Wenn nur dein Lächeln bleibt
man dir aber nicht an.«
»Ich habe ihm ein paar Babysöckchen und einen winzigen Strampler auf den Gabentisch gelegt, und da hat er gewusst, dass er Vater wird! Er hat sich dermaßen gefreut, dass er mich durchs ganze Zimmer gewirbelt hat, und dabei ging unsere einzige Blumenvase zu Bruch … Ich habe Rotz und Wasser geheult. Bernd ist meine ganz große Liebe«, schwärmte ich weiter, um mich von der Trostlosigkeit dieses Krankenhauses abzulenken. »Er hat mich bis zum Eingang gebracht. Leider dürfen werdende Väter ja nicht mit rein.«
»Nee, die Kerle können wir hier echt nicht gebrauchen.« Jutta zog die Nase hoch. »Aber am späten Nachmittag ist hier …« – sie malte Gänsefüßchen in die Luft und hob ihre Stimme an wie eine Märchentante – »… Vatistunde!«
»Ja«, freute sich Elke. »Wer weiß, ob du deinem Bernd schon morgen euer Kind in die Arme legen kannst.«
»Das wäre schön … so unvorstellbar schön!« Mir entfuhr ein sehnsüchtiger Seufzer. Ob es ein Junge werden würde? Das würde Bernd so stolz machen! Oder ein Mädchen? Ganz heimlich wünschte ich mir eine kleine Prinzessin! Wir würden sie Anja nennen. Anja klang so sanft, so lieb, so … engelhaft!
Die Tür flog auf, und eine magere Schwester in einem ausgeblichenen Kittel streckte ihren wasser stoffblonden Zottelkopf herein:
»Ist hier die Risikoschwangere?«, bellte sie.
»Ähm, ja … das bin wohl ich.«
Die anderen beiden Pottwale blieben mucksmäuschenstill. Nur das Quietschen der rostigen Bettgestelle war zu hören, als sie sich auf die Seite drehten und taten, als ginge sie das gar nichts an.
Risikoschwangere . Kein schönes Wort.
Die Schwester schaute durch ihr billiges Brillengestell auf ihr Klemmbrett. »Steißlage, Querlage, ja was denn nun?«
»Zuerst war es eine Steißlage, dann Querlage«, gab ich gehorsam Auskunft. »Morgen soll entschieden werden, ob ein Kaiserschnitt gemacht wird. Ich glaube, das wäre das Beste, denn ich bin schließlich schon zwei Wochen über den Termin …«
»Na, das haben SIE ja wohl nicht zu bestimmen«, knurrte die Schwester. »Wenn das hier jede machen wollte! Sie warten schön ab, was die Ärzte sagen!«
»Ja, natürlich …« Das Warten war ich ja nun gewohnt.
»Also, morgen früh sechs Uhr Wehentropf!«
»Jawoll, Schwester«, schnarrte ich zurück, aber da war die Tür hinter dem Drachen schon mit einem lauten Knall zugefallen. Genosse Honecker an der Wand wackelte leicht mit dem Kopf, so als wollte er sagen: Mädel, reih dich mal schön hinten ein. Du bist hier gar nicht wichtig.
2
»Hädicke?«
»Ja? Das bin ich.«
Ich hing am Wehentropf. Durch eine dicke Infusionsnadel strömte eine Flüssigkeit in meine Adern, die meinen Körper in den reinsten Hexenkessel verwandelte. Genauso gut hätte man mich an ein mittelalterliches Foltergerät anschließen können. Mit ungeheurer Wucht nahmen mich die Wehen in Minutenabständen in die Zange. Und jedes Mal krampfte sich mein Bauch schmerzhaft zusammen, so als hätte jemand ein glühendes Messer hineingerammt. Mein Baby lag quer. Wenn es nun durch diese grässlichen Kontraktionen auch solche Qualen erlitt? Ich zwang mich, nicht weiter darüber nachzudenken.
»Wieso geht denn hier nichts voran?« Wieder ein anderes Gesicht, wieder eine andere lieblose, schlecht gelaunte Schwester.
»Das wollte ich gerade Sie fragen!«, stöhnte ich schon völlig entkräftet. Ich hatte riesige Schuldgefühle. Warum schaffte ich es nicht, mein Kind endlich auf die Welt zu bringen? Was machte ich nur falsch?
»Sie haben hier überhaupt keine Fragen zu stellen!«
»Bitte, so war das nicht gemeint! Aber ich liege jetzt schon seit acht Stunden hier … Es ist nicht auszuhalten!«
»Nun stellen Sie sich mal nicht so an! Andere Mütter halten das auch aus!«
»Bitte! Können Sie nicht den Arzt rufen? Ich habe wirklich kein gutes Gefühl!«
»Na, das ist ja mal ganz was Neues! Dass uns hier eine sagt, dass Wehen kein gutes Gefühl sind!« Die Schwester stieß ein schnaubendes Lachen aus. »Der Arzt ist im Kreißsaal und hat mindestens noch vier oder fünf Geburten, die vor Ihnen dran sind. Also schön weiteratmen. Und zwischendurch entspannen. So wie Sie das in der Schwangerschaftsgymnastik gelernt haben.«
Sie tätschelte im Davoneilen meinen Arm, an dem der Schlauch hing, durch den mit unendlicher Langsamkeit diese Wehenflüssigkeit tropfte.
Ich halte das nicht länger aus!, hämmerte es in meinem Kopf.
Man hatte mir gesagt, dass Wehen
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