Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
Vom Netzwerk:
mit beeilten Schritten an der Eppichwand hin, und entfernte sich in das Gebüsch. In kurzem sah ich den Schimmer ihres Kleides verschwinden. Eine ganz kleine Zeit blieb ich stehen, dann ging ich in die Grotte hinein. Ich setzte mich auf dieselbe Marmorbank, auf der sie gesessen war, und sah in das Rinnen des Wassers, sah auf die einsame Alabasterschale, die neben dem Becken stand, und sah auf den ruhigen, glänzenden Marmor. Ich saß sehr lange. Da sich Stimmen näherten, und da ich vermuten mußte, daß man die Brunnengestaltbesuchen würde, stand ich auf, ging aus der Grotte, ging in das Gebüsch, und begab mich auf denselben Wegen, auf denen ich gekommen war, in das Schloß zurück.
    Der Mittag vereinigte noch einmal alle Gäste bei dem Mahle. Mehrere von ihnen hatten beschlossen, gleich nach demselben fort zu fahren, um noch vor der Nacht ihre Heimat zu erreichen. Man brachte einen fröhlichen Trinkspruch aus auf die schöne Gestaltung des Schlosses und einen Dank für die herzliche Bewirtung. Der Spruch wurde mit einem Wunsche für das Wohl der Gesellschaft und für baldiges Wiedersehen erwidert. Die heitere Sommersonne verklärte das Zimmer, und die Blumen des Gartens schmückten es.
    Nach dem Mahle fuhren mehrere der Gäste fort, und im Laufe des Nachmittages entfernten sich alle.
    Wir, die nach dem Asperhofe mußten, hatten beschlossen, morgen früh abzufahren.
    Bei dem Abendessen kam das Gespräch auf das Unternehmen an dem Hause. Ich sah, daß die Übriggebliebenen schon einig waren. Es sprach nun mein Gastfreund, es sprachen Eustach und Roland. Sie hatten alle meine Ansicht. Ich wurde aufgefordert, auch meine Meinung zu sagen. Ich sprach sie nach meiner innern Empfindung aus. Alle mochten sie wohl so erwartet haben. Über den Aufwand zur Deckung der künftigen Kosten sprach mein Gastfreund mit Mathilden besonders. Durch das Abschlagen der Steine mit scharfen Hämmern hatten sich die Auslagen größer gezeigt, als man anfangs vermuten konnte. Mein Gastfreund riet daher, daß man die Arbeit auf längere Fristen ausdehnen solle, wodurch die Kosten weniger empfindlich würden, und, da doch das Schaffen des Schönen das Vergnügen bilde, dieses Vergnügen sich verlängere. Man billigte den Vorschlag, und freute sich auf das Wachsen des Edleren, und freute sich auf den Augenblick, wenn das Haus in einem würdigen Gewande da stehen würde, und man die Beruhigung hätte, es so dem künftigen Besitzer übergeben zu können.
    Mit dem Anbruche des nächsten Tages fuhren mein Gastfreund, Eustach, Roland, Gustav und ich auf dem Wege nach dem Rosenhause dahin.
    Als ich in Hinsicht der eben zugebrachten Tage etwas über das Landleben sagte und die Annehmlichkeiten desselben berührte, und als wir eine Zeit über diesen Gegenstand gesprochen hatten, sagte mein Gastfreund: »Das gesellschaftliche Leben in den Städten, wenn man es in dem Sinne nimmt, daß man immer mit fremden Personen zusammen ist, bei denen man entweder mit andern zum Besuche ist, oder die mit andern bei uns sind, ist nicht ersprießlich. Es ist das nämliche Einerlei, wie das Leben in Orten, die den großen Städten nahe sind. Man sehnt sich, ein anderes Einerlei aufzusuchen; denn wohl ist jedes Leben und jede Äußerung einer Gegend ein Einerlei, und es gewährt einen Abschluß, von dem einen Einerlei in ein anderes über zu gehen. Aber es gibt auch ein Einerlei, welches so erhaben ist, daß es als Fülle die ganze Seele ergreift, und als Einfachheit das All umschließt. Es sind erwählte Menschen, die zu diesem kommen und es zur Fassung ihres Lebens machen können.«
    »In der Weltgeschichte kömmt wohl Ähnliches vor«, sagte ich.
    »In der Weltgeschichte kömmt es vor,« antwortete er, »wo ein Mensch durch eine große Tat, die sein Leben erfüllt, diesem Leben eine einfache Gestalt geben kann, abgelöst von allem Kleinlichen – in der Wissenschaft, wo ein großartiges Feld höchsten Erringens vor dem Menschen liegt – oder in der Klarheit und Ruhe der Lebensanschauungen, die endlich alles auf einige ausgedehnte, aber einfältige Grundlinien zurück führt. Jedoch sind auch hier Maße und Abstufungen wie in allen andern Dingen des Lebens.«
    »Von den zwei Hauptzeiträumen, welche das menschliche Geschlecht betroffen haben,« erwiderte ich, »von dem sogenannten antiken und dem heutigen, dürfte wohl der griechisch-römische das meiste von dem Gesagten aufzuweisen haben.«
    »Wir wissen zuletzt gar nicht, welche Zeiträume es in der Geschichte

Weitere Kostenlose Bücher