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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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»Gott segne dich auf deinem Wege, er ist der entscheidende, du bist nie einen so wichtigen gegangen. Wenn mein Gebet und meine Wünsche etwas vermögen, wirst du ihn nicht bereuen.«
    Sie küßte mich auf den Mund und machte mir das Zeichen des Kreuzes auf die Stirn.
    Der Vater sagte: »Du hast von deiner frühen Jugend an erfahren, daß ich mich nicht in deine Angelegenheiten menge; handle selbstständig, und trage die Folgen. Wenn du mich frägst, wie du jetzt getan hast, so werde ich dir immer beistehen, in so weit es meine größere Erfahrung vermag. Aber einen Rat möchte ich dir doch in dieser wichtigen Angelegenheit geben, oder vielmehr nicht einen Rat geben, sondern deine Aufmerksamkeit möchte ich auf einen Umstand leiten, auf den du vielleicht in der Befangenheit dieser Tage nicht gedacht hast. Ehe du das ernste Band schließest, ist noch manches für dich notwendig, deinen Geist und dein Gemüt zu stärken und zu festigen. Eine Reise in die wichtigsten Städte Europas und zu den bedeutendsten Völkern ist ein sehr gutes Mittel dazu. Du kannst es, deine Vermögenslage hat sich sehr gebessert, und ich lege wohl auch etwas dazu, wie ich überhaupt mit dir Abrechnung halten muß.«
    Ich war sehr bewegt und konnte nicht sprechen. Ich nahm den Vater nur bei der Hand und dankte ihm stumm.
    Klotilde nahm mit Tränen Abschied und sagte leise, als ich sie an mich drückte: »Gehe mit Gott, es wird alles recht sein, was du tust, weil du gut bist, und weil du auch klug bist.«
    Ich sprach die Hoffnung aus, daß ich bald wieder kommen werde, und ging die Treppe hinab.
    Meine Reise war sehr schnell, weil überall die Pferde schon bestellt waren, weil ich nirgends schlief und zum Essen nur die kürzeste Zeit verwendete.
    Als ich im Sternenhofe in das Zimmer Mathildens trat, kam sie mir entgegen und sagte: »Seid willkommen, es ist alles, wie ich gedacht habe; denn sonst wäret Ihr nicht zu mir, sondern zu unserm Freunde gekommen.«
    »Meine Angehörigen ehren Euch, ehren unseren Freund, und glauben an unser Glück und an unsere Zukunft«, erwiderte ich.
    »Seid willkommen, Natalie,« sagte ich, als diese gerufen worden und in das Zimmer getreten war, »ich bringe freundliche Grüße von den Meinigen.«
    »Seid willkommen,« antwortete sie, »ich habe immer gehofft, daß es so geschehen und daß Eure Abwesenheit so kurz sein wird.«
    »Meine Hoffnung war wohl auch dieselbe,« erwiderte ich, »aber jetzt ist alles klar, und jetzt ist völlige Beruhigung vorhanden.«
    Wir blieben bei Mathilden und sprachen einige Zeit mit einander.
    Am zweiten Tage nach meiner Ankunft reiste ich zu meinem Gastfreunde. Mathilde hatte mir einen Wagen und Pferde mit gegeben.
    Als ich in das Schreinerhaus gekommen war, in welchem sich mein Gastfreund bei meiner Ankunft befand, reichte er mir die Hand und sagte: »Ich bin von Eurer Rückkunft bereits benachrichtigt; man hat mir von dem Sternenhofe gleich nach Eurem Eintreffen in demselben geschrieben.«
    Eustach sah mich seltsam an, so daß ich vermutete, er wisse auch bereits von der Sache.
    Wir gingen nun in das Haus, und man öffnete mir meine gewöhnliche Wohnung. Gustav kam nach einer Weile zu mir herauf und konnte seiner Freude beinahe kein Ende machen, daß alles sei, wie es ist. Mein Gastfreund hatte ihm die Tatsache erst heute eröffnet. Er sprach ohne Rückhalt aus, daß ihm die Sache so weit, weit lieber sei, als wenn Tillburg seine Schwester aus dem Hause geführt hätte, dessen Wille wohl immer dahin gerichtet gewesen wäre.

2. Das Vertrauen
    Ich blieb einige Zeit bei meinem Gastfreunde, teils weil er es selber verlangte, teils um jene Ruhe zu gewinnen, die ich sonst immer hatte, und die ich brauchte, um in meinen Bestrebungen klar zu sehen und sie nach gemachter Einsicht zu ordnen.
    Die Leute blickten mich fragend oder verwundert an. Vermutlich hatte es sich ausgebreitet, in welche Beziehung ich zu Personen getreten bin, welche Freunde des Hauses sind, und welche oft in dasselbe als Besuchende kommen. Nirgends aber trat mir der Anschein entgegen, als ob man mir das Verhältnis mißgönnte oder es mit ungünstigen Augen ansähe. Im Gegenteile, die Leute waren fast freundlicher und dienstwilliger als vorher. Ich kam in das Gartenhaus. Der Gärtner Simon trat mir mit einer Art Ehrerbietung entgegen und rief seine Gattin Clara herbei, um ihr zu sagen, daß ich da sei, und um sie zu veranlassen, daß sie mir ihre Verbeugung mache. Er hatte dies sonst nie getan. Als diese Art von

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