Werke
Vorstellung vorüber war, führte er mich erst in den Garten, wie er mit kurzem Ausdrucke bloß seine Gewächshäuser nannte. Er zeigte mir wieder seine Pflanzen, erklärte mir, was neu erworben worden war, was sich besonders schön entwickelt habe, und was in gutem Stande geblieben sei; er erzählte mir auch, welche Verluste man erlitten habe, wie die Pflanzen im schönsten Gedeihen gewesen seien, die man verloren habe, und welchen besonderen Ursachen man ihren Verlust zuschreiben müsse. Er bedachte hiebei nicht, daß etwa meine Gedanken anderswo sein könnten, wie er bei einer früheren Gelegenheit auch nicht geahnt hatte, daß mein Gemüt abwesend sei, da er mir ebenfalls mit vieler Lust und großer Umsicht seine Gewächse erklärt hatte. Besonders eifrig war er in der Darlegung der Vorzüge und Schönheiten der Rose, welche die Frau des Sternenhofes für den Herrn des Hauses aus England verschrieben habe. Er führte mich zu ihr und zeigte mir alle Vortrefflichkeiten derselben. Dann mußte ich auch mit ihm in das Kaktushaus gehen, wo er mir sogleich den Cereus Peruvianus wies, der durch meine Güte, wie er sich ausdrückte, in den Asperhof gekommen sei. Er wachse bereits steilrecht in seinem Glasfache empor, was durch viele Mühe und Kunst bewirkt worden sei. Die gelbliche Farbe vom Inghofe sei in die dunkelblaugrüne, gleichsam mit einem Dufte überflogene übergegangen, welche die völlige Gesundheit der Pflanze beweise. Wenn es so fortgehe, so könne auch noch die Freude der fabelhaften weißen Blumen der lebendigen Säule in dieses Haus kommen. Er führte mich dann zu einigen Kaktusgestalten, die eben im Blühen begriffen waren. Es lag eine ziemlichgroße Sammellinse in der Nähe, um die Blumen und nebstbei auch die Waffen und die Gestaltungen der Pflanzenkörper unter dem Einflusse des vollen Sonnenlichtes betrachten zu können. Er bat mich, die Linse zu gebrauchen. Es war eine farblos zeigende und zugleich eine, bei welcher die Abweichung wegen der Kugelgestalt auf ein Kleinstes gebracht war. Überhaupt wies sie sich als vortrefflich aus. Er erzählte mir, daß der Herr das Vergrößerungsglas eigens zum Betrachten der Kakteen habe machen, es in das schöne Elfenbein fassen und in das reine Sammetfach habe legen lassen. Heute erst sei er noch in dem Kaktushause gewesen und habe mit dem Glase die Blüten und viele Stacheln angeschaut. Ich bediente mich des Glases und sah in den von den seidenartigen Blumenblättern umstandenen gelben, weißen oder rosafarbigen Kelch hinein, wie sie eben vorhanden waren. Daß der Glanz dieser Blumenfarben besonders schön, weit schöner als die feinste Seide und als der der meisten Blumen sei, wußte ich ohnehin, mußte es mir aber doch von dem Gärtner Simon zeigen lassen, so wie er auch der schönen, grün oder rosig oder dunkelrotbraun dämmernden Tiefe des Kelches erwähnte, aus der die Wucht der schlanken Staubfäden aufsteige, die keine Blüte so zierlich habe. Überhaupt seien die Kaktusblumen die schönsten auf der Welt, wenn man etwa einige Schmarotzergewächse und ganz wenigeandere vereinzelte Blumen ausnehme. Er machte mich auch auf einen Umstand aufmerksam, den ich nicht wußte, oder den ich nicht beobachtet hatte, daß nämlich bei einigen Kugelkaktus sich die Blumen stets aus neuen Stachelaugen meistens mit ganz kurzem Stengel entwickeln, während sie bei andern auf einem mehr oder minder hohen Stiele aus vorjährigen oder noch älteren Stachelaugen sich erheben. Er sagte, das werde gewiß einmal einen Grund zu einer neuen Einteilung dieser Kaktusgestalt geben. Er zeigte mir an vorhandenen Gewächsen den Unterschied, und ich mußte ihn erkennen. Er sagte, daß dies nicht zufällig sei, und daß er die Tatsache schon dreißig Jahre beobachte. Damals, als er jung gewesen, seien kaum einige dieser Gestaltungen bekannt gewesen, jetzt vermehre sich die Kenntnis derselben bedeutend, seit die Menschen zur Einsicht ihrer Schönheit gekommen sind, und Reisende Pflanzen aus Amerika senden, wie jener Reisende, der von deutschen Landen aus fast in der ganzen Welt gewesen sei. Es könne nur Unverstand oder Oberflächlichkeit oder Kurzsichtigkeit diese Pflanzengattung ungestaltig nennen, da doch nichts regelmäßiger und mannigfaltiger und dabei reizender sei als eben sie. Nur eine erste genaue Betrachtung und Vergleichung derselben sei nötig, und nur ein sehr kurzes Fortsetzen dieser Betrachtung, damit die Gegner dieser Pflanzen in warme Verehrer derselbenübergehen – es
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