Wer Böses Tut
bezahlen lassen. Ich musste immer an sie denken, und ich dachte,
ich werde verrückt vor Verlangen. Ich habe versucht, sie zu treffen, aber sie hat meine Anrufe nicht beantwortet, wollte nicht mal mit mir sprechen. Sie hat mich behandelt wie ein Stück Scheiße an ihrem Schuh.«
Sie stellte sich vor, wie er vor dem Café saß, hoffnungslos und verzweifelt darauf wartend, dass er einen Blick auf Rachel erhaschte; sah, wie sie herauskam, um mit ihm zu reden, wie sie irgendetwas Grausames, Schneidendes sagte, das ihn vertrieb. Sie schonte ihn nicht. Sie war brutal. Es gab keinen Streit, keinen Kampf. Er akzeptierte einfach seine Strafe, als verdiente er es nicht besser.
»Was ist mit dem Laptop und dem Handy? Bist du in die Wohnung gegangen und hast sie mitgenommen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, habe ich nicht.«
»Lüg mich nicht an, Simon. Natürlich hast du das getan. Du hast versucht, deine Spuren zu verwischen.«
»Nein, ich schwöre, das war ich nicht. Sicher, ich habe Rachel oft eine SMS geschickt und sie angerufen. Ich habe mir sogar extra ein Handy gekauft, damit Nina nichts merkt. Aber ich habe ihr nie Mails geschickt. Das wollte sie nicht, und ich wollte nicht, dass irgendeiner im Büro herumschnüffelt.«
Vielleicht hatte er Rachel Tenisons Wohnung beobachtet. Er musste gewusst haben, dass in jener Nacht jemand bei ihr war, und vielleicht hatte er gesehen, wie Bourne früh am nächsten Morgen gegangen war. Er musste auf Rachel gewartet haben, als sie aus dem Haus kam, um joggen zu gehen, und ihr in den verschneiten Park gefolgt sein. Vielleicht wollte er nur mit ihr reden, die Sache mit ihr klären, und sie wollte nicht zuhören. Vielleicht hatte sie ihn provoziert, ihn so wütend oder eifersüchtig gemacht, dass er versuchte sie festzuhalten, damit sie nicht wegging. Oder vielleicht konnte er einfach den Gedanken nicht ertragen, dass ein anderer sie bekam.
»Du warst es, den Liz Volpe im Park gesehen hat, nicht wahr?«
Turner schien sie nicht zu hören. Er sog tief an seiner Zigarette und schien völlig in seine Gedanken versunken zu sein. Er griff nach seinem Glas und trank einen Schluck Champagner, dann starrte er die sprudelnden Bläschen im Glas an, als sähe er eine andere Welt.
»Antworte mir, Simon. Die Rosen waren von dir, oder?«
Er blickte auf. »Eine geschmacklose, sentimentale Geste, ich weiß. Aber ich fühlte mich ein bisschen besser.«
»Ein bisschen besser? Du hattest doch bestimmt Schuldgefühle? Gewissensbisse?«
»Nein. Ich bedaure nichts. Ich liebe sie immer noch, ich blöder Idiot. Ich verdammter, liebestoller Trottel.«
Er hatte die Zigarette bis zum Filter geraucht und ging hinüber zum Spülbecken, um sie unter den Wasserhahn zu halten, ehe er sie in den Abfall warf. Dann drehte er sich zu ihr um.
»Es tut mir leid, Sam. Ich weiß, ich hätte dir das mit Rachel sagen müssen, aber ich dachte, es ist besser, wenn ich es nicht tue. Ich wusste, dass du nicht für mich lügen würdest, und ich wollte nicht, dass es jeder erfährt. Ich muss irgendwie allein darüber hinwegkommen. Verstehst du das?«
Sie starrte ihn entsetzt an, unfähig, seinen außergewöhnlichen Mangel an Betroffenheit und das Schreckliche, was er getan hatte, zu begreifen. Er hatte völlig die Kontrolle verloren. Er war labil. Es musste ein Unfall gewesen sein, etwas Spontanes, seine Gefühle waren, wie so oft, mit ihm durchgegangen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er irgendjemanden kaltblütig ermordete, am allerwenigsten eine Frau, die er liebte.
»Wenn du glaubst, du kannst damit allein fertigwerden, oder hoffst, dass Jennings es für dich ausbadet, bist du wahnsinnig«, schrie sie. »Ich werde jetzt Mark anrufen.«
Ihr Handy lag auf dem Tisch hinter ihr. Sie griff danach.
»Leg es wieder hin«, sagte er scharf und kam auf sie zu. »Bitte, Sam. Warte. Lass uns erst darüber reden. Warum muss Mark es wissen? Es ändert nichts.«
Das Telefon in der Hand, zögerte sie, wieder schossen ihr Bilder durch den Kopf, wie es gewesen sein musste. Ja, es musste ein Unfall gewesen sein.
»Bitte leg das Telefon hin, Sam«, wiederholte er jetzt schärfer und lauter.
Die Worte drangen zu ihr durch, und zum ersten Mal hatte sie Angst. Er würde sie nicht telefonieren lassen. Wie hatte sie sich so in ihm täuschen können? Sie ließ die Hand mit dem Telefon sinken und schluckte schwer. »Wenn du glaubst, dass ich dich decke … Wenn du glaubst, dass ich für dich lüge, bist du wahnsinnig.«
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