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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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der Oheim: »Meine lieben Kinder, wir beide, meine Schwester und ich, haben vor, in kurzem eine Reise zu machen. Wenn sie länger dauern soll, könnte Gerlint die Verwaltung von Biberau übernehmen, und du, Dietwin, würdest mir wohl eine Zeit die Oberaufsicht über Weiden führen. Doch das Nähere wird sich erst gestalten, und wir werden schon noch davon reden.«
    Alle schwiegen, da er diese Worte gesagt hatte.
    Endlich sprach die Tante: »Und würdest du denn meine Stelle hier vertreten, liebe Gerlint, und was sagst du denn, wenn ich dir davon gehe?«
    »Geliebte Tante,« sagte Gerlint, »es wird sehr einsam sein, wenn du fort bist, es wird mir sehr schmerzlich sein, dich zu missen, und den Wagen des lieben Oheims lange nicht mehr in das Schloß hereinfahren zu sehen; aber es geziemt mir nicht, gegen deinen Willen zu sprechen, und ich habe ihn nur zu verehren. Und wenn du mir Geschäfte in deiner Abwesenheit überträgst, so wünsche ich nur, daß ich die Einsicht und Kraft habe, sie verrichten zu können.«
    »Du hast die Einsicht und Kraft,« sagte die Tante, »und wirst alles recht machen. Und Auguste und Agathe bleiben bei dir, und sprechet manches Mal von uns, und schreibet uns. Es wird mich immer freuen, wenn du mir den Stand der Dinge in Biberau kund gibst und ihr Vorwärtsschreiten auseinander setzest.«
    »Und du,« sagte der Oheim zu Dietwin, »was redest du?«
    »Sage, Oheim, was soll ich reden?« sprach Dietwin. »Ihr habt euern Willen, und wenn euer Wille nach einer Reise steht, so ist es meine Pflicht, ihn zu achten, wenn auch meine Gefühle sehr gegen ihn wären. Was du mir über Weiden aufträgst, werde ich nach bestem Gewissen zu erfüllen bestrebt sein.«
    »Du wirst es gut erfüllen,« sagte der Oheim, »und wir werden schon noch über die Angelegenheiten sprechen.«
    »Und Auguste wird wohl bei Gerlint bleiben,« sprach die Tante, »und Agathe auch, und ihr werdet euch wohl über unsere Abwesenheit hinüber helfen.«
    »Ich bleibe gerne in Biberau,« antwortete Auguste, »und was dir, hochverehrte Base, und deinem hochverehrten Bruder Freude macht, das macht mir auch Freude, wenngleich das liebliche Zusammenleben hier, das unserem Herzen wohl tat, unterbrochen wird, und wir die Unterbrechung tragen müssen. Möge euch die Reise alles gewähren, was ihr erwartet.«
    »Und du, Agathe?« fragte die Tante.
    »Ich werde Gerlint zur Hand sein, wie sie es wünscht,« sagte Agathe, »und möge der Himmel die Reise segnen.«
    Man redete noch einiges Gleichgiltige, und zerstreute sich dann wie gewöhnlich nach dem Frühmahle.
    Etwa zwei Stunden nach dem Mittagessen ging Gerlint in den großen Saal, stellte sich vor das Bild des Oheims und betrachtete es.
    Nach kurzem kam auch Dietwin in den Saal. Er ging einige Schritte auf und nieder, und stellte sich dann vor das Bild der Tante. Sie sprachen nichts. Nach einer Weile sagte Dietwin: »Das sind herrliche Bilder.«
    »Ja«, sagte Gerlint.
    »Sie sind weit trefflicher gemalt als alle andern in dem Saale«, sprach Dietwin.
    »Ja«, entgegnete Gerlint.
    »Es hat sie ein Meister gemacht, der zu jener Zeit sehr berühmt war,« sprach Dietwin, »und man verehrt ihn jetzt noch.«
    »Ich weiß es«, sagte Gerlint.
    »Darum werden diese Bilder ihre Geltung haben, wenn auch viele Jahre vergangen sind, und wenn selber eine Zeit käme, in der man gar nicht mehr wüßte, wen sie vorstellen«, sprach Dietwin.
    »Ich meine auch, daß es so ist«, erwiderte Gerlint.
    Dietwin ging nun gegen ein Fenster, dann ging er gegen die große Tür, dann ging er wieder in dem Saale vorwärts, dann sagte er: »Der Oheim und die Tante werden eine Reise machen.«
    »Sie werden eine Reise machen«, antwortete Gerlint.
    »Du wirst hier auf dem Schlosse Besuche empfangen«, sagte Dietwin.
    »Ich werde die empfangen, die sich für mich ziemen«, erwiderte Gerlint.
    »Gerlint,« rief Dietwin, »ich kann es nicht ertragen, wenn dein Auge auf irgend einen Mann blickt.«
    Gerlint wendete sich um, und rief: »Dietwin, ich kann es nicht ertragen, wenn dein Auge auf ein Weib blickt.«
    »Gerlint«, rief Dietwin. »Dietwin«, rief Gerlint. Und plötzlich faßten sie sich in die Arme, umschlangen sich, und küßten sich auf den Mund.
    »Dein Auge blickt auf mich als Gattin, Gerlint«, sagte Dietwin.
    »Und deines blickt auf mich als Gatte, Dietwin«, sprach Gerlint.
    »Ich will dich auf den Händen tragen, Gerlint«, sagte Dietwin.
    »Ich werde dir ein treues, gehorsames Weib sein«, antwortete

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