Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
Schnalle ihres Gurtes. Das „Yes, Sir!“, konnte sie gerade noch unterlassen, obwohl sie auch für automatisiertes Reden nicht der Typ war.
„Ja ... äh ... na so was“, brabbelte sie dann verlegen, während der Gurt zur Seite schnalzte und ein überlautes Geräusch erzeugte. Die Fahrgäste aus den umliegenden Reihen starrten sie an, als wäre sie meschugge. Beschämt senkte Emmi den Blick und entdeckte am Boden die kleine Tüte, die sie vor Schreck fallengelassen hatte. Brummig kickte sie das Ding ein Stückchen weiter nach vorne. Schließlich war ihre Übelkeit verschwunden.
Kein Wunder nach solch einem Schock! ... dachte sie und wollte es alleine auf den seltsamen Kerl vor ihr schieben. Ein kurzer Rundumblick zeigte ihr jedoch, dass der Flug tatsächlich ruhiger geworden und das Anschnallzeichen längst erloschen war.
Seltsam! Emmi konnte gar nicht begreifen, dass ihr solch ein wesentliches Detail entgangen war, hatte aber plötzlich das Gefühl, dass mehr Zeit vergangen sein musste, als sie geglaubt hatte. Ratlos nestelte sie an ihrer Armbanduhr herum, konnte sich aber nicht erinnern, zu welchem Zeitpunkt die Konfrontation mit dem Typen überhaupt begonnen hatte. Also ließ sie das Grübeln sein, lehnte sich erschöpft zurück und begann sich – gegen jede Erwartung – zu entspannen.
Wenigstens blickte der böse Vordermann nun endlich nach vorne und das Klapperflugzeug hatte aufgehört zu klappern. Trotzdem fühlte Emmi sich so benommen, als hätte jemand ein paar Elektroden in ihren Kopf geschossen und Bereiche ihres Gehirns mit hoher Energie geschockt. Ein Brzzzzl hier, ein Brzzzzl dort. Entspannung war ja gut, aber woher das ganze Valium plötzlich in ihrem Blut kam, konnte sie nicht verstehen.
Gott, bin ich erledigt! Kein gesunder Mensch konnte nachvollziehen, was für ein Kampf es war, sich seiner Flugangst zu stellen ... oder einem gelbsüchtigen, hepatitiskranken Macho.
Der verhielt sich inzwischen gar so, als hätte es nie Streit gegeben, oder als würde es SIE überhaupt nicht geben. Was dann ja wohl auch wieder eine Frechheit war, wenn man bedachte, dass er sie mindestens eine halbe Stunde dumm angepflaumt ... und nebenbei von ihrer Flugangst kuriert hatte. Ups , das wollte sie ihm dann doch nicht zugestehen. Schließlich war er ein Aggressor und kein Samariter.
Spontan streckte sie ihm die Zunge heraus, weil er sich so daneben benommen hatte, und weil sein dunkler Hinterkopf nicht ganz so bedrohlich wirkte wie seine Vorderseite. Da war also sicher kein lautes Bäh oder Schmatzen zu hören, kein Rütteln am Vordersitz oder sonst eine Auffälligkeit ... und doch schaffte dieser seltsame Mann es, genau in dem Moment laut zu seufzen. Gerade so, als hätte er ihr Verhalten mitbekommen.
Schnell zog sie ihre kleine, rosa Zunge wieder ein und ertappte sich dabei, wie sie den dunklen Haarwuschel ihres Vordermanns auf Anzeichen von Wimpern und Pupillen untersuchte. Wie sonst hätte er etwas von ihrer Zunge bemerken können?
2 . Kapitel
In Portugal erwartete sie herrlichstes Wetter. Kein Wöl kchen trübte den Himmel und es hatte über 28 Grad.
Schon im Flieger hatte Emmi ihren Langarmpulli gegen ein gelbes T-Shirt getauscht, ihre Haare zu einem Pferdeschweif zusammengebunden und sich auf den ersehnten Hitzeschwall eingestellt. Sie liebte den Sommer und sogar die Gluthitze, obwohl sie als Rothaarige in der Sonne ein wenig aufpassen musste.
Nach der beißenden Kühle im klimatisierten Flugzeug war der Schritt ins Freie jedenfalls wie eine Erlösung. ALLES war nach solch einer plumpen Landung eine Erlösung. Der Pilot hatte wahrlich keine Glanzleistung hingelegt und sich nahtlos in ihre Bewertung des miesesten Billigstfluges aller Zeiten eingereiht. Das Klatschen der Passagiere schob sie auf geistige Umnachtung, zu viele Drinks oder auf hysterische Freude, überlebt zu haben. Sie selbst hätte sich nach der Landung am liebsten aufs Flugfeld geschmissen und den sicheren Erdboden geküsst. Zum ersten Mal in ihrem Leben verstand sie daher, warum der Papst so etwas tat. Vermutlich hatte der ebenfalls Flugangst. Doch zur Theatralik neigte sie nur in ihrer Fantasie. Im wirklichen Leben verhielt sie sich meist nüchtern und unauffällig – außer vielleicht, wenn sie gerade in ihrer Flugangst gefangen war.
Emmeline war keine schrille Schönheit, trug weder Make-up noch aufreizende Kleidung. Auf den ersten Blick wirkte sie daher unscheinbar, obwohl sie mit ihrer schlanken,
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