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Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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mutlos, daß es besser gewesen wäre, wenn die Polizei auch ihn erwischt hätte. Etwas in seinem Gehirn summte leise. Vielleicht wurde er jetzt verrückt, so wie Errki. Das hier war die erste Stimme. Ein Insekt, das in seinem Kopf Kreise drehte und hinauswollte.
    Er erwachte und kniff verwirrt die Augen zusammen. Kannick schlief neben ihm. Das Kinn war ihm auf die Brust gesunken und zu einer unbeschreiblichen Masse aus Haut und Fett zusammengequetscht worden. Morgan streckte seine steifen Beine aus und faßte sich an den Kopf. Seine Nase kam ihm jetzt kleiner vor, sie war betäubt, fast gefühllos. Vielleicht war sie schon abgestorben, bald würde sie sich lösen und wie eine verfaulte Frucht zu Boden fallen.
    Kannick schlug die Augen auf. Durch das Fenster sah er blaues Licht.
    »Es ist Abend«, flüsterte Morgan.
    »Ich muß nach Hause«, sagte Kannick ängstlich. »Jetzt suchen sie mich schon.«
    Morgan starrte zu Errki hinüber. Versuchte, den Revolver zu entdecken. Der steckte in Errkis Hosenbund. Morgan stand langsam auf, schwankte einen Moment, fand das Gleichgewicht wieder und ging zum Schrank hinüber. Blieb stehen und überlegte. Bückte sich. In der Ecke war es dunkel. Er stellte sich so, daß der Schlafende zwischen seinen Füßen lag, und betastete zögernd dessen Bauch. Plötzlich faßte er in etwas Glattes, Zähes. Er stürzte und schlug mit dem Kinn auf Errkis Knie auf. Zwei Sekunden später stand er wieder. Er schaute sich verwirrt um. »O verdammter Mist!«
    Kannick riß die Augen auf. »Was ist denn los?«
    »Hier ist überall Blut. Er hat geblutet wie ein Schwein.«
    Kannick jagte ein kalter Entsetzensschauer über den Rücken.
    »Errki!« Morgan schrie und wich zurück. »Er ist verblutet. Er ist kalt!«
    »Nein!«
    Dieser Schrei klang dünn und heiser. Kannick rappelte sich auf, mußte sich dann sofort an der Wand abstützen.
    »Er ist tot!«
    Wie in einem Alptraum sah Kannick, daß Morgan sich langsam umdrehte und ihn anstarrte. »Ist dir klar, was du angerichtet hast? Du hast Errki mit dem Pfeil erschossen. O Scheiße, Kannick.«
    Kannick schüttelte den Kopf. Aus seinem Mund glitt ein Geräusch, wie ein Schrei, der sich aufgelöst hatte, noch ehe er richtig geformt worden war.
    »Ich hab doch bloß sein Bein getroffen«, stammelte er.
    »Du hast eine Ader erwischt. Vielleicht die Schlagader.«
    Morgan wich noch weiter zurück und starrte Kannick unverwandt an. »Jetzt reicht’s. Jetzt hau ich ab aus diesem Irrenhaus.«
    Er schwankte heftig. Er brauchte den Revolver, aber dazu hätte er den kalten Körper anfassen und vielleicht in das Blut greifen müssen.
    »Nein! Du mußt mir helfen!«
    Kannick preßte sich an die Wand. Er fing an zu weinen. »Das wollte ich doch nicht. Er hat die Tür aufgemacht, ich konnte nichts dafür. Du mußt ihnen sagen, wie das passiert ist. Es hat doch niemand gesehen.«
    Morgan blieb stehen. Der Anblick des fetten verzweifelten Jungen ließ ihn nicht kalt. Er schluckte schwer, schaute noch einmal den Toten an und ließ sich dann auf den Boden sinken. »Ich steck ohnehin schon tief genug in der Patsche. Ich hab eine Bank überfallen und eine Geisel genommen. Das wird streng bestraft.«
    »Wir können ihn in den See werfen. Wir können sagen, er wäre weggelaufen.« Kannick rang hilflos die Hände. »Ich wollte das doch nicht. Es war ein Unfall. Wir werfen ihn ins Wasser.«
    »Wir müssen der Bullerei einfach die Wahrheit sagen. Aber jetzt hau ich ab.« Morgan kniff die Augen zusammen. Sein Gehirn versuchte, sich auf einen Ausweg zu konzentrieren.
    Kannick weinte hemmungslos, ein Sturzbach aus Tränen quoll aus ihm heraus, ein Regen aus Verzweiflung.
    »Es hilft nichts, wenn wir ihn ins Wasser werfen«, sagte Morgan verzweifelt. »Hier ist doch alles voll Blut. Eine Riesenlache.«
    »Wir schieben den Schrank darüber.«
    »Das hilft nichts.«
    »Bitte!«
    »Wir werden gesucht. Sie können bald hier sein. Wir schaffen das nicht mehr. Und wir können ihn nicht zum See bringen, ohne uns mit Blut zu beschmieren, es hilft nichts, Kannick. Außerdem bist du zu jung, um in den Knast zu kommen. Dir kann nichts passieren. Das ist wie bei Errki und dem Mord an der Alten, er ist doch verrückt. Aber ich«, er schrie und hämmerte mit der Faust auf den Boden, »ich komme mit gar nichts durch. Ich hab verdammt noch mal keine Entschuldigung!«
    Er stöhnte und raufte sich die Haare. Versuchte, sich daran zu erinnern, wie der Tag angefangen hatte, und begriff, wie endlos lang der

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