Wer Böses Tut
blöde Kuh? Ich habe ein Alibi. Hörst du? Ich habe ein Alibi.«
Es dauerte einen Augenblick, bis die Worte zu ihr durchdrangen. Verblüfft öffnete sie langsam die Augen und starrte ihn an. Tränen liefen ihr über die Wangen. Sein Gesicht war leuchtend rot, und er sah völlig fertig aus.
»Ja, ich habe ein beschissenes, wasserdichtes, hieb- und stichfestes Alibi.«
Er ließ ihre Hände los und stieß sie von sich. Sie verlor das Gleichgewicht und fiel gegen den Tisch. Er griff nach der Flasche und setzte sie an, als wäre er am Verdursten, und der Champagner rann ihm über Kinn und Hals.
Sie rappelte sich mühsam auf, rieb ihre Handgelenke und zog sich in die entfernteste Ecke zurück, unfähig, den Blick von ihm zu lösen. »Ich glaube dir nicht.«
Er sah auf. »Nun, das wirst du verdammt noch mal müssen«, sagte er, die Flasche in einer Hand,während er sich mit der anderen den Mund abwischte. »Denk bloß nicht schlecht von mir.«
»Was meinst du damit?«
»Du sollst mich nicht verurteilen, okay? Mir ging’s miserabel. Ich war noch mal in dieser Bar an dem Abend, bevor Rachel starb, hab gehofft, sie zu treffen, wollte mit ihr reden. In der Woche und in der davor war ich beinahe jeden Abend dort. Ich bin nur zum Schlafen nach Hause gegangen. Wie gesagt, sie hat meine Anrufe nicht beantwortet und wollte nicht mit mir sprechen. Ich wusste, dass es vorbei ist, aber ich wollte ihr einfach
sagen, wie ich mich fühlte, wie sehr sie mich verletzt hatte und dass es falsch ist, einen Menschen so zu behandeln. Egal, ich bin wieder hingegangen, aber sie war nicht da. Ich hatte ein paar Bier, wahrscheinlich ein paar zu viel, und hab mit dieser Frau an der Bar geredet. Na ja, es endete damit, dass ich mit zu ihr gegangen bin.« Er zuckte mit den Schultern, als wären solche Dinge unvermeidlich. »Verdammtes Glück, wie?«
»Glück?«
»Sie wird mir ein Alibi geben.«
War es wieder eine Lüge? »Bist du dir da sicher?«
Der Schatten eines Lächelns überflog sein Gesicht. »Klar, sie wird sich erinnern. Wir hatten viel Spaß miteinander.«
Zweifel wirbelten ihr durch den Kopf, und am liebsten hätte sie ihn geohrfeigt, ihm dieses selbstgefällige Grinsen aus dem Gesicht gewischt.
Er stellte die Flasche hin, kam wieder zu ihr herüber und ergriff ihre schlaffen Hände. Schweißperlen liefen seine Wangen hinunter. »Sam, bitte hör mir zu. Ein für alle Mal, ich habe Rachel nicht getötet. Du weiß nicht, wie das ist, wenn man alles für sich behalten muss, niemanden zum Reden hat. Egal, was für einen Mist ich gebaut habe, aber ich bin kein Mörder. Du musst mir das glauben.«
Sie war nicht sicher, aber wenn er wirklich ein Alibi hatte … Doch vielleicht log er. In ihrem Kopf drehte sich alles. Sie konnte einfach nicht klar denken.
Er sah sie unverwandt an, beobachtete sie, versuchte ihre Reaktion einzuschätzen. Als er sah, wie sie schwankte, zog er sie sanft an sich. »Bitte, glaub mir, Sam. Ich könnte niemals jemanden umbringen.«
Er sah mit so hoffnungslosen Augen auf sie herab, dass es ihr unmöglich war, kein Mitgefühl zu haben, obwohl sie sich immer noch nicht sicher war, dass er die Wahrheit sagte.
»Glaubst du mir?«
»Ich weiß nicht, was ich glauben soll.«
»Glaub das.« Ohne Vorwarnung beugte er sich hinunter und versuchte sie zu küssen.
»Simon, hör auf«, rief sie, wich mit dem Kopf zur Seite und trommelte mit den Fäusten auf seine Brust. »Das macht es nicht besser, und das weißt du.«
»Es macht, dass ich mich besser fühle.«
»Darum geht es nicht«, sagte sie angewidert. In seinem hoffnungslosen Zustand dachte er nur an sich, schien unfähig, logisch zu denken, und ließ sich nur vom Augenblick treiben. Er war wie ein Kind.
Achselzuckend ließ er von ihr ab, schnappte sich das Geschirrtuch von der Stange am Herd und wischte sich das Gesicht damit ab.
»Vielen Dank jedenfalls fürs Zuhören.« Das hörte sich an, als wäre die Sache damit für ihn erledigt. »Ich gehe dann wohl besser.«
»Du musst es Mark erzählen.«
»Nein. Es geht ihn einen verdammten Dreck an.«
»Du musst, Simon.«
»Auf keinen Fall. Er wird mich kreuzigen.«
»Du hast keine Wahl.«
»Oh doch, die habe ich. Und ich habe mich entschieden. Er hat Jennings. Er ist der Mörder. Von mir und meiner schmutzigen, kleinen Affäre braucht niemand etwas zu wissen.«
»Du musst ihnen die Wahrheit sagen.«
»Nein. Das wäre mein Ruin. Willst du das?« Er schaute sie wütend an.
»Warum soll das dein Ruin
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