Werke
was mitgenommen werden sollte, in den Wagen geschafft, und die Frauen hatten am Nachmittage an mehreren Stellen Abschied genommen: bei den Gärtnerleuten, in der Schreinerei und im Meierhofe.
Am andern Morgen erschienen sie bei dem Frühmahle in Reisekleidern, während noch Arabella, das Dienstmädchen Mathildens, diejenigen Sachen, die bis zu dem letzten Augenblick Leim Gebrauch gewesen waren, in den Wagen packte. Nach dem Frühmahle, als die Frauen schon die Reisehüte aufhatten, sagte Mathilde zu meinem Gastfreunde: »Ich danke dir, Gustav, lebe wohl, und komme bald in den Sternenhof.«
»Lebe wohl, Mathilde«, sagte mein Gastfreund.
Die zwei alten Leute küßten sich wieder auf die Lippen, wie sie es bei der Ankunft Mathildens getan hatten.
»Lebe wohl, Natalie«, sagte er dann zu dem Mädchen.
Dasselbe erwiderte nur leise die Worte: »Dank für alle Güte.«
Mathilde sagte zu dem Knaben: »Sei folgsam, und nimm dir deinen Ziehvater zum Vorbilde.«
Der Knabe küßte ihr die Hand.
Dann zu mir gewendet sprach sie: »Habet Dank für die freundlichen Stunden, die Ihr uns in diesem Hause gewidmet habt. Der Besitzer wird Euch für Euren Besuch wohl schon danken. Bleibt meinem Knaben gut, wie Ihr es bisher gewesen seid, und laßt Euch seine Anhänglichkeit nicht leid tun. Wenn es Eure schöne Wissenschaft zuläßt, so seid unter denen, die von diesem Hause aus den Sternenhof besuchen werden. Eure Ankunft wird dort sehr willkommen sein.«
»Den Dank muß wohl ich zurückgehen für alle die Güte, welche mir von Euch und von dem Besitzer dieses Hauses zu Teil geworden ist«, erwiderte ich. »Wenn Gustav einige Zuneigung zu mir hat, so ist wohl die Güte seines Herzens die Ursache, und wenn Ihr mich von dem Sternenhofe nicht zurück weiset, so werde ich gewiß unter den Besuchenden sein.«
Ich empfand, daß ich mich auch von Natalien verabschieden sollte; ich vermochte aber nicht, etwas zu sagen, und verbeugte mich nur stumm. Sie erwiderte diese Verbeugung ebenfalls stumm.
Hierauf verließ man das Haus und ging auf den Sandplatz hinaus. Die braunen Pferde standen mit dem Wagen schon vor dem Gitter. Die Hausdienerschaft war herbei gekommen, Eustach mit seinen Arbeitern stand da, der Gärtner mit seinen Leuten und seiner Frau und der Meier mit dem Großknechte aus dem Meierhofe waren ebenfalls gekommen.
»Ich danke euch recht schön, lieben Leute,« sagte Mathilde, »ich danke euch für eure Freundschaft und Güte, seid für euren Herrn treu und gut. Du, Katharina, sehe auf ihn und Gustav, daß keinem ein Ungemach zustößt.«
»Ich weiß, ich weiß,« fuhr sie fort, als sie sah, daß Katharina reden wollte, »du tust alles, was in deinen Kräften ist, und noch mehr, als in deinen Kräften ist; aber es liegt schon so in dem Menschen, daß er um Erfüllung seiner Herzenswünsche bittet, wenn er auch weiß, daß sie ohnehin erfüllt werden, ja daß sie schon erfüllt worden sind.«
»Kommt recht gut nach Hause«, sagte Katharina, indem sie Mathilden die Hand küßte und sich mit dem Zipfel ihrer Schürze die Augen trocknete.
Alle drängten sich herzu und nahmen Abschied. Mathilde hatte für ein jedes liebe Worte. Auch von Natalien beurlaubte man sich, die gleichfalls freundlich dankte.
»Eustach, vergeßt den Sternenhof nicht ganz,« sagte Mathilde zu diesem gewendet, »besucht uns mit den anderen. Ich will nicht sagen, daß Euch auch die Dinge dort notwendig haben könnten, Ihr sollt unsertwegen kommen.«
»Ich werde kommen, hochverehrte Frau«, erwiderte Eustach.
Nun sprach sie noch einige Worte zu dem Gärtner und seiner Frau und zu dem Meier, worauf die Leute ein wenig zurück traten.
»Sei gut, mein Kind«, sagte sie zu Gustav, indem sie ihm ein Kreuz mit Daumen und Zeigefinger auf die Stirne machte und ihn auf dieselbe küßte. Der Knabe hielt ihre Hand fest umschlungen und küßte sie. Ich sah in seinen großen schwarzen Augen, die in Tränen schwammen, daß er sich gerne an ihren Hals würfe; aber die Scham, die einen Bestandteil seines Wesens machte, mochte ihn zurück halten.
»Bleibe lieb, Natalie«, sagte mein Gastfreund.
Das Mädchen hätte bald die dargereichte Hand geküßt, wenn er es zugelassen hätte.
»Teurer Gustav, habe noch einmal Dank«, sagte Mathilde zu meinem Gastfreunde. Sie hatte noch mehr sagen wollen; aber es brachen Tränen aus ihren Augen. Sie nahm ein weißes feines Tuch und drückte es fest gegen diese Augen, aus denen sie heftig weinte.
Mein Gastfreund stand da und
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