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Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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auf der anderen Seite.
    »Setzt euch«, sagte Jerome. »Du auch, Ironsides.«
    »Wenn wir nicht gewußt hätten, wonach wir suchen mußten, wir hätten es nicht entdeckt«, erklärte der Arzt; er hatte Mühe, den Untersuchungsbericht ruhig vorzutragen. »Als Ironsides damals mit seinen Verbrennungen in der Klinik lag, muß die NSA ihn identifiziert haben. Es ist so, wie vermutet: In beide transplantierte Glieder sind Mikrophone und Tonwandler aus organischem Material eingepflanzt worden; es gibt zwei voneinander unabhängige Systeme, die von getrennten Atombatterien gespeist werden, im linken Unterschenkel und im rechten Arm; in die Muskulatur des Oberschenkels und des ganzen Rückens wurde ein Speichersystem tätowiert.«
    Ironsides hob die Hand. »Brüder, ich – ich bitte euch nur um eines: Glaubt mir, daß ich von alldem nichts gewußt habe. Ich war unserer Sache immer treu ergeben. Erlaubt mir, daß ich mein Leben auf eine würdige Art beende. Ich bin seit Jahren als lebender Recorder der NSA herumgelaufen; laßt mich jetzt als lebende Bombe in das Hauptquartier der NSA gehen und es in die Luft sprengen.«
    »Wir werden einen anderen Weg finden«, sagte Jerome, »der es erlaubt, unseren Bruder Ironsides in unseren Reihen zu behalten.«
    Er nickte Timothy zu, der sich gemeldet hatte.
    »Ich schlage vor, den Unterschenkel und den Arm einfach wieder auszuwechseln. Ich verpflichte mich, geeignete Transplantate zu beschaffen. Professor Paddington würde sie organisieren, ohne zu fragen, und wir könnten ohne Mühe einen Einbruch in die Klinik vortäuschen.«
    »Wir werden darüber beraten«, sagte Jerome. »Ich danke dir, Tiny. Du hast uns sehr geholfen.«
    »Ich gebe ja zu, die Idee ist nicht schlecht«, sagte Timothy zu Anne, als sie sich auf den Rückweg machten. »Es ist verlockend, Ironsides so umzubauen, daß seine Apparatur ein- und auszuschalten ist, um so der NSA Falschinformationen zuzuspielen, trotzdem, ich hätte gerne bei Paddington eingebrochen.«
    »Du mit deinen absurden Einfällen«, erwiderte Anne; es lag viel Zärtlichkeit in ihrer Stimme. »Wer stiehlt schon Unterschenkel!«
    P.S.:
    Einen Teil dieser Geschichten hatte ich schon bei meinem Besuch in den Staaten von Timothy Truckle selbst erfahren, wenn auch nicht in dieser Ausführlichkeit; über den vierarmigen Samuel und über die Drossel hatte er verständlicherweise nicht gesprochen. Sie werden jetzt verstehen, wie sehr ich es bedauerte, von Timothy zu absolutem Schweigen verpflichtet worden zu sein.
    Vor nunmehr fast einem Jahr aber erhielt ich ein winziges Päckchen, es war durch viele Hände gegangen, ehe es mich erreichte, und es gelang mir nicht, die Kette bis zu ihrem Ende zurückzuverfolgen. Zweifellos hatte Timothy Truckle dieses Päckchen selbst an mich adressiert. Ich ließ die Handschrift von den besten Experten mit jenen Zeilen vergleichen, die Timothy vor meinen Augen im Mausoleum seines Appartements im »Nebraska« in mein Notizbuch geschrieben hatte, außerdem fand ich in dem Begleitbrief das Losungswort, das wir damals vereinbart hatten (Timothy erklärte, es sei sein Prinzip, stets Vorsorge zu treffen), wie verabredet an der dreiundzwanzigsten Position und als zehntletztes Wort: Stolitschnaja.
    Das Päckchen enthielt vier Kristalle: die Geschichten dieses Buches. Ich nehme an, Timothy hat daran mitgearbeitet. Ich habe mich darauf beschränkt, die Texte aus dem Amerikanischen zu übersetzen, und sie nur soweit bearbeitet, wie es mir unbedingt notwendig erschien.
    Warum Timothy Truckle sich entschlossen hat, diese Fälle jetzt preiszugeben, und warum er mich ausdrücklich beauftragte, sie zu veröffentlichen, läßt sich nur vermuten.
    Vor einigen Monaten erhielt N., ein Mann, dem ich voll vertrauen kann und der sich in komplizierten und heiklen Situationen auf das beste bewährt hat, Gelegenheit, in die Staaten zu reisen. ich weihte ihn ein, soweit ich es für möglich hielt, und bat ihn, sich mit der gebotenen Vorsicht nach Timothy umzuhorchen, wenn er nach Chicago käme. N. fand heraus, daß in jenem Appartement im »Nebraska« jetzt eine Schauspielerin wohnt. Es gelang ihm, ihre Bekanntschaft zu machen und von ihr eingeladen zu werden, er entdeckte jedoch keine Spur mehr von dem Mausoleum und auch nichts von Napoleon, das Schlafzimmer aber befand sich noch in dem gleichen Zustand, den ich ihm beschrieben hatte.
    Für eine Flasche französischen Kognak durfte N. die Einwohnerdatei des »Nebraska« einsehen. Zu seiner

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