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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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waren recht schöne Tage, die ich mit Eustach in diesen Vergleichungen und diesen Bestrebungen hinbrachte.
    Ich wurde auch wieder auf die Gemälde alter und längstvergangener Zeiten zurückgeführt. Ich hatte in meiner frühesten Jugend eine Abneigung vor alten Gemälden gehabt. Ich glaubte, daß in ihnen eine Dunkelheit und Düsterheit herrsche, die dem fröhlichen Reize der Farben, wie er in den neuen Bildern sich vorstellt, und wie ich ihn auch in der Natur zu sehen meinte, entgegen und weit untergeordnet sei. Diese Meinung hatte ich zwar fahren gelassen, als ich selber zu malen begonnen und nach und nach gesehen hatte, daß die Dinge der Natur und selber das menschliche Angesicht die heftigen Farben nicht haben, die sich in dem Farbekasten befinden, daß aber dafür die Natur eine Kraft des Lichtes und des Schattens besitze, die wenigstens ich durch alle meine Farben nicht darzustellen vermochte. Desohngeachtet war mir die Erkenntnis dessen, was die Malerkunst in früheren Zeiten hervorgebracht hatte, nicht in dem Maße aufgegangen, als es der Sache nach notwendig gewesen wäre. Wenn ich gleich im einzelnen vorgeschritten war und manches in alten Bildern als sehr schön erkannt hatte, so war ich doch fort und fort zu sehr in meinen Bestrebungen auf dem Gebiete der Natur befangen, als daß ich auf andere Gebilde als die der Natur mit kräftiger Innerlichkeit geachtet hätte. Darum erschienen mir Pflanzen, Faltern, Bäume, Steine, Wässer, selbst das menschliche Angesicht als Gegenstände, die würdig wären, von der Malerkunst nachgebildet zu werden; aber alte Bilder erschienen mir nicht als Nachbildungen, sondern gewissermaßen als kostbare Gegenstände, die da sind, und auf denen sich Dinge befinden, die man gewohnt ist als auf Gemälden befindliche zu sehen. Diese Richtung hatte für mich den Nutzen, daß ich bei meinen Versuchen, Gegenstände der Natur zu malen, nicht in die Nachahmung irgend eines Meisters verfiel, sondern daß meine Arbeiten mit all ihrer Fehlerhaftigkeit etwas sehr Gegenständliches und Naturwahres hatten; aber es erwuchs mir auch der Nachteil daraus, daß ich nie aus alten Meistern lernte, wie dieser oder jener die Farben und Linien behandelt habe, und daß ich mir alles selber mühevoll erfinden mußte, und in vielem gar zu einem Ziele nicht gelangte. Obwohl ich später der Betrachtung mittelalterlicher Gemälde mich mehr zuwandte und sogar im Winter viele Zeit in Gemäldesammlungen unserer Stadt zubrachte, so war doch mein früherer Zustand noch mehr oder weniger unbewußt vorherrschend, und die Kunst des Pinsels fand von mir nicht die Hingabe, die sie verdient hätte. Alsich jetzt mit Eustach die Zeichnungen mittelalterlicher bildender Kunst durchging, als ich mit ihm ein mir wie ein neues Wunder aufgegangenes Werk des alten Griechentums betrachtete, als ich dieses Werk mit den minder alten unserer Vorfahren verglich und die Unterschiede und Beziehungen einsehen lernte: da fing ich auch an, die Gemälde meines Gastfreundes anders zu betrachten, als ich bisher sie und andere Gemälde betrachtet hatte. Ich ging nicht nur oft in sein Bilderzimmer und verweilte lange Zeit in demselben, sondern ich ließ mir auch das Verzeichnis der Bilder geben, um nach und nach die Meister kennen zu lernen, die er versammelt hatte, ich bat, daß mir erlaubt werde, mir das eine oder andere Bild, wie ich es eben wünschte, auf die Staffelei stellen zu dürfen, um es so kennen zu lernen, wie mich ein innerer Drang trieb, und ich brachte oft mehrere Tage in Untersuchung eines einzigen Bildes zu. Welch ein neues Reich öffnete sich vor meinen Blicken! Wie die Dichter mir eine Welt der Seele aufschlossen, so lag hier wieder eine Welt, es war wieder eine Welt der Seele, wieder dieselbe Welt der hochgehenden Seele der Dichtkunst; aber mit wie ganz anderen Mitteln war sie hier erstrebt und erreicht. Welche Kraft, welche Anmut, welche Fülle, welche Zartheit, und wie war dem Schöpfer eine ähnliche; eine gleiche, aber menschliche Schöpfung nachgeschaffen. Ich lernte die Beziehungender alten Malerei – mein Freund hatte fast lauter alte Bilder – zu der Natur kennen. Ich lernte einsehen, daß die alten Meister die Natur getreuer und liebvoller nachahmten als die neuen, ja daß sie im Erlernen der Züge der Natur eine unsägliche Ausdauer und Geduld hatten, vielleicht mehr, als ich empfand, daß ich selber hätte, und vielleicht mehr, als mancher Kunstjünger der Gegenwart haben mag. Ich konnte nicht aburteilen,

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