Werke
gegeben hat«, antwortete er. »Die Griechen und Römer sind unserer Zeit am nächsten, wir sind aus ihnen hervor gegangen, und wissen von ihnen auch das meiste. Wer weiß, wie viele Völkerabschnitte es gegeben hat, und wie viele unbekannte Geschichtsquellen noch verborgen sind. Wenn einmal ganze Reihen solcher Völkerzustände wie Griechen-und Römertum vorliegen, dann läßt sich eher über unsere Frage etwas sagen. Oder sind etwa solche Reihen nur dagewesen und vergessen worden, und werden überhaupt die hintersten Stücke der Weltgeschichte vergessen, wenn sich vorne neue ansetzen und ihrer Entwicklung entgegen eilen? Wer wird dann nach zehntausend Jahren noch von Hellenen oder von uns reden? Ganz andere Vorstellungen werden kommen, die Menschen werden ganz andere Worte haben, mit ihnen in ganz anderen Sätzen reden, und wir würden sie gar nicht verstehen, wie wir nicht verstehen würden, wenn etwas zehntausend Jahre vor uns gesagt worden wäre und uns vorläge, selbst wenn wir der Sprache mächtig wären. Was ist dann jeder Ruhm? Aber kehren wir zu unserem Gegenstande zurück, und sehen wir von Egyptern, Assyrern, Indern, Medern, Hebräern, Persern, von denen Kunde zu uns herüber gekommen ist, ab, und vergleichen wir uns nur allein mit der griechisch-römischen Welt, so dürfte in ihr wirklich mehr einfache Lebensgröße gelegen sein, alsin der unsern liegt. Ich verwundere mich oft, wenn ich in der Lage bin, zu entscheiden, welchen von beiden ich den Preis geben soll, Cäsars Taten oder Cäsars Schriften, wie sehr ich im Schwanken begriffen bin, und wie wenig ich es weiß. Beides ist so klar, so stark, so unbeirrt, daß wir wenig desgleichen haben dürften.«
»Jene alten Verhältnisse des Handelns und Denkens waren aber, wie ich glaube, auch weniger verwickelt als die unsrigen«, sagte ich.
»Sie hatten einen nicht so ausgedehnten Schauplatz wie wir,« erwiderte er, »obwohl auch der Platz der Taten zu Cäsars Zeit – Britannien, Gallien, Italien, Asien, Afrika- oder zu Alexanders Zeit – Griechenland und Orient nicht ganz klein war. Ihre Verhältnisse nach außen gestalteten sich daher leichter; aber im Innern dürften sie bei der großen Zahl der mithandelnden Personen, von denen die meisten Stimme und Gewalt in Staatsdingen hatten, nicht so leicht gewesen sein, und die Macht, diese Gemüter durch Wort, Erscheinung und Handlung zu gewinnen und zu leiten, dürfte schwierig zu erwerben gewesen sein, und dürfte eben dem Wesen eines Mannes die feste Gestalt aufgedrückt haben, die wir so oft an ihm bewundern. Unsere Zeit ist eine ganz verschiedene. Sie ist auf den Zusammensturz jener gefolgt, und erscheint mir als eine Übergangszeit, nach welcher eine kommen wird, von der das griechische und römische Altertum weit wird Übertroffen werden. Wir arbeiten an einem besondern Gewichte der Weltuhr, das den Alten, deren Sinn vorzüglich auf Staatsdinge, auf das Recht und mitunter auf die Kunst ging, noch ziemlich unbekannt war, an den Naturwissenschaften. Wir können jetzt noch nicht ahnen, was die Pflege dieses Gewichtes für einen Einfluß haben wird auf die Umgestaltung der Welt und des Lebens. Wir haben zum Teile die Sätze dieser Wissenschaften noch als totes Eigentum in den Büchern oder Lehrzimmern, zum Teile haben wir sie erst auf die Gewerbe, auf den Handel, auf den Bau von Straßen und ähnlichen Dingen verwendet, wir stehen noch zu sehr in dem Brausen dieses Anfanges, um die Ergebnisse beurteilen zu können, ja wir stehen erst ganz am Anfange des Anfanges. Wie wird es sein, wenn wir mit der Schnelligkeit des Blitzes Nachrichten über die ganze Erde werden verbreiten können, wenn wir selber mit großer Geschwindigkeit und in kurzer Zeit an die verschiedensten Stellen der Erde werden gelangen, und wenn wir mit gleicher Schnelligkeit große Lasten werden befördern können? Werden die Güter der Erde da nicht durch die Möglichkeit des leichten Austauschens gemeinsam werden, daß allen alles zugänglich ist? Jetzt kann sich eine kleine Landstadt und ihre Umgebung mit dem, was sie hat, was sie ist, und was sie weiß, absperren,bald wird es aber nicht mehr so sein, sie wird in den allgemeinen Verkehr gerissen werden. Dann wird, um der Allberührung genügen zu können, das, was der Geringste wissen und können muß, um vieles größer sein als jetzt. Die Staaten, die durch Entwicklung des Verstandes und durch Bildung sich dieses Wissen zuerst erwerben, werden an Reichtum, an Macht und Glanz
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