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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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des sogenannten Berghofes, ein allgemein geachteter Mann, und der andere ist der Oberamtmann von Landegg. Es fehlen noch die vom Inghof, dann sind mehrere Vertreter der hier herum wohnenden Leute vorhanden. Ich teile sie, wenn ich in meiner Liebhaberei im Lande herum reise, nach ihren Liebhabereien in Gruppen ein, und man könnte eine Landmappe so nach diesen Liebhabereien mit Farben zeichnen, wie Ihr die Gebirge mit Farben zeichnet, um das Vorkommen der verschiedenen Gesteine anzuzeigen.«
    Da wir wieder eine Wendung machten, ganz nahe an der rechten Seite der Eppichwand, ging Mathilde mit der Frau von Tillburg auf einem Nebenwege gegen uns hervor. Sie blieb vor uns stehen und sagte zu mir: »Ihr habt meiner Brunnennymphe nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt, als Ihr solltet; Ihr zieht die Gestalt auf der Treppe unsers Freundes zu sehr vor. Sie verdient es wohl; allein Ihr müßt doch die hiesige auch ein wenig genauer ansehen und sie mir ein wenig schön heißen.«
    »Ich habe sie schön geheißen,« erwiderte ich, »und wenn meine ganz unbedeutende Meinung etwas gilt, so soll ihr die Anerkennung gewiß nicht entgehen.«
    »Wir besuchen nun ohnehin alle die Grotte«, entgegnete sie.
    Nach diesen Worten ging sie mit ihrer Begleiterin auf dem Hauptwege gegen die Eppichwand vor, wir folgten. Die anderen kamen in verschiedenen Richtungen herzu, und man ging zu der Marmorgestalt in der Brunnenhalle.
    Einige gingen hinein, andere blieben mehr am Eingange stehen, und man redete über die Gestalt. Diese ruhte indessen in ihrer Lage, und die Quelle rann sanft und stettig fort. Es waren nur allgemeine Dinge, welche über das Bildwerk gesprochen wurden. Mir kam es fremd vor, die geputzten Menschen in den verschiedenfarbigen Kleidern vor dem reinen, weißen, weichen Marmor stehen zu sehen. Roland und ich sprachen nichts.
    Man entfernte sich wieder von dem Marmor, ging langsam an der Eppichwand hin, und stieg die Stufen zu der Aussicht empor. Auf dieser verweilte man eine Zeit, und ging dann gegen die Linden zurück. Nach Betrachtung der Linden und des schönen Platzes unter ihnen begab sich der Zug wieder auf den Rückweg in das Schloß. Eustach hatte ich beinahe die ganze Zeit nicht gesehen.
    Zugleich mit uns kamen im Schlosse Wägen an, in denen die von Ingheim und noch einige Gäste saßen. Nachdem man sich bewillkommt hatte, und nachdem die Angekommenen sich von den überflüssigen Reisekleidern be freit hatten, teilte sich, wie es bei ähnlichen Gelegenheiten stets vorkömmt, die Gesellschaft in Gruppen, von denen einige vor dem Hause standen und plauderten, andere auf den Sandwegen im Rasen herumgingen, wieder andere gegen den Meierhof wandelten. Als die Abendröte hinter den Bäumen erschien, die in schönen Zeilen im Westen des Schlosses die Felder säumten, und als ihr Glühen immer blässer wurde und dem Gelb des Spätabends Platz machte, sammelten sich die Leute wieder. Die einen kehrten von ihrem Spaziergange, die anderen von ihrem Gespräche, die dritten von ihrer Betrachtung verschiedener Gegenstände zurück, und man begab sich in das Speisezimmer. In demselben begann nun ein Abend, wie sie auf dem Lande, wo man von dem Umgange mit seinesgleichen viel ausgeschlossener ist, zu den vergnügtesten gehören. Ich habe diese Betrachtung, da ich im Sommer immer ferne von der Stadt war, öfter machen können. Da man Menschen, mit denen man gleiche Gesinnungen und gleiche Meinungen hat, auf dem Lande viel seltener sieht als in der Stadt, da man mit dem Raume nicht so kargen muß wie in der Stadt, wo jede Familie nur das mit vielen Kosten erschwingt, was sie für sich und nächste Angehörige braucht, da die Lebensmittel auf dem Lande gewöhnlich aus der ersten und unmittelbaren Quelle bei der Hand sind, auch strenge Anforderungen hierin nicht gemacht werden: so ist man auf dem Lande viel gastfreundlicher als in der Stadt, und Gelegenheiten, wo man sich in einem Zimmer und um einen Tisch versammelt, werden da viel fröhlicher, ungezwungener und auch herzlicher begangen, weil man sich freut, sich wieder zu sehen, weil man um alles fragen will, was sich an den verschiedenen Stellen, woher die Ankömmlinge gekommen sind, zugetragen hat, weil man die eigenen Erlebnisse mitteilen, und weil man seine Ansichten austauschen will.
    Der Tisch war schon gedeckt, der Hausverwalter wies allen ihre Plätze an, die zur Vermeidung von dennoch möglichen Verwirrungen noch überdies durch von seiner Hand geschriebene Zettel bezeichnet

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