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Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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gehabt wie diesen grünen, glatten Stoff, es war ekelhaft.
    »Verdammt, Mann, du bist ja total unbrauchbar!«
    Errki machte noch einen Versuch. Die ganze Zeit spürte er den Revolverlauf wie einen Stich in die Seite. Endlich konnte er die Plane aufs Autodach legen, doch als er dann auch die Seiten bedecken wollte, glitt sie wieder herunter. Der Bankräuber schwitzte und verfluchte Errkis Ungeschicklichkeit. Er schob sich den Revolver in den Hosenbund, riß Errki die Plane aus den Händen und hatte sie innerhalb weniger Sekunden befestigt. Dann nahm er die Waffe wieder in die Hand.
    »Dich sollten wir wohl so schnell wie möglich in die Anstalt zurückschaffen. Kannst du dich überhaupt allein anziehen? Oder trägst du immer diese Klamotten? Sieht so aus. Na los, auf geht’s.«
    Endlich, endlich durfte Errki gehen. Das fiel ihm nicht schwer, er konnte stundenlang durchhalten. Hinter ihm ging der Bankräuber, mit erhobenem Revolver, die Tasche über der Schulter. Die Tasche mit dem Geld. Der Weg wurde schmaler, still umschloß sie der Wald, nur spärliches Licht drang durch das Laubdach. Der Bankräuber wurde gelassener. Fühlte sich sicherer, so weit weg von den Menschen. Hier konnte niemand sie sehen, er hätte viel früher auf diese Idee kommen sollen. Die Polizei würde nicht im Wald suchen, sondern sich auf Straßen und Autos konzentrieren.
    Und sein Versprechen hatte er gehalten. Er hatte das Geld.
    Errki machte lange Schritte, der Bankräuber keuchte hinterher. Es war heiß, und die Tasche war nicht gerade leicht. Sie enthielt ein Reiseradio, eine Flasche Whisky, mit der er feiern wollte, eine Schachtel Munition und das Geld.
    »Nicht so schnell, wir werden doch nicht verfolgt.«
    Aber Errki ging. Hinter sich hörte er den anderen ächzen. Schon nach zweihundert Metern atmete der Bankräuber schwer, konnte nicht mit Errki Schritt halten, der Weg führte steil nach oben, und das Gelände wurde immer unwegsamer.
    »He, du. Ich bin hier der Chef.«
    Drei Trommeln schlugen in ernstem Untakt einen Wirbel. Errki hörte, wie Nestor einen Schleimklumpen ausspuckte, das war sein Kommentar zu dieser Behauptung. Er ging einfach weiter, wurde durchaus nicht langsamer. Errki hatte nur eine Geschwindigkeit, entweder er ging schnell, oder er lag und ruhte sich aus. Aber er wurde unweigerlich langsamer, denn der Weg führte steil hinauf zu einem Hügelkamm. Von dort oben würden sie sehen können, ob die Polizei die Hauptstraße noch sperrte. Errki warf seinen Oberkörper hin und her, der andere machte harte, ruckhafte Schritte. Er hatte mehr Muskeln als Errki, war aber weniger ausdauernd. Und er trug eine Tasche voll Geld. Dieser Gedanke versetzte ihn in frohe Stimmung, und er beschloß, seine Freude mit diesem Irren zu teilen.
    »Wie heißt du?« rief er.
    Seine Stimme klang fast freundlich. Der Frage folgte ein leises Klatschen, so als habe sich das Trommelfell gelockert. Errki schwieg und ging weiter. Es war eine harmlose Frage, aber man konnte nie wissen. Nestor hockte im Halbdunkel und starrte ihn an. Das Feuer in seinen Augen brannte mit kleiner, blauer Flamme.
    »Das kannst du mir ja wohl verraten!« sagte der Mann hinter ihm und schnaubte verärgert. »Wenn du mir nicht bald antwortest, glaube ich wirklich, daß du stumm bist oder so. Vielleicht bist du Ausländer? So siehst du übrigens aus. Wie ein Landfahrer zum Beispiel. Oder ein Zigeuner. Oder ist das dasselbe? Jetzt antworte schon, zum Teufel!«
    Errki bog nach links ab, da eine riesige Espe über den Weg gefallen war. Er kämpfte sich durch das Dickicht, schob mit seinen dünnen Armen Zweige und Blätter beiseite. Der Mann hinter ihm hatte noch größere Probleme, er mußte mit der einen Hand die Tasche halten, die andere umklammerte den Revolver. Er kam einfach nicht auf die Idee, die Arme durch die Henkel zu schieben und so die Tasche zum Rucksack zu machen. Irgendwann kamen sie wieder auf den Weg. Sahen, daß es weiter vorn heller wurde.
    »Wo du dich schon so verdammt zierst, muß ich eben großzügiger sein.«
    Errki hörte, daß der Bankräuber hinter ihm stehenblieb.
    »Ich heiße Morgan.«
    Errki lauschte. Der andere hatte Morgan mit überdeutlichen Konsonanten ausgesprochen, wie einen Namen, den er sich schon lange wünschte. Er hieß bestimmt nicht so. Nestor lachte glucksend. Es klang, als schenke jemand voller Andacht einen kostbaren Wein aus. Errki ging unverdrossen weiter und hörte, wie der andere, der so gern Morgan heißen wollte, hinter ihm

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