Werke
Eichen nicht auffiel. Sie stützte das Haupt mit der einen Hand, den anderen Arm hatte sie um ein Gefäß geschlungen, aus welchem Wasser in ein vor ihr befindliches Becken rann. Aus dem Becken fiel das Wasser in eine in den Sand gemauerte Vertiefung, von welcher es als kleines Bächlein in das Gebüsch lief.
Wir standen eine Weile, betrachteten die Gestalt und redeten über sie. Eustach und ich kosteten auch mittelst einer alabasternen Schale, die in einer Vertiefung des Efeus stand, von dem frischen Wasser, welches sich aus dem Gefäße ergoß.
Hierauf gingen wir hinter der Eppichwand Über eine Steintreppe empor und erstiegen einen kleinen Hügel, auf welchem sich wieder Sitze befanden, die von verschiedenen Gebüschen beschattet waren. Gegen das Haus zu aber gewährten sie die Aussicht. Wir mußten uns hier wieder ein wenig setzen. Zwischen den Eichen, gleichsam wie in einem grünen, knorrigen Rahmen, erschien das Haus. Mit seinem hohen, steilen Dache von altertümlichen Ziegeln und mit seinen breiten und hochgeführten Rauchfängen glich es einer Burg, zwar nicht einer Burg aus den Ritterzeiten, aber doch aus den Jahren, in denen man noch den Harnisch trug, aber schon die weichen Locken der Perücke auf ihn herabfallen ließ. Die Schwere einer solchen Erscheinung sprach sich auch in dem ganzen Bauwerke aus. Zu beiden Seiten des Schlosses sah man die Landschaft und hinten das liebliche Blau der Gebirge. Die dunkeln Gestalten der Linden, unter denen wir gesessen waren, befanden sich weiter links und störten die Aussicht nicht.
»Man hat sehr mit Unrecht in neuerer Zeit die Mauern dieses Schlosses mit der weißgrauen Tünche überzogen,« sagte mein Gastfreund, »wahrscheinlich um es freundlicher zu machen, welche Absicht man sehr gerne zu Ende des vorigen Jahrhunderts an den Tag legte. Wenn man die großen Steine, aus denen die Hauptmauern errichtet sind, nicht bestrichen hätte, so würde das natürliche Grau derselben mit dem Rostbraun des Daches und dem Grün der Bäume einen sehr zusammenstimmenden Eindruck gemacht haben. Jetzt aber steht das Schloß da wie eine alte Frau, die weiß gekleidet ist. Ich würde den Versuch machen, wenn das Schloß mein Eigentum wäre, ob man nicht mit Wasser und Bürsten und zuletzt auf trockenem Wege mit einem feinen Meißel die Tünche beseitigen könnte. Alle Jahre eine mäßige Summe darauf verwendet, würde jährlich die Aussicht, des widrigen Anblickes erledigt zu werden, angenehm vermehren.«
»Wir können ja den Versuch nahe an der Erde machen und aus der Arbeit einen ungefähren Kostenanschlag verfertigen«, sagte Mathilde; »denn ich gestehe gerne zu, daß mich auch der Anblick dieser Farbe nicht erfreut, besonders, da die Außenseite der Mauern ganz von Steinen ist, die mit feinen Fugen an einander stoßen, und man also bei Erbauung des Hauses auf keine andere Farbe als die der Steine gerechnet hat. Jetzt ist das Schloß von innen viel natürlicher und, wenn auch nicht an eine Kunstzeit erinnernd, doch in seiner Art zusammen stimmender als von außen.«
»Das Grau der Mauer mit den grauen Steinsimsen der Fenster, die nicht ungeschickt gegliedert sind, mit der Höhe und Breite der Fenster, deren Verhältnis zu den festen Zwischenräumen ein richtiges ist, würde, glaube ich, dem Hause ein schöneres Ansehen geben, als man jetzt ahnt«, sagte Eustach.
Mir fielen bei dieser Äußerung die Worte ein, welche mein Gastfreund einmal zu mir gesagt hatte, daß alte Geräte in neuen Häusern nicht gut stehen. Ich erinnerte mich, daß in dem Saale und in den alt eingerichteten Gemächern dieses Schlosses die hohen Fenster, die breiten Räume zwischen ihnen und die eigentümlich gestalteten Zimmerdecken den Geräten sehr zum Vorteile gereichten, was in Zimmern der neuen Art gewiß nicht der Fall gewesen wäre.
Als wir so sprachen, kamen Natalie und Gustav, die bei der Nymphe des Brunnens zurückgeblieben waren, die Steintreppe zu uns empor. Die Angesichter waren sanft gerötet, die dunkeln Augen blickten heiter in das Freie, und die beiden jugendlichen Gestalten stellten sich mit einer anmutigen Bewegung hinter uns.
Von diesem Hügel der Eichenaussicht gingen wir weiter in den Garten zurück, und gelangten endlich in das Gemisch von Ahornen, Buchen, Eichen, Tannen und anderen Bäumen, welches wie ein Wäldchen den Garten schloß. Wir gingen in den Schatten ein, und die Freudenäußerungen und das Geschmetter der Vögel war kaum irgendwo größer als hier. Wir besuchten
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