Wer den Himmel berührt
war das schönste in der ganzen Stadt. Ein farbenfrohes Beet von Löwenmäulchen säumte den Lattenzaun um ihren Vorgarten herum. Die Veranda zog sich im typischen Stil des australischen Buschs um das ganze Haus herum. Fiona hatte Töpfe mit Ringelblumen, Zinnien und Petunien darauf verteilt. Die Korbmöbel auf der Veranda waren leuchtendgelb lackiert, und die bequemen Kissen waren mit weißem Musselin bezogen. Dort, sagte Fiona, lebte sie erst wirklich.
»Ich sollte dich lieber warnen«, sagte Fiona und stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Ich bin eine miserable Köchin. Beim Kochen bin ich nicht mit Leib und Seele bei der Sache, obwohl ich weiß Gott liebend gern esse.«
Cassie grinste. »Kochen ist die einzige Hausarbeit, zu der ich halbwegs tauge.«
Fiona stieß ein Freudengeheul aus. »Wir werden gut miteinander zurechtkommen, das weiß ich jetzt schon.«
Cassie fühlte sich wohl in Fionas Gesellschaft.
Fionas Wohnzimmer war ganz in Weiß gehalten, und leuchtendgrüne und -blaue Kissen, die verstreut herumlagen, bildeten Farbtupfer. Es war so ganz anders als die dunklen Roßhaarsofas, die Cassie aus den Städten kannte, der dunkle kratzige Velours mit Sesselschonern auf den Armlehnen.
Auf dem Himmelbett in Cassies Zimmer lag eine gehäkelte Tagesdecke. »Die ist ja einfach toll«, murmelte Cassie und strich darüber. »Ein Erbstück?«
»Ich habe sie vor ein paar Jahren selbst gehäkelt«, hatte Fiona daraufhin gesagt, »als ich mich von einer unglücklichen Affäre erholt habe und Liebeskummer hatte. Ich brauchte etwas, was mich beschäftigte und mir die Zeit vertrieb.«
Soviel Weiß hätte das Zimmer karg wirken lassen können, doch bunte Kissen und ein farbenfrohes impressionistisches Gemälde über dem Bett ließen es hell und luftig wirken, und Türen mit Sprossenglas führten auf die Veranda an der Seite des Hauses.
»Ich finde es wunderschön.«
Fiona trug ein hellblaues Hemdblusenkleid und Sandalen. Ihr leuchtendrotes Haar wirkte so üppig wie ihr Garten. »Mein Schlafzimmer ist auf der anderen Seite des Hauses, damit wir einander nicht auf die Füße zu treten brauchen.«
»Es kann gut sein, daß ich nicht jeden Abend hier bin, um zu kochen, falls ich diese Aufgabe übernehmen soll. Ich weiß noch nicht, wie unser Arbeitstag ablaufen wird.«
»Das geht schon in Ordnung.« Fiona winkte mit einer lässigen Geste ab. »Ich kann jederzeit bei ›Addie’s‹ essen. Ich glaube, was du tun wirst, wird schrecklich aufregend werden. Wir können Sally bitten – sie ist die Telefonvermittlung –, jedes andere Gespräch abzubrechen, wenn Horrie anruft.«
Fiona sah sich im Zimmer um. »Hier ist jede Menge Platz, um einen Schreibtisch unterzubringen, wenn du willst. Wir könnten ihn dort unter das Fenster stellen.«
»Das ist schrecklich nett von dir.« Cassie stellte fest, daß sie wie eine Blume aufblühte.
»Überhaupt nicht. Es ist ein rein egoistischer Akt. Ich kann die Mieteinnahmen gut gebrauchen, und ich will Zugang zu den Tonnen von Büchern haben, von denen du sagst, daß sie hierher unterwegs sind. Und außerdem glaube ich, daß wir uns gut miteinander vertragen werden. Ich stelle dich allen vor. Wenn ich heute nachmittag aus der Schule zurückkomme, gehe ich mit dir rüber zu Dr. Adams, dem Krankenhausdirektor, damit du ihn kennenlernst, und ich hoffe, er wird euch eure Medizin dort im Kühlraum unterbringen lassen. Sonst hat hier niemand einen Kühlschrank. Die meisten von uns behelfen sich mit einem Kühlfach. Natürlich ist er so bärbeißig, daß er dir wahrscheinlich Schwierigkeiten machen wird.«
Schwierigkeiten? Das war eine krasse Untertreibung.
Dr. Christopher Adams hatte die aufrechte Haltung eines Offiziers beim Militär. Er war zwar erst Anfang Vierzig, doch sein dunkles Haar wurde an den Schläfen schon grau, und sein gepflegter Schnurrbart war grau meliert. In seinen eisblauen Augen stand keine Spur von Humor oder Wärme.
Er nickte Fiona zu und bedeutete den beiden Frauen, sich auf die Stühle zu setzen, die seinem aufgeräumten Schreibtisch gegenüberstanden.
»Ich habe schon gehört, daß die eine Frau hergeschickt haben.«
Er sagte »die«, als sei es der Feind, und »Frau« voller Hohn.
»Ich habe mich gefragt, ob Sie es mir wohl erlauben würden, einen Teil meiner Medizin in Ihrem Kühlraum aufzubewahren«, sagte Cassie.
Adams antwortete nichts darauf, sondern pochte mit seinen Fingern auf den Schreibtisch. »Ich habe mit Ihrem Reverend Flynn und mit
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