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Wer liebt mich und wenn nicht warum

Wer liebt mich und wenn nicht warum

Titel: Wer liebt mich und wenn nicht warum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Andeck
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es dabei belassen sollen. Aber als ich ihn und Vicky eben auf dem Badesteg gesehen hatte, da war mir ein Gedanke gekommen, und obwohl ich mich selbst beschimpft hatte, dieser Gedanke sei eigentlich eher Vickys Niveau, hatte er sich in meinem Kopf eingenistet. Ich hatte gedacht: Immer wenn Tom mich aus irgendwas retten muss, vergisst er Vicky sofort. Kann ich da nicht ein bisschen nachhelfen? Ich hatte ihm deswegen diese SMS geschickt und es hatte geklappt. Lilia macht einen Fehler, schwupp, Vicky ist unwichtig.
    Der Erfolg gab mir recht. Tom war jetzt bei mir, auch wenn das gerade ein äußerst schlecht gelaunter Tom war. Ich beschloss, noch ein bisschen nachzulegen, um Vickys Fransenbikini aus seinem Kopf zu vertreiben.
    »Tom, warte mal, ich wollte dir noch was zeigen.« Plinker, plinker. »Sieh dir das hier doch mal an.« Ich reichte ihm ein Blatt Papier mit einer Zeichnung, die ich vor ein paar Tagen mal angefertigt hatte. »Damit will ich die Kuh-Forschung revolutionieren.«
    »Aha«, sagte Tom einsilbig, oder besser gesagt, er sagte es natürlich zweisilbig. »Und was ist das?« Verständnislos starrte er auf den Zettel in seiner Hand.
    »Guck mal, Tom. Ich sitze hier seit Tagen und starre diese Auerochsen an. Und ich zeichne nur Punkte in Karten. Aber inzwischen kann ich die Tiere auseinanderhalten. An ihrer Größe, ihrer Figur und ihren Hörnern. Wäre es nicht rein wissenschaftlich betrachtet viel interessanter, ein Soziogramm der Herde zu zeichnen, als immer nur diese doofen Karten auszufüllen?«
    »Ein Sozio- was?«, fragte Tom.
    »Eine Zeichnung, die die sozialen Beziehungen zwischen den einzelnen Tieren wiedergibt.« Ich strahlte ihn an. »Psychologen und Pädagogen machen so etwas auch.«
    Er sah mich an, als wäre ich bekloppt, und so ganz unrecht hatte er mit dieser Vermutung nicht. Was ich da sagte, war schon krass, aber ich meinte das ja auch nicht wirklich ernst. Wenn er jetzt lachte, war das auch okay. »Pass auf, Tom: Ich habe jeder Kuh einen Namen gegeben. Sie heißen Yksi, Kaksi, Kolme, Neljä, Viisi, Kuusi, Seitsemän, Kahdeksan und Yhdeksän.«
    »Wie?« Tom gab ein leises Röcheln von sich.
    »Das sind die Zahlen von eins bis neun auf Finnisch, Harri hat sie uns doch neulich beim Frühstück beigebracht. Seitsemän ist natürlich der Stier, das klingt am ehesten wie ein Junge.«
    »Ein Junge?«, ächzte Tom.
    »Na, ich meine, das ist ein männlicher Name, also heißt so der Stier. Und die ganz große Kuh mit den sehr geraden Hörnern, das ist Kaksi.«
    »Kaksi???« Tom schnappte nach Luft.
    »Du, das passt, sie hat eine aktive Verdauung. Die mit dem dicken Bauch, die bestimmt bald ihr Kälbchen bekommt, das ist übrigens Yksi. Sie ist mit Kaksi befreundet. Schau mal, hier, ich habe das aufgezeichnet. Freundschaft ist durch ein Herz gekennzeichnet. Das sagt doch viel mehr aus als die ollen Formulare mit den Punkten.«
    Auf dem Schaubild, das ich gezeichnet hatte, sah man Kühe, eher symbolisch wiedergegeben und durchnummeriert, und zwischen ihnen waren Pfeile, Herzchen und Blitze gezeichnet. Ich schielte über Toms Schulter auf das Papier. »Die Blitze bedeuten Konflikt«, sagte ich stolz.

    »Lilia, das gibst du heute Abend nicht ab!« Tom riss mir den Zettel aus der Hand und zerknüllte ihn.
    »Aber warum nicht? Was soll ich denn sonst abgeben? Irgendwas brauchen die doch, sonst bekomme ich nur wieder Ärger.« Merkte der eigentlich nicht, dass ich ihn hochnahm? Nein, er merkte es nicht.
    »Hast du etwa die Protokolle schon wieder nicht gezeichnet? Mensch, Lil, so geht das nicht!« Tom bekam einen ganz roten Kopf. Höchste Zeit, die Sache zu stoppen.
    »Jetzt reg dich nicht auf, Tom. Die Kühe sind seit acht Uhr hier an derselben Stelle. Ich kann die Protokolle ja noch schnell zeichnen, wenn dir das so wichtig ist!«
    » MIR WICHTIG ???«, brüllte Tom.
    Au weia, jetzt hatte ich es übertrieben!
    »MIR IST HIER ÜBERHAUPT NICHTS WICHTIG!!!« Er sprang auf. »DAS HIER IST DEIN LEBEN UND DU KANNST ES JETZT MAL ALLEIN LEBEN. ICH HAB KEINE LUST MEHR, DICH STÄNDIG IRGENDWO R AUSZUHAUEN!!! LASS DAS DOCH SIMON MACHEN. WER BIN ICH HIER EIGENTLICH? DER DÖDEL VOM DIENST ODER WAS???«
    Er sprang in einem Satz vom Hochsitz runter und joggte weg.
    9.40 Uhr   Uff. Damit hatte ich nicht gerechnet. Das war eine blöde Idee von mir, eine ganz blöde Idee.
    Und warum habe ich das getan? Wieder nur, weil Vicky mich provoziert hat. Warum bin ich so bescheuert? Warum lasse ich mich von ihr immer zu

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