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Wenn Tote schwarze Füße tragen

Wenn Tote schwarze Füße tragen

Titel: Wenn Tote schwarze Füße tragen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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herumgeführt.
    Wir lassen die Autos am Bahndamm der
stillgelegten Strecke stehen und gehen zur Brücke hoch. Auf den wackligen
Eisenplatten hallen unsere Schritte dumpf wider.
    Castellets Eskorte besteht aus sieben
Leuten. Der Mörder hat sich einen Mantel übergeworfen, um seine gefesselten
Hände darunter zu verbergen. Dorville und der Catcher haben ihn in ihre Mitte
genommen. Ihnen folgen Chambord, von André geführt — was ihn nicht davor
bewahrt, mehrmals auf dem holprigen Boden zu stolpern — , und der pied-noir mit dem Gebaren eines Schulmeisters. Ich gehe mit einem weiteren Freund des
Hauptmanns voran. Zavatter ist für alle Fälle bei Mireille zurückgeblieben.
    Der verlassene Bauernhof liegt still
und friedlich da. Grillen und andere Vertreter der südfranzösischen Fauna geben
ihr übliches Streichkonzert. Hin und wieder steuert eine Eule eine
melancholische Note bei. Man hört leise das Wasser fließen. Die Pinien zittern
vor dem nächtlichen Sternenhimmel, wobei sie im warmen Wind einen seidenweichen
Ton von sich geben. Aus dem verfallenen Teil des Gebäudes kommt eine Fledermaus
geflogen. In linkisch wirkendem Flug jagt sie schmackhafte Mücken. Der Mond
ergießt sein Licht über den Brunnen, auf dessen Rand die Kriechspur einer
Schnecke glänzt.
    „Na ja“, sagt der Catcher mit seiner
honigsüßen Stimme, indem er einen zufriedenen Blick auf die Landschaft wirft,
„sieht so aus, als wären wir hier genau richtig. Sie sagen, daß der barbouze in dem Brunnen liegt, M’sieur Burma? Armer Kerl! Muß sich da unten ja zu Tode
langweilen! Na schön... Ich schlage vor, wir reden in der Ruine da über die
letzte Ungereimtheit. Ich habe eine dicke Taschenlampe mitgebracht...“ Zur
Demonstration läßt er sie aufblinken. „Obwohl sie mir vielleicht bei dem, was
ich vorhabe, gar nichts nützt.“
    „Was haben Sie denn vor, André?“ fragt
Chambord schroff.
    „Gehen wir rein, dann erklär ich’s
Ihnen.“
    Angeber!
    Wir gehen ins Haus. Ich habe zwar
keine Taschenlampe bei mir, aber in Erwartung unserer Séance da drinnen habe
ich aus der Rue Daranaud eine Lage wunderschöner bunter Kerzen mitgebracht, die
bei den amourösen Festlichkeiten dort wohl für die richtige Stimmung gesorgt
haben. Ich zünde die Kerzen an und stelle sie auf einen wackligen Tisch. Auf
den schmutzigen Wänden mit den zum Teil abgerissenen Tapeten tanzen
phantastische Schatten. Ich meine, ein Lächeln über Castellets Gesicht huschen
zu sehen.
    „So“, sagt der Catcher und zaubert
noch einen anderen Gegenstand unter seiner Jacke hervor. Und diesem Ding fehlen
nur zwei Räder, dann wär’s ‘ne richtige Kanone. „Wir setzen uns hier aus zwei
ungleichen Gruppen zusammen. Für das, was ich jetzt vorhabe, verfüge ich sicher
nicht über die Mehrheit. Aber da ich kein Demokrat bin, ist mir das egal.“
    „Zu welcher Gruppe zählen Sie mich,
Andre?“ fragt der Blinde.
    „Zu den Gegnern der Todesstrafe,
Hauptmann, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich nehme an, daß André auch zu Ihrer
Gruppe gehört. Monsieur Burma ebenfalls, als Unterstützer der französischen
Justiz... Was Monsieur Dorville denkt, weiß ich nicht. Diese Herren
jedenfalls...“ Er zeigt auf die beiden anderen pieds-noirs. „...sind
einverstanden. Das genügt mir.“
    „Sie sind dabei, eine Riesendummheit
zu begehen“, stelle ich fest. „Wenn der Kerl tot ist, werden Sie einen
Mordsärger bekommen, wenn ich das mal so sagen darf, aber Sie werden keinen
Centime von den Millionen sehen!“
    „Monsieur“, erwidert der Catcher, „ich
lasse mich lediglich von edlen Gefühlen leiten. Geld verachte ich. Mir tut aber
der arme barbouze im Brunnen leid. Monsieur Castellet soll ihm
Gesellschaft leisten. Vereint im ehrenhaften Kampf!“
    Ich packe den Tisch mit beiden Händen
und stoße ihn in seine Richtung. Die Kerzen werden wie Sternschnuppen
durcheinandergewirbelt und verlöschen dann. In der plötzlichen Dunkelheit
drückt der erregte Catcher auf den Abzug seiner Kanone. Der Knall macht uns
taub, aber niemand schreit auf. Ein Wunder, daß in einem so kleinen und dabei
so überfüllten Raum niemand die Kugel abkriegt.
    In unsere Gesellschaft kommt Bewegung.
Nicht nur, daß wir alle durcheinanderschreien, wir hören auch eine Tür
zuknallen und jemanden davonlaufen. Castellet hat unsere Verwirrung ausgenutzt,
um sich aus dem Staub zu machen: das vorhersehbare Resultat meiner
Zirkusnummer. Wir stürzen hinaus auf den Hof, doch es ist zu spät. Der
Flüchtende

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