Wer den Tod begruesst
das, was sie war, für das, was sie repräsentierte, für die hochnäsige Ziege, die er in ihr sah. Aber Verachtung war Respekt gewichen. Respekt widerwilliger Bewunderung, bis sie ihn so weit gebracht hatte, dass er sie tatsächlich mochte.
Dazu kam dann noch diese schuljungenhafte Vernarrtheit – und er würde niemals mehr als das zugeben. Vernarrtheit und ein echter Fall von Geilheit. Lust, nicht Liebe. Er dachte nicht daran, auch nur in die Nähe des gefährlichen Wortes zu kommen. Es war viel zu beängstigend.
Und sie war viel zu … lebenswichtig.
Er stieß resigniert die Luft aus.
Verdammt, sogar wenn sie ihn stinksauer machte, fühlte er sich lebendig. Und es gefiel ihm nur zu gut. Sie zog ihn zurück ins Leben … dahin, etwas zu wollen, zu brauchen, sich etwas zu wünschen, was er nicht haben konnte.
Er starrte auf die verschlossene Kajütentür. Jillian war nicht mehr als gut drei Meter entfernt.
Und er wollte sie.
Wie ein rotznasiger Junge, der sehnsüchtig in das Schaufenster eines Süßwarenladens starrte, wollte er all die Köstlichkeiten haben, wusste aber, dass er sie nicht haben konnte. Sie war wie alle Süßigkeiten in diesem verdammten Laden zusammen. Sie war der Traum – sein Leben war die Realität. Und da war kein Platz für sie und die Gefühle, die sie wieder in ihm geweckt hatte.
Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er hörte, wie ihre Kajütentür geöffnet wurde und die näher kommenden Fußschritte vor seiner Tür Halt machten.
Erwartung.
Begehren.
Das waren die Gefühle, die sie in ihm erweckte. So heftig, dass er sich erschöpft fühlte. Vom Verlangen. Von dem Kampf, sich zurückzuhalten.
Ja. Er war erschöpft. Und wenn er erschöpft war, wurde er wütend – und dann wurde er aggressiv.
Warum sollte er es nicht an ihr auslassen? Es wäre so leicht, sie zu benutzen. Verdammt, sie machte es einem so leicht. Warum also nicht?
Weil irgendwo tief vergraben in seiner wertlosen Seele noch ein Funken Integrität entschlossen war, sie davon zu überzeugen, dass er überflüssig war in ihrem Leben.
Als seine Kajütentür geöffnet wurde, stützte er sich auf einen Ellbogen und funkelte sie wütend an – wenigstens versuchte er es. Das Mondlicht wurde vom Wasser reflektiert und schien durchs Fenster. Er konnte ihr Gesicht erkennen, wie sie ihn von der Tür aus beobachtete, konnte sehen, dass ihr T-Shirt über die Schulter gerutscht war, konnte die weiche Rundung ihrer Brüste erkennen.
Sie würde keinen großen Pokerspieler abgeben. Der Ausdruck in ihren Augen war so leicht zu lesen wie ein Comic-Heft, aber nichts davon reizte ihn zum Lachen. Sie war aus einem einzigen Grund zu ihm gekommen; es konnte nur zu einem Ergebnis führen. Am Ende würden sie beide bluten. Am Ende hätten sie beide noch mehr Narben. Er hatte gerade so viele Narben, wie er verkraften konnte. Und er wollte nicht verantwortlich dafür sein, dass ihr noch mehr zugefügt würden.
Er fuhr sich durchs Haar, gähnte ausgiebig und hoffte, dass sie seine Show nicht durchschauen würde. »Was tun Sie hier, Prinzessin?«
Schweigen. Ein zögernder Schritt auf sein Bett zu. Und mehr aus Panik als aus Ehrgefühl suchte er verzweifelt nach einer Möglichkeit, sie aufzuhalten.
»Oh … ich verstehe«, sagte er und setzte auf gelangweilte Belustigung, die sie hoffentlich genug abturnen würde, um kehrtzumachen.
»Immer noch ein wenig aufgekratzt, was? Und Sie glauben, es mit einem großen, bösen Bodyguard-Typen zu treiben hilft da womöglich?«
Sie runzelte die Stirn.
Er schnaubte verächtlich. »Tut mir Leid, Kleine. Diese spezielle Pflicht ist nicht Teil meines Vertrags. Marsch, marsch zurück ins Bettchen, okay? Ich bin zu müde, um Energie für diese Art Spiel aufzubringen. Und nur der Ordnung halber, ich bin wirklich absolut nicht interessiert.«
Überraschung war es nicht, was er auf ihrem Gesicht sah. Er war sich nicht sicher, ob es Schock war. Er würde eher sagen, dass sie seinen Versuch, sie loszuwerden, erwartet hatte und ihm kein Sterbenswörtchen glaubte. Ihre nächsten Worte bestätigten das.
»Sie sind ein lausiger Lügner, Junge«, sagte sie und trat noch einen Schritt näher. »Vertragsklausel hin oder her, ich glaube, dass Sie mich vielleicht genauso brauchen wie ich Sie im Moment.«
Sie brauchte jemanden. Das konnte er erkennen. Sie war in den letzten Tagen durch die Hölle gegangen, und er wollte nichts lieber, als sie in sein Bett einladen, derjenige für sie zu sein, der alles wieder
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