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Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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herrief: »Wir machen eine Pause! Wir haben es nicht eilig.«
    Errki ging.
    »Jetzt bleib gefälligst stehen, sonst schieß ich.«
    Geh nur. Er schießt nicht.
    Errki drehte sich um. Morgan sah sein Gesicht und wurde an ein Stück trockenen Granit erinnert. Er lächelte nicht, er zitterte nicht, er sah vollständig leblos aus, er zwinkerte nicht einmal. Ein heftiges Unbehagen überkam Morgan. Ein stummer, steinerner Teufel, der wie eine Maschine ging. Wer zum Henker war er?
    »Bleib oben bei der Kuppe stehen. Da ruhen wir uns aus.«
    Mach schon. Krankheit, Tod und Elend.
    Nestor flüsterte mit dünnen Lippen. Errki gehorchte. Er steuerte die vielleicht zwanzig Meter entfernte graue Hügelkuppe an.
    Morgan war erschöpft. Er hatte keineswegs die totale Kontrolle, die er sich von dem Revolver erhofft hatte. Er mußte ein bißchen Gift ablassen.
    »Tut mir leid, dir das sagen zu müssen. Aber du hast einen Gang wie ein altes Weib.«
    Errki blieb stehen. Und dachte:
    Du solltest das Krokodil erst reizen, wenn der Fluß hinter dir liegt.

SEJER STARRTE GURVIN BENOMMEN AN.
    »Können Sie das noch einmal sagen?«
    »Sicher. Aber Sie haben schon richtig gehört.«
    »Sie behaupten also, die Geisel sei identisch mit dem aus der psychiatrischen Klinik entlaufenen Patienten, der in Verbindung mit dem Mord an Halldis Horn gesucht wird?«
    Gurvin breitete die Hände aus. »Ich bin ganz sicher.
    Das war für den Bankräuber bestimmt eine ziemliche Überraschung.«
    Sejer mußte kurz aus dem Fenster schauen und sich davon überzeugen, daß die Aussicht sich nicht verändert hatte. Was sollten sie jetzt machen? Er schaute Gurvin an. »Ist er gefährlich?«
    »Das wissen wir nicht genau.«
    »Und wann ist er überhaupt ausgebrochen?«
    »Vorgestern nacht. Durch das Fenster.«
    Sejer ließ das Video noch einmal laufen und drückte den Pausenknopf, als die Geisel in Großaufnahme zu sehen war.
    »Ich dachte, das wär’ eine Frau«, murmelte er.
    »Das kann ich verstehen«, sagte Gurvin. »Es liegt an seiner Kopfhaltung und seinem Gang. Und an den langen Haaren.«
    »Ist er schon lange krank?«
    »Solange ich ihn kenne.«
    »Schizophren?«
    »Vermutlich.«
    Sejer stand auf und lief hin und her, um diese Information zu verdauen. »Na, das war eine Überraschung. Jetzt sind es also zwei Männer, die wir suchen, einer mit ernsthaften psychischen Störungen, vielleicht sogar ein Mörder, der andere ein verzweifelter Bankräuber mit scharf geladener Waffe. Seltsame Kombination. Vielleicht tun sie sich zusammen.«
    »Niemand tut sich mit Errki zusammen.«
    Sejer blickte Gurvin mit ernster Miene an. »Und was ist mit der Klinik? Haben Sie schon mit seinem Arzt gesprochen?«
    »Nur mit einer Krankenpflegerin, die bestätigen konnte, daß er ausgebrochen ist. Der Arzt kommt später an die Reihe.«
    »Und dieser Junge, der sie gefunden hat, der Errki am Tatort gesehen hat - ist der zuverlässig?«
    »Vermutlich nicht, so ganz allgemein betrachtet. Er wohnt im Kinderheim Guttebakken. Aber in diesem Punkt bin ich doch ziemlich sicher, daß er die Wahrheit sagt. Ich muß zugeben, daß ich zunächst meine Zweifel hatte, als er bei mir im Büro auftauchte. Er kam mir irgendwie manisch vor. Aber es stimmte ja alles. Errki kann man nicht verwechseln. Und der Junge weiß ja sehr gut, wer das ist.«
    »Was wollte Errki eigentlich so früh am Morgen in der Bank? Seine Sozialhilfe abheben?«
    »Keine Ahnung. Bestimmt hat der Bankräuber das auch gefragt, aber eine vernünftige Antwort hat er wohl kaum erhalten. Ich wüßte wirklich gern, was die beiden im Moment machen. Meine Phantasie reicht dafür nicht aus«, sagte Gurvin ernst.
    »Wenn sie überhaupt noch zusammen sind. Vielleicht hat er Johrma vor Schreck laufenlassen.«
    »Das würde mich nicht wundern.«
    »Und der wird natürlich nicht hier aufkreuzen und sich melden, falls er frei ist. Wie um Himmels willen machen wir jetzt weiter?«
    Er öffnete einen Ordner auf seinem Schreibtisch und las vor: »Ein weißer Renault Megane ist in Frydenlund gestohlen worden. Nagelneu, in der vergangenen Nacht. In so einem Auto sind sie losgefahren, es kann sich also um das gestohlene handeln. Vielleicht haben sie den Wagen inzwischen gewechselt. Vielleicht hat er Johrma laufenlassen. Das wollen wir hoffen.«
    Gurvin schwieg. Bankräuber konnten so vieles sein, wirklich gefährlich waren die wenigsten, aber man konnte nie wissen.
    »Ist Johrma überhaupt fähig zu einer Aussage?«
    Gurvin zuckte mit den Schultern.

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