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Wenn es daemmert

Wenn es daemmert

Titel: Wenn es daemmert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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seinen Anwalt informieren, dazu ist   jemand   noch nicht gekommen.«
    »Gut,   jemand   kann gehen«, sagte sie und lächelte ein wenig. Als er weg war, las sie Petes Brief durch, nicht nur einmal, sondern mehrmals, bis sie ihn fast auswendig konnte.
    Ich, Pete Rollins, gestehe hiermit den Mord an der Prostituierten Sandra Robertson. Ich war am Tag der Totenwache für Matthew Barnes ihr letzter Kunde. Sie kam kurz nach Mitternacht in dieses Haus und wartete in meinem Zimmer auf mich. Ich sah sie erst, nachdem alle Gäste gegangen waren. Es kam zu Missverständnissen, und sie beleidigte mich. Ich verlor die Kontrolle und schlug sie in einem Wutanfall tot. Danach fuhr ich sie im Kofferraum des Wagens von Lord Darney, den dieser hier hatte stehen lassen, nach Crail und warf sie die Steilküste hinunter, in der Hoffnung, die Flut würde sie hinaustragen. Ich habe in der Zeitung gelesen, dass ein anderer des Mordes verdächtigt wird. Ich möchte nicht, dass ein Unschuldiger angeklagt wird. Ich ertrage aber auch nicht den Druck, der auf mir lastet. Ich bin ein sehr unglücklicher Mensch, und jetzt, da ich erleben musste, wozu ich fähig bin, ziehe ich die Konsequenzen. Ich gestehe außerdem, Matthew Barnes erschossen zu haben, weil er mich gedemütigt hat. Die Waffe habe ich weggeworfen. Ich bitte meine Eltern und meine Geschwister um Verzeihung. Pete Rollins.
    Einfacher Stil, einfache Sätze, ungelenke Formulierungen, das passte zu Pete Rollins. Es passte auch, dass man, wenn man den ganzen Tag am Computer saß, einen Abschiedsbrief darauf tippte. Die Zeiten, in denen man seine Korrespondenz mit der Hand erledigte, waren vorbei. Selbst Tagebücher wurden auf dem Computer geschrieben. Ein Wunder, dass sie den Kindern in der Schule überhaupt noch beibrachten, was ein Stift ist.
    Isobel setzte sich vor Petes Laptop, der noch eingeschaltet war. Der Bildschirmschoner lief, eine Star-Trek-Animation. Sie bewegte die Maus, der Bildschirmschoner verschwand, und das Word-Dokument mit Petes Abschiedsbrief erschien. Er hatte ihn unter »Abschied« gespeichert. Nachdem sie sich einige Minuten mit dem Inhalt des Computers vertraut gemacht hatte, wunderte sie sich nicht mehr darüber. Pete war sehr ordentlich und systematisch gewesen, was die Ablage seiner Dateien betraf. Sie öffnete andere Word-Dokumente, Essays für die Uni, von denen sie kein Wort verstand, weil es um Physik ging. Dann sah sie in der Kategorie »Eigenschaften« des Abschiedsbriefs nach und machte einen Screenshot: Letzter Aufruf des Dokuments: 20:06. Pete war mindestens seit dem Nachmittag tot. Sie klickte in der Symbolleiste des Word-Dokuments so lange auf »Rückgängig machen«, bis sie die zuletzt gespeicherte Version sah. In dieser fehlten drei entscheidende Sätze:
    Danach fuhr ich sie im Kofferraum des Wagens von Lord Darney, den dieser hier hatte stehen lassen, nach Crail und warf sie die Steilküste hinunter, in der Hoffnung, die Flut würde sie hinaustragen.
    Und:
    Ich gestehe außerdem, Matthew Barnes erschossen zu haben, weil er mich gedemütigt hat. Die Waffe habe ich weggeworfen.
    »Das Original haben Sie verbrannt, bevor wir kamen, richtig?«, sagte sie zu Douglas Roth, der im Wohnzimmer auf dem Sofa neben dem Kamin saß und immer noch seine Betroffenheitsmiene zur Schau trug. Nun wechselte er zu unschuldiger Überraschung.
    »Die Glut im Kamin. Kein Mensch macht bei dem Wetter den Kamin an. Und dann noch die Speicherzeit des Dokuments und die Rechtschreibung, all das hat Sie verraten«, erklärte sie. »Warum haben Sie den Computer nicht heruntergefahren? Hatten Sie keine Zeit mehr? Oder haben Sie es einfach vergessen?«
    Douglas sagte nichts, sondern sah sie nur an.
    »Pete Rollins«, fuhr sie fort, »war sicherlich kein unentdeckter Poet, aber er beherrschte Rechtschreibung, Grammatik und Diktion, und zwar die britische und nicht die amerikanische.«
    Douglas sagte noch immer nichts. Er stand nur von dem Sofa auf und stellte sich vor den Kamin, die Hände tief in seinen Hosentaschen. Das musste er sich bei Cedric abgeschaut haben. Isobel sprach weiter:
    »Sie haben übrigens nicht nur Matthew Barnes umgebracht, sondern auch Sandra Robertson. Sie hat nämlich noch gelebt, als Sie sie die Steilküste hinuntergeworfen haben. Douglas Roth, ich verhafte Sie hiermit wegen des dringenden Verdachts, für den Tod von Matthew Barnes und Sandra Robertson verantwortlich zu sein. Alles, was Sie …«
    Sie kam nicht weiter. Sie hatte nicht verstanden,

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