Wer aaahh sagt...

zweifach: Er heilt die Kranken und bietet vielen Leuten, die sonst keine Arbeit fänden, einen Lebensunterhalt.«
    »Der größte Arbeitgeber in Europa«, erwähnte ich.
    Er nickte lebhaft. »Und ein höchst unrentables Unternehmen dazu. Aber der leiseste Versuch, unfähige Leute abzubauen, ruft sofort entrüstete Proteste gegen die >Kürzungen< hervor.«
    Er sprach zu mir wie Königin Victoria, wenn sie sich über Mr. Gladstone beklagte.
    »Ein Unternehmen muß leistungsstark genug sein, um die Renten und die medizinische Versorgung für seine Arbeitnehmer zu finanzieren. Das gleiche gilt für eine Nation, die sich einen Wohlfahrtsstaat leisten will.«
    Seine Augen glänzten.
    »Wir leben in einem wundervollen, wenn auch völlig unmöglichen Land. Wir haben alles erfunden, von der Kernspaltung bis zum Sekt, aber der Gedanke, uns anzustrengen, um einen Kunden zufriedenzustellen, ist unserem unbeugsamen Geist völlig fremd, besonders wenn es sich um Ausländer handelt, die sich nicht einmal die Mühe machen Englisch zu lernen.«
    Er steigerte sich in seine Rede hinein.
    »Wir sind eine großartige Nation von Piraten! Woraus besteht denn unsere glorreiche Geschichte? Wir haben alle reichen Länder der Erde geplündert und aus den armen ein Weltreich gemacht. Um mit Saki, Mr. Sp-, Doktor, zu sprechen: Das britische Weltreich war ein gutes Weltreich, wie es Weltreichen eben so geht, und wie es Weltreichen eben so geht, mußte es untergehen. Glücklicherweise können wir uns immer noch an Englands angenehm grüner Politik erfreuen, weil wir vom Erdöl leben, so wie wir vor hundert Jahren von der Kohle gelebt haben, von der schmerzlichen Unterbrechung durch einige Kriege abgesehen.«
    »Bravo!« sagte ich.
    Er ließ sich auf das mit Chintz bezogene Sofa fallen wie auf die grüne Lederbank im Unterhaus nach einer erfolgreichen Antrittsrede.
    Ich wagte zu fragen: »Und wie steht’s mit dem Idealismus?«
    Er lachte. »Um Johnson zu zitieren: Idealismus ist der letzte Ausweg für einen politischen Schurken.< Können Sie mir einen Gefallen tun?«
    Er nahm ein getipptes Blatt Papier von dem Queen-Anne-Schreibtisch.
    »Wissen Sie, daß diese Royal Commission den Gesundheitsdienst überwacht, von den Ärzten bis zu den Putzfrauen? Würden Sie einige Fragen überprüfen, die ich über praktische Ärzte stellen möchte? Ich habe natürlich einen Haufen Bücher, Informationsberichte und Gutachten«, erzählte er mir begeistert. »Ein Abgeordneter muß sein wie ein Anwalt: Er muß sein Mandat meistern, egal, ob er nun weiß, daß seine Politik eine Katastrophe wird - genauso wie der Anwalt, der weiß, daß sein Klient schuldig ist. Deshalb sieht es oft so aus, als redeten wir Blödsinn.«
    Ich widersprach: »Aber ich habe mich noch nie im geringsten für Politik interessiert.«
    »Gefährlich, Doktor. Das hat ein unseliger französischer Aristokrat auf den Stufen der Guillotine auch gesagt. Wissen Sie, was der Henker ihm geantwortet hat? >Genau deshalb bist du hier<, und dann schlug er ihm den Kopf ab.« Er lachte wieder.
    Ich versprach, mein Bestes zu tun. Jim brachte mich zur Tür. »Wie ich höre, trinken Sie am liebsten einfachen Malzwhisky«, sagte er. »Übrigens, Charlotte ist schwanger.«
    In den nächsten Monaten belieferte ich Jim regelmäßig mit den neuesten Nachrichten aus dem Gesundheitsdienst. Unsere Freundschaft wuchs und gedieh auf dem Nährboden gegenseitigen Respekts, den wir uns als Fachleute entgegenbrachten. Jim war Teil der politischen Maschinerie wie das Uhrwerk ein Teil des Big Ben. Er wollte Premierminister werden. Dieser Ehrgeiz war ebenso altruistisch wie mein Beruf. Er würde, so meinte Jim, seinem Land dienen.
    »Ein Premierminister hat die gleichen Aufgaben wie ein Pilot«, belehrte er mich. »Es geht darum, die richtigen Hebel und Knöpfe zu drücken und einen Zusammenstoß zu vermeiden. Man braucht dazu nicht übermäßig intelligent zu sein. Ich weiß, Walter Bagehot hat geschrieben, was für ein herrliches Training es ist, das man braucht, um einen Sitz zu ergattern, und das Gehör und Vertrauen seiner Kollegen zu gewinnen, aber Disraeli hatte doch eher recht, als er den Weg ins Parlament mit einer glitschigen Kletterstange verglich. Ich habe zufällig gehört, daß die Royal Commission ein Komitee einsetzen wird, das die Regierung in Fragen der Allgemeinmedizin beraten soll. Ich kann Ihnen einen Sitz darin verschaffen. Wie fühlen Sie sich?«
    »Beunruhigt, geschmeichelt und unfähig.«
    »Es ist