Werke
Frist freundlich, offen und gut wäre, und in dem edlen, starken Herzen mich mit der tiefsten, heißesten Gattenliebe trüge. Wie wollte ich in dem jetzt einsamen Treulust walten, oder wie gerne wollte ich auch in dem stillen Alpentale bei ihr sein und dort mit ihr wirken und schaffen. – Ich sollte nur erkennen, was einzig schön und göttlich ist, um es dann auf ewig ferne zu haben.
5. Nachwort
Der Zufall, von dem mein Freund behauptet, daß er so wichtig in sein Leben hinein spiele, hat ihn diesmal gut gebettet. Nie hat es zwei Menschen gegeben, die besser für einander taugen als er und Maria. Darum wird er sein Vorhaben nicht halten. Er wird und muß wieder nach Riva und in das Haidehaus gehen. Maria wird allgemach und unvermerkt seine Gattin werden, sie werden mit einander leben, eine Schar blühender Kinder wird sie umgeben, und sie werden ein festes, reines, schönes Glück genießen.
Dies ist so wahr, als die Sonne im Osten auf- und im Westen untergeht, und als sie noch viele Jahre auf-und untergehen wird.
Der beschriebene Tännling
1. Der graue Strauch
Wenn man die Karte des Herzogtumes Krumau ansieht, welches im südlichen Böhmen liegt, so findet man in den dunkeln Stellen, welche die großen Wälder zwischen Böhmen und Baiern bedeuten, allerlei seltsame und wunderliche Namen eingeschrieben; zum Beispiele: ›zum Hochficht‹, ›zum schwarzen Stocke‹, ›zur tiefen Lake‹, ›zur kalten Moldau‹ und dergleichen. Diese Namen bezeichnen aber nicht Ortschaften oder gar Herbergen, die solche Schilder führen, sondern ganz einfache Waldesstellen, die hervorgehoben sind, um gewisse Linien und Richtungen anzugeben, nach denen man in den weiten Forsten ohne Weg oder anderes Merkmal gehen könnte. Die Namen sind von denjenigen Leuten erfunden worden, welche am meisten ohne Weg und Bezeichnung im Walde zu gehen pflegen, nämlich von Jägern und Schleichhändlern. Wie aber sinnliche Menschen, das heißt solche, deren Kräfte vorzugsweise auf die Anschauung gerichtet sein müssen, schnell die bezeichnenden Eigenschaften der Dinge finden, sind auch diese Namen meistens von sehr augenfälligen Gegenständen der Stellen genommen.
So heißt es auch in einem großen Flecke, der auf der Seite des böhmischen Landes liegt, ›zum beschriebenen Tännling‹. Einen Tännling nennt man aber in der Gegend eine junge Tanne, die jedoch nicht größer sein darf, als daß sie noch ein Mann zu umfassen im Stande ist. Wenn nun ein Wanderer wirklich zu der Stelle geht, auf welcher es ›zum beschriebenen Tännling‹ heißt, so sieht er dort allerdings eine Tanne stehen, aber dieselbe ist kein Tännling mehr, sondern ein riesenhaft großer und sehr alter Baum, der gewaltige Äste, eine rauhe, aufgeworfene Rinde und mächtige, in die Erde eingreifende Wurzeln hat. An seinem Fuße liegen mehrere regelmäßige Steine, die wohl zufällig dort liegen mögen, die aber wie zum Sitzen hingelegt scheinen. Den Namen ›beschrieben‹ mag die Tanne von den vielen Herzen, Kreuzen, Namen und andern Zeichen erhalten haben, die in ihrem Stamme eingegraben sind. Natürlich ist sie einmal ein Tännling gewesen, die Steine, an denen sie stand, mochten zum Sitzen eingeladen, und es mochte einmal einer seinen Namen oder sonst etwas in die feine Rinde eingeschnitten haben. Die verharschenden Zeichen haben einen andern angereizt, etwas dazu zu schneiden, und so ist es fortgegangen, und so ist der Name und die Sitte geblieben. Der beschriebene Tännling steht mitten in dem stillen Walde, und die andern Tannen stehen tausendfach und unzählig um ihn herum. Oft mögen sie noch größer und mächtiger sein als er. Der Wald, dem sie angehören, ist ein Teil jener dunkelndengroßen und starken Waldungen, die über den ganzen emporgehobenen Landstrich gebreitet sind, der sich zwischen Böhmen und Baiern dahin zieht.
In diesen Waldungen ist auch da, wo sie sich gegen das österreichische Land hinziehen, ein helles, lichtes Tal geöffnet, von dem wir an der zweiten Stelle unserer Geschichte nach dem beschriebenen Tännling reden müssen, weil sich in ihm ein großer Teil von dem, was wir erzählen wollen, zugetragen hat. Das Tal ist sanft und breit, es ist von Osten gegen Westen in das Waldland hinein geschnitten, und ist fast ganz von Bäumen entblößt, weil man, da man die Wälder ausrottete, viel von dem Überflusse der Bäume zu leiden hatte und von dem Grundsatze ausging, je weniger Bäume überblieben, desto besser sei es. In der Mitte des
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