Wenn nichts mehr ist, wie es war
seinem Büro auf und ab, aber er hielt die Begrenzung der vier Wände nicht lange aus. Er brauchte Ruhe um nachzudenken, doch der weitlä u fige Raum schien auf einmal zu eng. Als er wieder aus dem Büro h e rauskam, stand Irene noch immer dort, wo er sie zurückgelassen hatte, nur dass sie jetzt mit Madeleine t u schelte. Davon ungerührt zog er an den staunenden Frauen vorbei und verliess das Revier. Erstaunt nahm er zur Kenntnis, dass Paul tatsächlich das Auto geholt hatte und lässig daran gelehnt auf die nächsten Anweisungen wartete. Zuerst wol l te Jérémie einfach an ihm vorbeigehen, aber er besann sich eines Bess e ren. „Paul, gib mir die Schlüssel.“ Ohne ein Wort zog Paul die Schlüssel aus der Hosentasche und warf sie Jérémie zu . Di e ser fing den Bund auf und stieg in das Auto ein. O hne einen Geda n ken an das Wohin zu verschwenden , lenkte er den Wa gen durch die Strassen . Dennoch war er nicht erstaunt, als auf einmal das Friedhofsgelände vor ihm auftauc h te.
Jérémie brachte den Wagen zum S tehen. Genau dort, wo Paul ihn vor zwei Nächten bereits abgestellt ha t te.
In Gedanken versunken schlenderte Jérémie über das Friedhofsg e lände, erstaunt darüber, wie ein und de r selbe Ort am Tag soviel Ruhe und Frieden ausstrahlen kann, während er in der Nacht Angst und Schrecken verbreitet e . Zumindest konnte er jetzt nac h vollzie hen, warum Beth zwischen diesen Gräbern ihre Ruhe g e funden hatte. Jérémie schlenderte denselben Weg entlang wie in der unheilvollen Nacht. Bei der Trauerweide machte er halt und schickte Pierre einen Gruss ins Jenseits. Unschuldig leucht e ten ihn d ie gelben Rosen an, beinahe so, als hätte ni e etwas den Frieden ins Wanken g e bracht. D en Stich, de r ihm der Anblick der Blumen versetzte , ignorierte er . Die Hände in den Hosent a schen ging Jérémie nachdenklich wieder b is zu der Weggabelung. Es fiel i h m auf, d ass jene am Tag wirklich nicht zu übers e hen war. Erneut nahm er absichtlich nicht den dire k ten Weg zum Ausgang zurück.
Er konnte sie s chon von weitem sehen . Still, m it einer einzelnen Bl u me in der rechten Hand , stand sie vor dem Grab.
Beth ging in di e Hocke und legte die rote Rose nieder. „Ruhe in Fri e den , schöne Louisa.“ Dann richtete sie sich wieder auf. Sie hatte Jérémie s Anwesenheit bereits vorher bemerkt , we s halb sie sich auch nicht stören liess , als er schweigend neben sie trat . Für einen kurzen Augenblick blieben sie einfach so nebe n einander stehen. Schliesslich war es Jérémie , der das Schweigen durc h brach. „Wann wirst du zurückke h ren?“
„In zwei Stunden geht mein Flug.“ Es war nicht mehr als eine kühle Feststellung, die Jérémie mit einem angedeuteten Kopfn i cken zur Kenntnis nahm. Denn beide waren sich bewusst gewesen, dass der Zeitpunkt des Abschieds eines Tages hatte kommen mü s sen.
Tief einatmend nahm Beth dann das unvermeidliche in Angriff. Sie drehte sich zu Jérémie um, strich ihm noch einmal mit dem Zeigefi n ger über die feine Falte zwischen seinen Augen, bevor sie ihm einen sanften Kuss auf die Wange hau chte und sich schlies s lich zum G ehen wandte. Doch als sie an ihm vorbei wol l te, griff er nach ihrem Han d gelenk . Seinen Kopf leicht zu dem ihren gesenkt , spürte sie überdeutlich sein en Atem im Haar , sein wunderbar erd i ger Geruch beschwor in ihr den Wunsch hinauf, sich in seinen Armen zu verlieren . Dennoch wagte sie nicht au f zusehen , sondern wartete ab, was geschehen würde .
Es war kaum mehr als ein Flüs tern, aber sie verstand. „ Bleib bei mir .“
Doch sie hatte ihre Entscheidung bereits getroffen und der Schmerz darüber, drohte sie zu überwältigen . „ Es tut mir leid .“
„Verstehe.“
Und er liess sie gehen .
Kapitel 63
Beim Anblick ihrer Tochter wusste Susanna sofort B e scheid. Sie nahm sie in die Arme und zog sie dann neben sich auf einen der Stühle im Wartesaal. „Kind, ich werde das nur einmal fragen. Also sperr deine Lauscherchen auf .“ Susanna sprach so ernst, dass Beth sich gezwungen fühlte, sie anzusehen . Erst nac h dem sich Susanna der ganzen Aufmer k samkeit ihrer Tochter sicher war, fuhr sie fort . „ Du hast dich in ihn ve r liebt, nicht wahr ?“
Beth zögerte.
„Liebes, du wärst nicht die erste in unserer Familie, die ihr Herz in Nizza verliert. Erinnerst du dich? De i ner Tante ging es kein Stück besser. Würde mich auch wundern, wenn dir der Junge gleichgü l tig wäre . Ist wirklich ein
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