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Wenn Tote schwarze Füße tragen

Wenn Tote schwarze Füße tragen

Titel: Wenn Tote schwarze Füße tragen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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der
Kriegsrat im Salon. Zavatter — Spezialist im Umgang mit schwierigen Damen —
bringt Mireille ins Bett, nachdem wir ihr ein starkes Schlafmittel verabreicht
haben.
    „Meine Herren“, beginne ich, „ich
stelle Ihnen Monsieur Castellet alias Blois vor. Blois oder Castellet, das
bleibt sich übrigens gleich. Blois wie Schloß oder Schlößchen. Oder wie Castellet. Einen Moment lang habe ich an ein anderes Schloß gedacht, aber der Irrtum war
schon ganz richtig, wie man so sagt. Dieser Mann hier ist der Verräter, hinter
dem Sie her sind und den der Hauptmann auf den Fluren der barbouze -Villa
flüchtig gesehen hat. Er hinkt, hat eine schiefe Schulter, und die Brille, die
er trägt, ist reine Tarnung: Es sind nur Fenstergläser...“
    Ich erzähle ihnen, was passiert ist,
seit Sigari den Mörder entlarvt hatte.
    „Idioten!“ faucht Castellet. „Ich habe
diesen Burma schon als kleinen Jungen gekannt. Und schon damals hat er das
Blaue vom Himmel heruntergelogen. Paßt auf, daß ihr euch nicht von ihm
einwickeln laßt! Die Räuberpistole, die er euch erzählt hat, paßt hinten und
vorne nicht zusammen. Voller Lücken und Ungereimtheiten!“
    „Mir persönlich“, sagt ein pied-noir in schulmeisterlichem Ton, „sind die Ungereimtheiten vollkommen egal.
Ungereimtheiten gibt es bei allen Überlegungen. Aber Sie, Castellet, sind mir
noch aus Algier bekannt. Und ich Ihnen ebenfalls, auch wenn Sie’s sich nicht
anmerken lassen... Wie Sie wissen, ist mir bekannt, daß Sie da unten einer
Gruppe angehörten... Oh, nicht in verantwortungsvoller Position, aber
immerhin... Ich frage mich nur, woher Sie das Datum und den Ort der berühmten
Versammlung kannten.“
    „Das spricht doch wohl eher für mich,
oder?“ gibt Castellet zurück.
    „Zugegeben... Noch eine weitere
Ungereimtheit: Ich habe da unten nie bemerkt, daß Sie hinken und eine schiefe
Schulter haben. Der Hauptmann hat diese Besonderheiten registriert, weil seine
Beobachtungsgabe geschärft war, als er Sie in der Villa gesehen hat.“
    „Ich habe niemals einen Fuß in die
Villa Djemila gesetzt“, knurrt Castellet.
    „Das beweisen Sie erst mal! Wird nicht
ganz einfach sein. Das Gegenteil übrigens auch nicht, einverstanden... Aber mit
oder ohne Lücken und Ungereimtheiten, wenn Sie all das getan haben, was der
Detektiv Ihnen vorwirft — und ich habe nicht den Eindruck, daß er Sie
leichtfertig beschuldigt — , dann müssen Sie ein verdammt schlechtes Gewissen
haben! Ich persönlich jedenfalls“, schließt der Mann noch schulmeisterlicher,
„habe mir eine klare Meinung bilden können.“
    „Zumal Monsieur Blois behauptet, die
Villa Djemila niemals betreten zu haben“, werfe ich ein. „Dabei hat niemand von
uns den Namen der Villa in den Mund genommen. Wie sind Sie darauf gekommen,
Monsieur Castellet?“
    „War die Villa Djemila etwa kein
Treffpunkt der Geheimpolizei?“ fragt der Verräter zurück.
    „Doch, aber es gab auch noch andere:
Villa Radjah, Villa Houffa usw. Die Namen standen in der Zeitung. Djemila
nicht. Ich zum Beispiel habe vorher noch nie davon gehört. Wirklich Pech für
Sie, daß Ihnen ausgerechnet diese Villa als allgemeines Beispiel eingefallen
ist!“
    „Hol dich der Teufel“, knurrt
Castellet mich an.
    Der Blinde stampft mit seinem weißen
Stock auf den Boden.
    „Der Fall ist abgeschlossen!“ sagt er
feierlich.
    Tiefes Schweigen breitet sich im Salon
aus. Es wird von dem pied-noir, der aussieht wie ein Catcher, gebrochen.
    „Darf ich etwas zu den Ungereimtheiten
und Lücken sagen?“ fragt er mit zuckersüßer Stimme, die nichts Gutes ahnen
läßt. „Danke. Die einzige offene Frage, die mich interessiert, ist die: Wo ist
das Geld? Wir brauchen es nämlich ganz dringend für unsere Arbeit.“
    Ich schlage vor, bis zum Einbruch der
Dunkelheit zu warten und dann an einen Ort zu fahren, der sich zur Klärung
dieser offenen Frage eignet. Zu dem alten Bauernhof in Celleneuve, zum
Beispiel.
    Der Kriegsrat nimmt meinen Vorschlag
an. Sogar Castellet erhebt keinen Widerspruch. Er verhält sich ganz in der
Tradition von Madame Dubarry: „Einen Moment noch, Herr Scharfrichter!“
     
    * * *
     
    Wir nähern uns dem Bauernhof über den
Weg, den ich heute schon einmal genommen habe. Es ist der Weg, der über die
Brücke führt. Ich habe gar nicht erst versucht, den normalen Zugang zu finden.
Mein Gedächtnis hätte es mir sowieso nicht verraten. Und Castellet wollten wir
nicht fragen. Er hätte uns sicherlich an der Nase

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