Werke
sein, du kannst sie noch erleben, ich schwerlich –, sie werden es nicht mehr ertragen können, und der jetzt an der Zeche sitzt, der wird sehr bald und sehr fürchterlich dafür bezahlen müssen. Merke dir das, daß ich es gesagt habe, wenn es geschieht, und ich vielleicht schon im Grabe liege.«
Durch solche und ähnliche Worte entzündete er das arme Herz des Knaben, daß es sich in heimlicher und einsamer Glut abarbeitete, und dies um so mehr, da es sich von den Dingen der Wirklichkeit auch keine entfernt ähnliche Vorstellung zu machen verstand. Als nach ein paar Jahren darauf der Krieg über ganz Deutschland flutete, obwohl man auf der Berghalde nie einen Feind gesehen hatte und das alte Haus wie manch andere Stelle im Gebirge gleichsam als eine Insel aus der Flut heraus ragte: faßte Hugo den Entschluß, wenn der Zeitpunkt gekommen wäre, daß sich Deutschlands Jugend gegen den Feind erhebe, auch hinaus zu gehen und sich in die Reihe der Krieger zu stellen. Er sagte zu seinem Vater nichts von diesem Gedanken. Denn wie die andern mit den kleinen Lastern und Begierden ihres Herzens, so war Hugo verschämt mit der Schönheit des seinigen. Jede Zeile, die er lernte, jeden veralteten Handgriff, den ihm sein Vater beibrachte, berechnete er schon auf jene Zeit. Als er nun von dem Hause Abschied nahm, in die Stadt reiste und die von ihm gemietete abgelegene Stube bezog, nahm er sich vor, in derselben alle kriegerischen Wissenschaften zu betreiben, nebstbei die Bekanntschaft von Männern aus dem Kriegerstande zu suchen, daß sie ihm an die Hand gingen, daß er sich nicht nur aus den Büchern wissenschaftlich, sondern durch Erlernung aller Handgriffe und Übungen auch tatsächlich unterrichtete – und wenn dann der Zeitpunkt der Erhebung gekommen wäre, von dem er eben so fest überzeugt war, daß er kommen müsse, wie sein Vater, würde er demselben schreiben, daß er sich seither für den Kriegerstand gebildet habe, und daß er sich nun dem Aufstande anschließe. Wenn dann die Tat der Befreiung, dachte er, von den vielen hunderttausend deutschen Jünglingen versucht worden und gelungen wäre, dann wolle er nach Hause gehen und wolle dem alten Vater alles auseinander setzen, was er gelernt habe, wie er sich vorbereitet habe, wie er eingetreten sei, was er getan habe, – und dann wolle er ihn fragen, ob dieses der Rede wert sei, wenn man abends einmal bei dem Ofenfeuer beisammen sitze – oder ob er noch hinaus gehen müsse, und noch etwas tun.
So wie Hugo mußten sich damals viele vereinzelte Jünglingsherzen, wenn auch nicht tatsächlich wie er, doch durch Erwägung der Frage, die zu jener Zeit noch ein Unding schien, vorbereitet haben, weil, da gleichwohl die Lösung derselben eintrat, die Flamme nicht ein Herz nach dem andern ergriff, sondern von allen, als hätte sie schon lange darinnen geglimmt, auf einmal und mit einer einzigen Lohe empor schlug.
Seinem Entschlusse gemäß begann nun Hugo in der gemieteten Stube seine wissenschaftlichen Arbeiten. Gleich in den ersten Tagen, in denen er sehr oft herum ging und öffentliche Orte besuchte, um etwa einen Bekannten zu erwerben, wie er ihn wünschte, machte er wirklich die Bekanntschaft eines Kriegers, die ihm von großem Vorteile war; denn derselbe gab Hugo nicht nur die Werke an, nach denen er seine Bildung beginnen solle, sondern er vermittelte auch bei seinen Obern und Vorgesetzten, daß Hugo nicht nur allen kriegerischen Übungen beiwohnen, sondern auch dieselben, wo es anging, persönlich mitmachen konnte. Hiedurch kam er in die Bekanntschaft fast aller höheren in der Hauptstadt befindlichen Krieger. Er sagte keinem von ihnen seinen eigentlichen Plan, sondern teilte nur das Allgemeine desselben mit, daß er sich nämlich zum Kriege gegen den Landesfeind vorbereite. Ob es einzelne gab, die ihn errieten, oder ob mehrere aus ihnen schon selber an eine Entscheidung der Art dachten, wie sie erst nach mehreren Jahren wirklich eintrat, können wir nicht sagen, weil er trotz des Umganges mit diesen Männern so einsam war, als säße er beständig und ausschließlich in seinem Stübchen, daher ihm der Aufenthalt in der Hauptstadt auch nicht im geringsten anzusehen war, als wäre er erst gestern abends von der Gebirgshalde gekommen.
Das erkannte er gleich, daß er hier noch sehr vieles lernen müsse, und schrieb es auch dem Vater. Er schrieb ihm dazu, daß er die Kriegswissenschaften betreibe und sich auf diesem Felde auch tatsächlich und, wenn er diese Dinge
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