Wenn Werwolf-Pranken streicheln
zusammen. Ich spüre, daß sie besorgt um mich sind. Wenn sie bei mir sind, habe ich keine Angst. Sie… sie beschützen mich. Sie streicheln mich auch. Ich genieße das.«
»Und dann gehen sie wieder?«
»Klar.«
»Wohin denn?«
»Das weiß ich nicht.«
»Du hast auch nie danach gefragt?«
»Nein. Sie gehen in ihre Welt, das denke ich mir. Wenn wieder der Vollmond am Himmel steht, kommen sie zurück. So einfach ist das.«
»Ja!« stöhnte die Reporterin, »so einfach ist das. Wenigstens für dich. Kompliment, mein Kind, wie alt bist du?«
»Neun.«
»Du hast eine große Phantasie.«
»Ich lüge Ihnen hier nichts vor, Miss. Das ist alles wahr, was ich Ihnen erzählt habe.«
»Gut, wollen wir das mal dahingestellt sein lassen. Ich danke dir jedenfalls, Gwen.« Sie wandte sich an die übrigen Kinder. »Wer von euch hat noch so ein außergewöhnliches Erlebnis gehabt? Aber bitte, ich möchte nicht, daß ihr mir hier Geschichten erzählt, die nicht stimmen…«
Der Figaro neben mir lachte. »Gechichten, das ist das richtige Wort, Sir. Sie hat Geschichten erzählt. Oder was meinen Sie dazu?«
Ich hob die Schultern. »Sorry, aber ich weiß nicht, ob das eine Lügengeschichte war.«
»Glauben Sie denn daran?«
»Möglich.«
Der Friseur hatte das Radio leiser gestellt und schnibbelte weiter. Ich schaute zu, wie die Haare von meinem Kopf zu Boden fielen, und machte mir meine Gedanken.
Hatte diese Gwen tatsächlich gelogen und sich alles ausgedacht? Es war schon unwahrscheinlich, wenn ein neunjähriges Mädchen etwas von Werwölfen erzählte und sie zusätzlich noch als seine Großeltern bezeichnete. Aber ich hatte schon zu viele Dinge erlebt, um darüber noch lachen zu können. Auch mit Wölfen. Da brauchte ich nur an die Wölfin Nadine zu denken, in deren Körper der Geist eines Menschen steckte und die noch die menschlichen Augen besaß. Ich war sehr schweigsam geworden. Das merkte auch der Figaro, und er stellte keine weiteren Fragen mehr. Zudem beeilte er sich auch, mit seiner Arbeit fertig zu werden.
Als ich dann zahlte, fragte er: »Denken Sie immer noch über dieses Gespräch nach?«
»Sicher.«
»Wie Kinder so etwas erzählen können.« Er öffnete seine Kasse und holte Wechselgeld hervor. »Ich bin ja nur gespannt, was die Eltern dazu sagen werden. Großeltern als Werwölfe, das kann doch nicht wahr sein. Das ist ja ungeheuerlich.«
Ich steckte das Geld ein. »Manchmal, mein Lieber, werden die unmöglichsten Dinge wahr.«
Er nickte heftig. »Das stimmt, Sir, aber nicht mit irgendwelchen Wölfen oder so.«
Ich hob die Schultern. »Wissen Sie das alles genau, mein Lieber?«
»Nein.« Er wollte noch etwas hinzufügen. Ein neuer Kunde kam, um den mußte er sich kümmern.
Mir hielt er noch die Tür auf, ich verließ den Laden und blieb vor der Schaufensterscheibe stehen.
Diese Gwen ging mir nicht aus dem Kopf. Vielleicht sollte ich mal mit ihr reden. Im persönlichen Gespräch bekommt man einen besseren Eindruck davon, ob jemand lügt oder nicht. Aber das wollte ich aufschieben. Zunächst mußte ich zurück ins Büro. Den Wagen hatte ich stehenlassen. Mit der U-Bahn fuhr ich auch nicht. Zu Fuß war ich fast ebenso schnell, da ich abkürzen konnte. Glenda grinste mich an, als ich ihr Vorzimmer betrat.
»Ist was?« fragte ich.
»Toller Haarschnitt.«
»Wieso?«
»Sehr kurz. Hat da ein Lehrling geübt?«
Ich drohte ihr mit-dem Zeigefinger. »Was meinst du, wenn ich mal bei dir übe.«
Sie lächelte und lehnte sich gegen ihre Schreibtischkante. Der Jeansrock war enger geschnitten und spannte sich um ihre Hüften. Sie trug die dazu passende Jacke aus dem gleichen Material. Als Zierde funkelte Straßschmuck auf dem Stoff.
»Kommt auf die Übungen an, John.«
»Wir können ja turnen.«
»Sagt man das jetzt dazu?«
Ich winkte ab und ging in mein Büro, nicht ohne mir eine Tasse Kaffee mitgenommen zu haben.
Suko saß auf seinem Platz und hob die Augenbrauen an, als er mich hereinkommen sah. »Du warst ja tatsächlich beim Friseur.«
»Sicher. Weshalb nicht?«
»Manche benutzen das als Ausrede.«
»Aus dem Alter bin ich heraus.« Ich nahm Platz, trank zwei Schlucke und fragte: »Du hast nicht zufällig Radio gehört?«
»Nein. Wieso?«
Ich hob die Schultern. »Man brachte eine Reportage aus einer Schule. Die Kinder sollten erzählen, was sie in ihrem Leben bisher Außergewöhnliches erlebt haben.«
»Ja und?«
»Da war ein neunjähriges Mädchen. Es berichtete darüber, daß es sich bei
Weitere Kostenlose Bücher