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Wenn Wir Tiere Waeren

Titel: Wenn Wir Tiere Waeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Genazino
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einen Beischlaf hintranken. Die Entblößung unserer Absichten entging Maria nicht.
    Es macht mir Spaß, flüsterte sie mir zu, in den Männergesichternden Neid zu sehen.
    Den Neid? fragte ich; aber die haben doch auch Ehefrauen zu Hause.
    Ja, zu Hause! sagte Maria; aber zu Hause sind sie erst wieder am Abend, und dann sind sie alle müde. Aber hier sitzt am hellen Tag eine Frau, die sich jetzt schon hingibt, das ist der Unterschied.
    Ich musste lachen und fragte: Stört es dich nicht, dass es der Neid von Spießern ist?
    Nein, sagte Maria, der Geschlechtsneid verähnlicht die Männer stark. Ein Intellektueller ist nicht qualitätvoller neidisch als irgendein Bürofuzzi, stimmts?
    Maria entfuhr ein zärtlicher kleiner Rülpser, und ich sagte: Ich glaube, wir gehen mal.
    Maria lachte und steckte ihre nicht gebrauchte Papierserviette in ihre Handtasche und rutschte vom Barhocker herunter. Sie schob sich ihren Rock zurecht und klärte mit ein paar Schritten, ob sie problemlos gehen konnte. Schon im Taxi kam mir der bevorstehende Beischlaf wie eine Art Fürsorge vor. Diese Empfindung war ungerecht und überheblich und entsprach nicht meiner Erregung. Tatsächlich belebten Marias frei ausgestreute Sexualzeichen auch mich. In der Wohnung war ich dankbar, dass Maria sofort in die Toilette ging und sich erbrach. Das war schon öfter so gewesen, deswegen war ich nicht erschrocken. Sie kniete vor der Schüssel; jedesmal, wenn etwas hochkam, drückte sie die Spülung, damit sich der Geruch nicht ausbreitete. Hinterher gurgelte sie mit Odol und putzte sich die Zähne. Dann legte sie sich ins Bett und sagte: Kannst du mich bitte ausziehen, ich bin erschöpft.
    Momentweise sah es so aus, als hätte sie genau das sein wollen: erschöpft und kraftlos und willenlos und von liederlicher Anziehung. Weil ihr Leinenrock eng war, brauchteich eine Weile, ihn von ihrem Körper zu lösen. Das T-Shirt war schneller weg, ebenso BH und Unterhemd. Ich öffnete meinen Gürtel und alle Knöpfe und ließ meine Kleidung nach unten rutschen, wie ich es seit Kindertagen gewohnt war, und legte mich neben Maria. Ihre Hand umschloss mein Geschlecht wie ein bewegliches Etui. Marias kurz geschnittenes, blond nachgefärbtes Haar zeigte an den Wurzeln ein aschiges Braun. Trotz der Schminke zeigten sich kleine, wulstartige Augenringe, die Stück für Stück in Marias Gesicht hineinwuchsen. Wie so oft betrachtete ich diese Einzelheiten und wusste nicht, ob sie mich störten oder nicht. Maria drehte sich ganz zu mir, ihre molligen Brüste kullerten mir entgegen. Im Radio ertönte eine weniger bekannte Symphonie von Mahler. Auf Marias Oberarmen bemerkte ich die allmähliche Überflutung mit rötlichen Hautpünktchen, genau wie damals bei Thea. Weil ich mich nicht genauer an Thea erinnern wollte, steckte ich mir Marias rechte Brust in den Mund und saugte daran wie ein Kind. Jetzt verzieh ich alle Missetaten, die mir je zugefügt worden waren, und ich verzieh mir selbst alle Missetaten, die ich anderen zugefügt hatte. Das Wort Missetaten rutschte mir vermutlich nur deswegen in den Kopf, weil ich durch Mahlers Musik ein wenig ergriffen war. Ich kam mir vor wie Hans im Glück, der rechtzeitig zur Stelle war, als unter den Menschen ein bisschen Freude verteilt wurde.
    Ich sagte zu Maria: Zieh die Unterhose aus und setz dich auf mich.
    Maria antwortete: Dazu bin ich zu schwach, du musst alles machen.
    Marias Körper war verschwitzt und irgendwie leidend und gleichzeitig anmutig, das gab es, ich sah es vor mir. Ichstreifte ihr den Schlüpfer herunter und hob sie auf mich drauf. Wenig später gab es zwischen unseren Körpern keinen Millimeter Platz. Maria hatte meine Kerze im Bauch und begann, langsam und weich auf meinem Unterleib zu schaukeln. Eine ganze Weile kam von ihr kein Ton. Sie schwieg vermutlich aus Ehrfurcht vor ihrem Leben, vielleicht auch aus Erschütterung. Früher hatte sie mir einmal gesagt, dass sie gerade dann, wenn sie angetrunken und ein wenig ungeschickt war, am tiefsten davon gerührt sei, dass es einen Mann gab, der sie begehrte. Ich hatte keine Ahnung, warum mir gerade jetzt unser Biologielehrer einfiel, der uns in der Unterprima das Leben der heimischen Raubvögel erklärte. Eines Tages machten wir einen Klassenausflug in das rheinhessische Ried, wo damals viele Vogelarten ungestört lebten. Habichte jagten Kaninchen, Sperber stürzten sich auf Feldmäuse, Baumfalken vertilgten Kleinvögel und Insekten. Eines Tages sah unsere Klasse etwas ganz

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