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Wer lügt, gewinnt

Wer lügt, gewinnt

Titel: Wer lügt, gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
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meines Autos verstaut hatte, von wo Fúlvia sie holen wollte, sobald Ronald unter die Dusche gegangen wäre.
    Beim Abendessen war Fúlvia ziemlich angespannt. Die beiden unzertrennlichen Ehepaare waren nach wie vor unzertrennlich und trugen ihre Polohemden. Sie zogen die Polohemden tatsächlich nur aus, um in den Pool zu springen. Die beiden Frauen waren womöglich Schwestern, sie ähnelten einander sehr und ließen sich mit fünf Worten beschreiben: weiße Klamotten, Pony, rotlackierte Fingernägel. Nein, mit sechs Worten: pummelig. Sie aßen gerne, diese Schmarotzerinnen. Zum Nachtisch bestellten sie ohne jeden Anflug von schlechtem Gewissen Mousse au Chocolat, Eis, die Dickere machte sich sogar noch über den Nachtisch ihres Mannes her. Unglaublich, was diese Frauen so verputzen und wie sie zunehmen, man muß sich nur einmal umschauen, alle haben sie Übergewicht. Sie fragten mich, ob ich mich nicht zu ihnen setzen wollte.
    Fúlvia paßte das gar nicht, sie warf mir einen wütenden Blick zu, als sie den Saal mit ihrem Privatschwimmer durchquerte. Die beiden Ehepaare sagten: Wir spielen wahnsinnig gerne Bridge, den Karneval werden wir in Bahia verbringen, wir sind begeisterte Wasserskiläufer. Der einzige, der Ich sagte, war ich selbst. Bevor ich auf mein Zimmer ging, unmittelbar nachdem Fúlvia sich aus dem Saal zurückgezogen hatte, sagte eine der Frauen zu mir, wir würden gerne etwas wissen, was uns seit gestern beschäftigt. Weshalb sind Sie alleine in dieses Hotel gekommen? Ich antwortete, daß ich die Einsamkeit liebe, und die eine meinte, sie wären aufdringlich gewesen, ich lachte, aufdringlich, aber nein doch, keineswegs, sagte ich, es war sehr nett von Ihnen, einen Single zum Abendessen einzuladen, überaus zuvorkommend, ich mag die Einsamkeit, sagte ich, aber zuweilen tut Abwechslung, tun Menschen gut, sagte ich, ich glaube, ich hatte zuviel getrunken, wir kommen aus Valinhos, erklärten sie, bei so einem Pony, dachte ich, wäre diese Erklärung gar nicht nötig gewesen. Valinhos. Ich ging auf mein Zimmer, mit vom Wein benebeltem Kopf, ich hätte nicht so viel trinken dürfen. Ich legte mich ins Bett und schlief ein, wie, weiß ich nicht.
    Ich wurde davon wach, daß Fúlvia mich mit dem Ellenbogen anstieß. Was ist los? fragte ich. Sprich leise, sagte sie. Ich glaube, ich habe es mit dem Beruhigungsmittel zu gut gemeint. Die Schlange hat schon zugebissen. Er ist bloß noch nicht aufgewacht. Wieso nicht? fragte ich. Ich kann das auch nicht verstehen, sagte sie, es müßte ihm eigentlich schlechtgehen. Ich werde noch ein Weilchen abwarten, laß uns ein bißchen Zeit gewinnen. Ich gehe ins Badezimmer, und wenn ich wieder herauskomme, schreie ich. Er wird aufwachen, und du tust, was wir verabredet haben.
    So machte ich’s. Ungefähr zehn Minuten blieb ich noch im Bett liegen und wartete, mir war schwindelig. Als ich Fúlvias Schrei hörte, ging ich zum Nebenzimmer, klopfte an die Tür. Niemand antwortete. Hatte Fúlvia t atsächlich geschrien, überlegte ich, oder war ich womöglich eingeschlafen und hatte geträumt, daß sie schrie? Nein, dachte ich. Sie hatte geschrien, ich hatte ihre Schreie gehört. Ich klopfte noch einmal, nichts. Ich drehte den Türknauf, ging hinein, und so weckte ich Ronald auf.
    Wer sind Sie? fragte er, schnellte aus dem Bett und zog seine Sandalen an. Er trug einen gestreiften Schlafanzug. Ich habe jemanden um Hilfe rufen gehört, sagte ich. Wer hat um Hilfe gerufen? wollte er wissen.
    Fúlvia kam mit nassem Haar aus dem Bad und war gerade dabei, ihren Trainingsanzug überzuziehen.
    Was ist los? fragte sie. Dieser Mann, antwortete Ronald, dieser Mann ist hereingekommen und hat gesagt, er hätte jemanden um Hilfe rufen gehört. Ja, ich habe gehört, wie jemand um Hilfe geschrien hat, sagte ich, ich weiß nicht, ob es hier gewesen ist. Vielleicht war es im Fernsehen, meinte Fúlvia. Es könnte draußen gewesen sein, sagte Ronald.
    Nichts deutete darauf hin, daß Ronald Schmerzen verspürte, er verhielt sich ganz normal.
    Sie mögen entschuldigen, aber ich habe deutlich vernommen, wie jemand um Hilfe gerufen hat, sagte ich. Wir können in der Zentrale anrufen, schlug Ronald vor.
    Nein, sagte Fúlvia. Warum nicht? fragte Ronald. Wir können nichts sehen, meinte er, und es ist ja möglich, daß irgend jemand ein Problem hat. Sie haben recht, pflichtete ich ihm bei. Ronald, sagte er und streckte mir die Hand entgegen, sehr erfreut, entschuldigen Sie den Schlafanzug. Sie sind der Gast

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