Werke
Erwartungen von dem neuen Bunde und freuten sich der Übereinstimmung zwischen mir und der Schwester. Ich mußte ihnen nun, wie ich es schon gegen Klotilde getan hatte, noch mehreres von Natalien erzählen, wie sie sei, was sie tue, wohin sich ihre Bildung neige, und wie sie ihre Jugend könne zugebracht haben. Auch von Mathilden und dem Sternenhofe, so wie von dem Asperhofe und meinem Gastfreunde mußte ich noch manches nachholen, was das Bild ergänzen sollte, welches sich die Meinigen von den dortigen Verhältnissen machten. Ich sagte ihnen auch, daß ein günstiges Geschick hier walte, da gerade Natalie jenes Mädchen gewesen sei, welches einmal bei der Aufführung des ›König Lear‹ in einer Loge neben mir so ergriffen gewesen sei, welches mir großen Anteil eingeflößt und mich, der ich den Schmerz im Trauerspiele geteilt hätte, im Herausgehen gleichsam zum Danke freundlich angeblickt habe. Erst in letzter Zeit sei das aufgeklärt worden.
Der Vater sagte, daß die Familien, die durch längere Zeit gleichsam durch ein unsichtbares Band verbunden gewesen waren, durch das Band der geistigen Entwicklung seines Sohnes und des Verkehrs desselben mit beiden Teilen, auch in der Wirklichkeit sich nähern, sich kennen lernen und in eine Verbindung treten werden.
Die Mutter entgegnete, das sei jetzt die dringendste Veranlassung, ja es sei nicht nur eine gesellschaftliche, sondern sogar eine Familienpflicht, daß der Vater, welcher, je älter er werde, mit einer desto wärmeren Ausdauer, welche unbegreiflich ist, sich an seine Arbeitsstube kette, nun endlich einmal sich den Geschäften entreiße, eine Reise mache, und sich in derselben nur mit heiteren und schönen Dingen beschäftige.
»Nicht nur ich werde eine Reise machen,« antwortete er, »sondern auch du und Klotilde. Wir werden die Menschen dort, welche meinen Sohn so freundlich aufgenommen haben, besuchen. Aber auch sie werden eine Reise machen; denn auch sie werden zu uns in die Stadt kommen und in diesen Zimmern verweilen. Wann aber diese Reisen stattfinden werden, läßt sich jetzt noch gar nicht beurteilen. Jedenfalls muß unser Sohn zuerst allein wieder hinreisen, und muß die Einwilligung seiner Familie überbringen. Seinem Ermessen und hauptsächlich den Ratschlägen seines älteren Freundes wird es dann anheimgegeben sein, wie die Sachen im weiteren Verlaufe sich entwickeln sollen. Die Reise unseres Sohnes muß aber sogleich geschehen; denn so fordert es die neue Pflicht, die er eingegangen ist. Wir werden abwarten, welche Nachrichten er uns von seiner Ankunft im Sternenhofe zusenden, oder welche Meinung er uns selber überbringen wird.«
»Die Reise, mein Vater,« entgegnete ich, »wünsche ich, so bald es nur möglich ist, anzutreten, am liebsten sogleich morgen, oder, wenn ein Aufschub sein muß, doch übermorgen.«
»Es wird nicht verspätet sein, wenn du übermorgen reisest, da sich doch noch einiges zum Besprechen ergeben kann«, antwortete er.
Klotilde äußerte ihre Freude, daß einmal alle eine Reise antreten würden.
»Und für den guten Vater könnte nun öfter der Anlaß gegeben sein,« sagte die Mutter, »daß er in das Freiere und Weitere komme, daß er reine Luft atme, und Berg und Wald und Feld betrachte.«
»Ich werde doch einmal, meine liebe Therese, mein Buch abschließen,« erwiderte der Vater, »und es wird für mich der Stillstand der Geschäfte eintreten. Sie mögen in andere Hände übergehen, oder sich ganz auflösen. Dann wird es Zeit sein, im Anblicke von Berg, Wald und Feld ein Haus zu mieten oder zu bauen, daß wir im Sommer dort und im Winter hier wohnen, wenn wir nicht gar lieber auch manchen Winter draußen bleiben wollen.«
»So hast du oft gesagt,« antwortete die Mutter, »aber es ist nicht geschehen.«
»Wenn Zeit und Ort darnach angetan sind, wird es geschehen«, erwiderte er.
»Wenn dann noch deine Gesundheit und dein geistiges Wesen davon den gewünschten Nutzen ziehen,« sagte die Mutter, »werde ich jeden Winter preisen, welchen wir mitten in irgend einem Lande zubringen.«
»Es wird sich vieles ereignen, woran wir jetzt nicht denken«, antwortete der Vater.
Wir standen von dem Frühmahle auf, und jedes ging an seine Geschäfte.
Im Laufe des Vormittages ließ mich die Mutter wieder zu sich bitten und fragte mich, wie ich es denn zu halten gedenke, wo ich mit Natalien wohnen wolle. Es sei in dem Hause Platz genug, nur müßte alles gerichtet werden. Auch seien viele andere Dinge zu ordnen, besonders
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