Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
Bigboss der GENERAL MOTORS & SKYDRIVERS zu Ihnen?«
»Er stürzte in der Nähe unserer Klinik ab. Dann war er ein paar Tage transportunfähig, und inzwischen fand er es wohl ganz amüsant, sich von der PUBLIC ein neues Bein geben zu lassen. Sein Geiz ist doch sprichwörtlich.«
»War es ein Unfall, Edward?«
»Sie denken an seinen Neffen?«
Timothy nickte. Die Querelen zwischen Lionel McCall und seinem Neffen waren Stadtgespräch. King Code, wie man Humphrey McCall nannte, weil er sich schon vor dem Aufstehen eine Ladung Codepermin in die Adern schoß, war eine der größten Skandalnudeln von Chicago, hatte aber trotz seiner verrückten, zynischen und dekadenten Geschichten die Sympathien auf seiner Seite, weil es ihm immer wieder gelang, seinen allgemein verhaßten, mit Menschenleben skrupellos spielenden Onkel reinzulegen. Und weil er ein erstklassiger Trompeter war, einer der wenigen, die noch ein altes Instrument vollendet beherrschten.
»Einen Augenblick habe ich auch daran gedacht«, gestand Paddington, »und daß die ersten Diebstähle nur davon ablenken sollten, aber das Ergebnis ist ja nur, daß McCall ein paar Tage länger warten muß. Ich glaube, King Code hätte sich etwas anderes einfallen lassen, zum Beispiel das Operationsteam zu bestechen, seinem Onkel ein zu kurzes Bein anzusetzen.«
»Ich werde ihn mir trotzdem mal vorknöpfen«, sagte Timothy. »Außerdem werde ich mich erkundigen, was es für die GENERAL bedeutet, wenn der Bigboss länger im Krankenhaus liegen muß. Sie beschaffen mir schnell eine Liste aller Kliniken und Spezialisten, die sich mit Transplantationen befassen, und aller Institute, die mit Labinol-Kühlung arbeiten. Und schalten Sie heute nacht eine Verbindung zwischen Ihrem Riesendummkopf von Computer und meinem Napoleon, ich brauche die Personal- und Sicherheitsdaten.«
»Aber Tiny, wenn das herauskommt!«
»Etwas müssen Sie schon riskieren, wenn Sie wollen, daß der teuerste Detektiv der Staaten umsonst für Sie arbeitet.«
»Sagten Sie umsonst?«
»Meinen Sie, ich lasse mich von einem Armenarzt und einem Polizisten beschämen? Außerdem soll man sich gut mit den Medizinmännern stellen. Vielleicht brauche ich einmal Ihre diskrete Hilfe. Haben Sie nicht ein paar Tabletten gegen Übelkeit? Mir ist ziemlich oft zum Kotzen.«
»Mir auch«, sagte Paddington und streichelte Napoleons Bauch.
3.
Timothy programmierte Napoleon, dann rief er seinen Freund Josuah Trevers an, der nicht nur aus Neigung, sondern auch von Berufs wegen zu den bestinformierten Leuten von Chicago zählte; Joe war Hauptarchivar der ICC 2 . Timothy bestellte bei ihm alles über Lionell McCall und King Code, über Transplantationskliniken und den Streit um die PUBLIC HEALTHFARE, über Diebstähle von Transplantaten und Verbrechen, in denen Transplantate eine Rolle gespielt hatten. Joe fragte nicht wozu. Er hatte es sich längst abgewöhnt, Fragen zu stellen. Timothy versprach ihm ein chinesisches Abendessen und einen ausführlichen Bericht, sobald der Fall abgeschlossen wäre.
Während Napoleon noch den Zentralcomputer nach diesen Themen abfragte, beauftragte Timothy den Communicator, eine Verbindung zu Smiley Hepburn herzustellen. Es dauerte keine zehn Minuten, Smiley saß gerade in seinem Büro, das den hochtrabenden Titel eines »first class allsuper detective and investigations staff« trug, in Wirklichkeit aber nur aus ihm und einem Communicator bestand. Nichtsdestoweniger war Smiley einer der Besten in seinem Metier, und er hatte für alle Arten von Jobs erstklassige Leute an der Hand.
»Wenn du deine Nase noch nicht total versoffen hast«, sagte Timothy, »solltest du sie mal wieder für mich schnuppern lassen.« Er erzählte alles, was er wußte; er konnte sich auf Smileys Verschwiegenheit verlassen. »Ich habe so ein Gefühl, als könnte etwas Großes dahinterstecken«, schloß er. »Vielleicht findest du jemand, der ein neues Bein braucht. Kannst du nicht verbreiten, du hättest jemand an der Hand, der jedes Transplantat besorgen kann?«
Paddington stand schon am späten Nachmittag wieder vor der Tür des Appartements und winkte mit einer Weinflasche.
»Beaujolais«, erklärte er. »Ein Patient hat ihn mir verehrt. Ich wollte ihn nicht alleine trinken, und ein guter Wein verlangt Gläser.« Er lächelte verlegen. »Haben Sie schon etwas –?« Timothy legte den Zeigefinger an die Lippen. Er stellte zwei Römer auf den Tisch, nahm behutsam die Flasche und studierte das Etikett. Dann
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