Wenn Kinder um sich schlagen
Körper Erspürtes in ihrem Gehirn weiterzuverarbeiten. Im kinderärztlichen Alltag kann man immer wieder Kinder beobachten, die anscheinend ein vermindertes Schmerzempfinden haben oder die ihren eigenen Körper nicht so gut spüren können und dadurch ungeschickter und ruppiger mit anderen Kindern umgehen. Diese Kinder fallen im Entwicklungsverlauf mitunter durch körperlich aggressives Verhalten auf, da sie vielleicht öfter frustriert sind, da ihnen viele Dinge misslingen und sie den ruppigen und für andere Kinder womöglich schmerzhaften Umgang selbst nicht als ruppig oder schmerzhaft wahrnehmen. Wahrnehmungsverarbeitungsstörungen können auch ohne eine begleitende ADHS auftreten. Sie können ebenfalls erblich bedingt sein oder durch Schädigungen im Mutterleib oder bei der Geburt hervorgerufen werden.
AuÃerdem treten bei vielen Kindern mit (und ohne) ADHS zusätzlich sogenannte Teilleistungsstörungen auf, die sich vor allem in der Schulzeit zum Beispiel in Form einer Lese-Rechtschreib-Schwäche (Legasthenie) oder einer Rechenschwäche (Dyskalkulie) bemerkbar machen und mit Frustration und Schulunlust verbunden sein können.
Hyperaktive, aufmerksamkeitsgestörte (= konzentrationsgestörte) Kinder stoÃen somit im familiären und im schulischen Alltag oft auf Ablehnung, da es von Erwachsenen viel
innere Kraft und Geduld erfordert, mit hyperaktiven Kindern umzugehen. Somit erfahren diese Kinder in ihrem Alltag häufig Frustrationserlebnisse, welche aggressives Verhalten hervorrufen können. Die Gefahr für Kinder mit einer ausgeprägten, unbehandelten ADHS, in der Schule zu scheitern und in der Jugend bzw. im jungen Erwachsenenalter eine Drogenabhängigkeit oder eine kriminelle Verhaltensauffälligkeit zu entwickeln, ist sehr groÃ. Daher ist eine frühzeitige Behandlung (Elterntraining, Verhaltenstherapie des Kindes und medikamentöse MaÃnahmen) sehr wichtig, da dadurch die Entwicklung des Kindes nachgewiesenermaÃen positiv beeinflusst werden kann. Bei ausgeprägter ADHS ist eine frühzeitige medikamentöse Behandlung mit sogenannten Stimulanzien (Behandlungsbeginn mit sechs bis sieben Jahren) in der Lage, das Risiko für die Entwicklung späterer Störungen des Sozialverhaltens und späterer Substanzabhängigkeit (Alkohol, Drogen usw.) deutlich zu senken. Der diesbezüglich am häufigsten eingesetzte Wirkstoff heiÃt Methylphenidat (Ritalin).
Diese medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten werden in der öffentlichen Diskussion mitunter vehement abgelehnt, vor allem von Menschen, die nicht optimal über die Wirkungsweisen und Effekte dieser Medikamente informiert sind. GroÃe Untersuchungen in den USA konnten eindrucksvoll belegen, dass eine gut eingestellte medikamentöse Behandlung deutlich bessere Wirkung zeigt als ein alleiniges pädagogisch-psychotherapeutisch-verhaltenstherapeutisches Hilfsangebot. Die beste Wirksamkeit bei Kindern mit Aufmerksamkeitsstörungen und Hyperaktivität/Impulsivität zeigt jedoch eine Kombination pädagogisch-psychotherapeutischer MaÃnahmen mit einer gut überwachten medikamentösen Behandlung. In diesem umfangreichen Behandlungsrahmen ist eine medikamentöse Therapie oft sehr segensreich, da sie viele Kinder und Jugendliche erst dazu in die Lage versetzt, die pädagogisch-therapeutischen
Behandlungsangebote bewusst aufzunehmen. Diese Medikamente stellen nämlich nicht ruhig, im Gegenteil, sie machen »wacher«, die betroffenen Kinder und Jugendlichen nehmen sich selbst und ihre Umwelt klarer wahr, sie können besser aufpassen und besser lernen und sich auch besser in andere Menschen hineinversetzen.
Mögliche Nebenwirkungen dieser Medikamente sollen nicht verschwiegen werden. Sie können zum Beispiel appetitlos machen, vorübergehend zu Bauch- oder Kopfschmerzen führen, Puls und Blutdruck erhöhen, die Wachstumsgeschwindigkeit für die Dauer der Behandlung etwas vermindern, manchmal auch traurig machen, da die Kinder und Jugendlichen ihr »Lebensdesaster« plötzlich klarer erkennen. Daher ist es unabdingbar, dass Kinder und Jugendliche vor einer derartigen medikamentösen Therapie von im Bereich der Verhaltensauffälligkeiten und der ADHS spezialisierten Kinder- und Jugendärzten oder Kinder- und Jugendpsychiatern gründlich untersucht werden. Es muss abgeklärt sein, ob wirklich eine ADHS von entsprechend
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