Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer lügt, gewinnt

Wer lügt, gewinnt

Titel: Wer lügt, gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
Vom Netzwerk:
Weiße mit blauen Augen, eine echte Deutsche. Ich heiße Ingrid, und Sie sind Guber, ich weiß schon. Möchten Sie einen Kaffee? Ich hatte keine Zeit zu verlieren, Fúlvia wartete auf mich.
     
    Um sechs Uhr parkten wir den Wagen an der Ecke des Baumarktes Colombina, der einen ganzen Block an der Avenida Lutero Mendes einnahm. Sieben Registrierkassen, zwei Parkwächter und zwei Sicherheitsleute. Laut Fúlvia gab es noch zwei weitere, nicht ganz so große Colombina-Märkte in São Paulo, in jedem Falle aber ging es Ronald finanziell gut. Ich mache mir überhaupt nichts aus Geld, erklärte sie, aber Tatsache ist, daß wir ein bißchen was erben werden, wir werden deine Mutter in ein Heim geben können. Und du kannst, wenn du willst, weiter Bücher schreiben, ich veröffentliche sie dann, Geld wird nicht das Problem sein.
    Das kränkte mich. Es gibt nichts, was einen mehr auf die Palme bringen kann als Leute, die einem mit ihrem Geld vor der Nase herumwedeln, vor allem dann, wenn man gerade welches braucht. Entschuldige bitte, sagte Fúlvia, ich habe nur versucht, das Positive an der Sache zu sehen. Ich will meine Mutter nicht ins Heim geben, sagte ich. Natürlich nicht, wir geben sie nicht ins Heim. War nur so eine Idee.
    Untersetzt, nicht besonders gutaussehend, unförmige Füße, so stellte ich ihn mir vor. Wenn ich meine Augen schloß, konnte ich ihn vor mir sehen in seiner Tenniskluft, die Socken bis zum Schienbein hochgezogen, mit dem Schläger über der Schulter. Es war nicht schwer, sich seinen dicken Wanst auszumalen, erfolgreiche Kaufmänner haben immer einen Bauch, den setzen sie an, wenn sie mit dem Vögeln aufhören oder umgekehrt. Siehst du ihn? Das ist er, der im Polohemd, sagte Fúlvia. Ronald war vollkommen anders, als ich gedacht hatte. Hochgewachsen, schlank, elegant, ein jugendlicher Ehemann mit harmlosem Hundeblick. Bei den Füßen konnte ich nicht überprüfen, ob sie so klobig waren, wie Fúlvia beschrieben hatte. Jedenfalls wäre ich niemals auf die Idee gekommen, daß jemand wie er Frauen verprügelte.
    Er stieg ins Auto und fuhr davon. Wortlos schauten wir eine Weile dem Treiben vor dem Geschäft zu.
    Wir müssen uns eine Kröte besorgen, sagte ich.
    Das Wort Verbrechen nahmen wir nicht in den Mund, wenn wir über unseren Plan sprachen. Wir redeten davon, »das Ding zu drehen«. Und das »Ding« war ganz einfach: Wir würden einen Unfall mit einer Schlange in einem Plantagenhotel im Landesinneren von São Paulo vortäuschen. Die Idee war nicht neu, schon seit längerer Zeit war Fúlvia damit beschäftigt, jedes Detail zu planen, jedoch sagte sie gerne, daß sie alles meinem Buch Tödliche Schlangen entnommen hätte. Ich hatte überhaupt kein Buch mit dem Titel Tödliche Schlangen geschrieben, ich war nicht einmal so weit gediehen, ein entsprechendes Exposé vorzulegen; ich hatte Fúlvia zu der Zeit, als unsere Verwicklung miteinander begann, lediglich erzählt, daß ich in Gedanken an einer Geschichte bastelte, in der der Mörder Schlangen als Waffen einsetzte, den Rest hatte sie alleine zustande gebracht, einschließlich des Titels, der von ihr stammte. Später im Bett, nach dem Sex, überhäufte Fúlvia mich mit Lob, meinte, ich sei Spitze. Spitze worin? fragte ich. In Sachen Verbrechen, antwortete sie, du beherrschst die Konstruktion des Gerüsts, du überlegst dir die Details, die Folgen, Alibis, Waffen, alles. Wieso habe ich nicht an die Kröte gedacht? fragte sie; eine Kröte – das ist perfekt. Mein Vater sagte immer, eine Kröte kommt dann ins Haus, wenn sie vor einer Schlange auf der Flucht ist; in einem Plantagenhotel gibt es Kröten und Schlangen. Den Kommissar, der das Gegenteil behauptet, möchte ich sehen. Versprichst du mir, daß du nicht kneifen wirst? Ja, antwortete ich. Dann sag’s. Ich verspreche, daß ich Ronald umbringen werde, sagte ich. Und daß du mir niemals untreu wirst, bat sie. Niemals, schwor ich. Sag: ich verspreche, daß ich ihm die Füße abhacken werde. Wie bitte? Ich hasse seine Füße, erklärte sie, sie sind der Teil, vor dem ich mich am meisten ekle. Die Füße und das Gesicht, du hast mir versprochen, daß du seine Füße abhacken würdest. Das habe ich gesagt? fragte ich. Ja, antwortete sie, gestern, im Bett.
    Das stimmte. Ich hatte es gesagt.

8
    Von: José Guber           An: Wilmer da Silva
     
    Wer hat Larry Manson auf dem Gewissen?
    von Richard Carr
     
    Der Multimillionär Larry Manson stirbt unter mysteriösen Umständen in seinem Büro.

Weitere Kostenlose Bücher