Nicht zu fassen, dass ich endlich eine Schneeeule zu Gesicht bekommen habe! Okay, jetzt können wir sie von der Liste streichen!«
    »Das war sensationell«, erwiderte Mickey, empört über Jennas Einstellung.
    Als sie die Stelle erreichten, an der die Fahrräder standen, merkte sie, wie ihre Wut und Frustration wuchsen. Warum hatte Jenna nicht ein wenig länger warten können? Wie konnte sie so unbekümmert darüber hinweggehen, dass sie zum ersten Mal in

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