Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wenn Kinder um sich schlagen

Titel: Wenn Kinder um sich schlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruediger Penthin
Vom Netzwerk:
schwerem Ausmaß besteht, die mit nicht medikamentösen Maßnahmen bisher nicht ausreichend erfolgreich behandelt werden konnte. Eine ADHS kann oft erst ab einem Alter von sechs Jahren sicher diagnostiziert werden. Zudem muss diese medikamentöse Behandlung gut medizinisch überwacht werden. Regelmäßige Kontrollen der gesundheitlichen Entwicklung, aber auch regelmäßige Probephasen, in denen überprüft wird, ob man auch wieder ohne Medikament auskommen kann, sind notwendig. Wenn diese Medikamente in der beschriebenen gewissenhaften Weise eingesetzt werden, sind sie für die Entwicklung der betroffenen Kinder und Jugendlichen, deren Familien und letztlich für die gesellschaftliche Integration der Betroffenen aber oft sehr hilfreich.
    Aber auch Intelligenzmangel als hirnorganisch bedingtes Handicap kann dazu beitragen, dass sich bei einem Kind aggressives
Verhalten entwickelt. Gerade aggressives Verhalten mit Körperverletzung wird vor allem an Schulen für lernbehinderte Kinder und Jugendliche beobachtet. Kinder mit geringerem intellektuellen Leistungsvermögen weisen öfter ein vermindertes moralisches Urteilsvermögen auf. Kinder, die zu aggressivem Verhalten neigen, nehmen häufig nur die kurzfristigen Konsequenzen ihres Handelns wahr. Unangenehme Folgen ihres Handelns wie zum Beispiel Bestrafung oder Ablehnung werden zum Zeitpunkt der Aggressionsausübung von diesen Kindern oft nicht berücksichtigt. Sie übersehen die kurz- und langfristigen nachteiligen Folgen ihres Handelns (Schmerzen des Opfers, Sanktionen der Gesellschaft etc.). Zu Aggressionen neigende Kinder und Jugendliche empfinden zudem Handlungen und Äußerungen von anderen Menschen fälschlicherweise häufiger als feindselig, obwohl diese gar nicht feindselig gemeint waren.
    Jedoch können nicht nur Störungen der Körperwahrnehnung, der schulischen Lernfähigkeit oder hyperaktive-impulsive Veranlagung von der körperlichen Seite her auffälliges Verhalten hervorrufen. Störungen der Sprachentwicklung sind diesbezüglich ebenso bedeutsam. Wenn sie sich nicht richtig mitteilen können oder wenn sie häufig nicht richtig verstanden werden, macht das die betroffenen Menschen ärgerlich. Sehr gut kann man auch bei gesunden Kleinkindern beobachten, dass sie sich mit Hauen und Wegnehmen, mit Schreien und Trotzen durchsetzen wollen, wenn sie sich sprachlich noch nicht gut mitteilen können. Daher sind Störungen der Sprachentwicklung und diesen vielleicht auch zugrunde liegende Störungen des Hörvermögens oder der Hörwahrnehmung auch für die Entwicklung von Verhaltensproblemen bedeutsam.
    Auf dem Boden genetischer und körperlicher Veranlagung haben sogenannte psychosoziale Faktoren ausprägenden Einfluss auf die Neigung zu Aggressivität und problematischem
Verhalten. Diese Faktoren wirken über Mechanismen, die in den oben genannten Theorien dargestellt sind. Die Vorbeugungs- und Behandlungsmöglichkeiten können an der körperlichen Veranlagung natürlich nichts ändern. Da aber bei der Entstehung »schwierigen Verhaltens« und bei der Entstehung von »Störungen des Sozialverhaltens« immer ein Wechselspiel zwischen Veranlagung und Belastungsfaktoren des alltäglichen Lebens besteht, ist es wichtig, diese Belastungsfaktoren (psychosoziale Risikofaktoren) rechtzeitig zu erkennen und anzugehen. Denn ist aus »schwierigem Verhalten« von Vierjährigen erst einmal eine verfestigte Verhaltensstörung des Elfjährigen geworden, kann man nicht mehr viel daran ändern. Deshalb sind frühzeitige Hilfen für betroffene Familien (am besten schon in der Schwangerschaft oder den ersten Lebensmonaten) wichtig. Daher ist es so tragisch, dass nur zehn Prozent der betroffenen Familien überhaupt erkennen, dass sie Hilfe brauchen, und sie somit die benötigte Hilfe nicht oder viel zu spät erhalten.

4
    Psychosoziale Risiko- und Schutzfaktoren

Risikofaktor 1: Gewalt durch Eltern
    Die im Leben eines Kindes zunächst bedeutsamsten Vorbilder sind in der Regel Eltern, Großeltern oder andere wichtige erwachsene Bezugspersonen. Wenn diese Vorbilder selbst häufig gewalttätiges Verhalten praktizieren, werden sie zu einem negativen Lernmodell für ihre Kinder. Die Kinder schauen sich dieses Verhalten ab und übernehmen es.
    Gewalttätiges Verhalten der Eltern kann auf verschiedenen Ebenen in Erscheinung treten. Ganz

Weitere Kostenlose Bücher