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Wer ist eigentlich Paul?

Wer ist eigentlich Paul?

Titel: Wer ist eigentlich Paul? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Göttlicher
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runter. Das impliziert Hässlichkeit, oder? Aber egal, der Wintermantel muss jetzt her, und Voraussetzung dafür ist der verflixte Kellerschlüssel! Es ist erstaunlich, wie viele Behältnisse für Kleinkram sich in meiner Wohnung befinden. Oh, wie nett, da ist ja eine Postkarte von Jenny! Wusste gar nicht, dass sie in Südfrankreich war. Ich lege die Karte zurück in den Karton. Dabei sehe ich, dass sie von 1998 ist. Ähem, und da ist ja auch das Ticket für das Champions-League-Spiel des FC Bayern im November 2001.   Marlene musste damals alleine gehen, weil ich meine Karte verlegt hatte, war tierisch sauer und guckte offenbar den ganzen Abend so böse, dass sie nicht einen einzigen netten Fußballfan kennen lernte   … Ah, endlich, der Kellerschlüssel.
     
    Gestern verbrachte ich einen interessanten Abend. Hochzeit Nummer drei von vier in diesem Jahr steht kurz bevor, und aus diesem Grund erhielt ich einen Anruf von einer mir unbekannten Frau. «Servus, Marie, i bin d’Verlobte vo Tinas Kusäng», schallte es mir aus dem Hörer entgegen, «i hob denkt, mir kennt’n wos für d’ Hochzeit vo da Tina mochn!» Ich heuchelte Enthusiasmus und verabredete mich für den Abend mit der Verlobten von Tinas Cousin. Beim Auflegen fiel mir ein, dass ich nicht nach ihrem Namen gefragt hatte. Aber zur Not würde ich sie halt einfach mit «Hallo, Verlobte von Tinas Cousin» begrüßen.
    Des Abends begab ich mich also in den Stadtteil, in dem die Verlobte von Tinas Cousin wohnt. Ich fand gleich einen Parkplatz. So viel zum Positiven. Na ja, auch sonst eine nette Wohngegend, nette kleine Häuschen, die Caritas an der einen Ecke, gegenüber das Café Sonnenschein für unsere älteren Mitbürger, daneben ein Fachgeschäft für orthopädische Einlagen undStützstrümpfe. Eine Gegend, in der ich, offen gestanden, nicht tot über den Zaun hängen möchte. Die Verlobte von Tinas Cousin wohnt im ausgebauten Dachgeschoss des elterlichen Hauses. Als ich sie (sie heißt übrigens Gertrud) ob dieser Tatsache aufrichtig bedauerte, erntete ich Unverständnis: Das sei doch superpraktisch, «d’ Mama» kaufe immer für sie ein, und Miete müsse sie auch keine zahlen. Okay, wer’s mag, dachte ich und befahl mir, tolerant und offen zu sein. Ich betrat die Wohnung und schüttelte freiwillig meine Schuhe von den Füßen. Interessant, dass man einen Parkettboden so auf Hochglanz polieren kann! Die Einrichtung – einfach, aber geschmacklos – schien Gertrud komplett in der Abteilung «Young Living» eines großen Möbelhauses erstanden zu haben. Ich setzte mich auf einen der obligatorischen Stühle – blaues Polster, Mond und Sterne drauf   –, betrachtete die lachsfarbene Sofalandschaft und Franz Marcs «Blaues Pferd» an der Wand und versuchte, nirgendwo hinzufassen, um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Dann gab es Pasta (nicht etwa Nudeln) in Tellern, auf denen «Pasta» stand. Die Untersetzer, Servietten und das Besteck waren ebenfalls mit «Pasta» beschriftet. Ich begann mich unwohl zu fühlen. Deshalb besuchte ich das «stille Örtchen» . (das stand tatsächlich auf der Klotür). Dort wurde die Farbwelt des Wohnzimmers aufgegriffen: lachsrosa Klofußumpuschelung 1 , lachsrosa Klodeckelbezug und – ich traute meinen Augen kaum – ein lachsrosa KloBRILLENbezug! Schauder. Was soll’s, gutes Training für die Oberschenkelmuskulatur. Ich ignorierte die fünf in Reih und Glied stehenden Sagrotanflaschen, die mich auffordernd anblickten, wusch mir die Hände mit lachsrosa Pfirsichseife und setzte mich wieder auf den Mond&Sterne-Stuhl. Zwei Stunden später durfte ich endlich gehen. Im Auto zündete ich mir erst mal eine Zigarette an und fuhr dann rauchend,laut Puddle Of Mudd («She fucking hates me») hörend und viel zu schnell nach Hause. Dieser Ausgleich musste einfach sein. Nicht, dass mich lachsrosa Klofußumpuschelungen noch in den Traum verfolgen.

DONNERSTAG, 26.   SEPTEMBER 2002 – OANS, ZWOA, GSUFFA!
    Nie wieder trinke ich Bier.
     
    Gestern wollte ich mir eigentlich einen gemütlichen Abend vor dem Fernseher machen. Doch Vroni und Marlene waren dagegen. «Marie, hol das Dirndl aus dem Schrank, wir gehen auf die Wiesn!» – «Ohne mich», protestierte ich, doch leider kennen die Mädels mich zu gut. Sie erzählten mir fünf Minuten lang von der riesigen Stimmung, duftenden Hendln, schäumenden Maß Bier und dem Duft nach gebrannten Mandeln, und zuverlässig setzte der Hilfe-ich-könnte-was-verpassen-Reflex ein, und ich

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