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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Anlage seines Werkes seine Mitmenschen vor Augen habe und dahin rechne, wie er es einrichten müsse, daß auf sie die Wirkung gemacht werde, die er beabsichtiget.«
    »Ich hege keinen Zweifel, daß es nicht so ist,« erwiderte mein Gastfreund, »wenn der Mensch überhaupt seine ihm angeborne Anlage nicht kennt, selbst wenn sie eine sehr bedeutende sein sollte, und wenn er mannigfaltige Handlungen vornehmen muß, ehe seine Umgebung ihn oder er sich selber inne wird, ja wenn er zuletzt sich seiner Freiheit gemäß seiner Anlage hingeben oder sich von ihr abwenden kann: so wird er wohl im Wirken dieser Anlage nicht so zu rechnen im Stande sein, daß sie an einem gewissen Punkte anlanden müsse; sondern je größer die Kraft ist, um so mehr, glaube ich, wirkt sie nach den ihr eigentümlichen Gesetzen, und das dem Menschen inwohnende Große strebt unbewußt der Äußerlichkeiten seinem Ziele zu, und erreicht desto Wirkungsvolleres, je tiefer und unbeirrter es strebt. Das Göttliche scheint immer nur von dem Himmel zu fallen. Es hat wohl Menschen gegeben, welche berechnet haben, wie ein Erzeugnis auf die Mitmenschen wirken soll, die Wirkung ist auch gekommen, sie ist oft eine große gewesen, aber keine künstlerische und keine tiefe; sie haben etwas anderes erreicht, das ein Zufälliges und Äußeres war, das die, welche nach ihnen kamen, nicht teilten, und von dem sie nicht begriffen, wie es auf die Vorgänger hatte wirken können. Diese Menschen bauten vergängliche Werke und waren nicht Künstler, während das durch die wirkliche Macht der Kunst Geschaffene, weil es die reine Blüte der Menschheit ist, nach allen Zeiten wirkt und entzückt, so lange die Menschen nicht ihr Köstlichstes, die Menschheit, weggeworfen haben.«
    »Es ist einmal in der Stadt die Frage gestellt worden,« sagte ich, »ob ein Künstler, wenn er wüßte, daß sein Werk, das er beabsichtigt, zwar ein unübertroffenes Meisterwerk sein wird, daß es aber die Mitwelt nicht versteht, und daß es auch keine Nachwelt verstehen wird, es doch schaffen müsse oder nicht. Einige meinten, es sei groß, wenn er es täte, er tue es für sich, er sei seine Mit- und Nachwelt. Andere sagten, wenn er etwas schaffe, von dem er wisse, daß es die Mitwelt nicht verstehe, so sei er schon töricht, und vollends, wenn er es schaffe und weiß, daß auch keine Nachwelt es begreifen wird.«
    »Dieser Fall wird wohl kaum sein,« antwortete mein Gastfreund, »der Künstler macht sein Werk, wie die Blume blüht, sie blüht, wenn sie auch in der Wüste ist und nie ein Auge auf sie fällt. Der wahre Künstler stellt sich die Frage gar nicht, ob sein Werk verstanden werden wird oder nicht. Ihm ist klar und schön vor Augen, was er bildet, wie sollte er meinen, daß reine, unbeschädigte Augen es nicht sehen? Was rot ist, ist es nicht allen rot? Was selbst der gemeine Mann für schön hält, glaubt er das nicht für alle schön? Und sollte der Künstler das wirklich Schöne nicht für die Geweihten schön halten? Woher käme denn sonst die Erscheinung, daß einer ein herrliches Werk macht, das seine Mitwelt nicht ergreift? Er wundert sich, weil er eines andern Glaubens war. Es sind dies die Größten, welche ihrem Volke voran gehen und auf einer Höhe der Gefühle und Gedanken stehen, zu der sie ihre Welt erst durch ihre Werke führen müssen. Nach Jahrzehenden denkt und fühlt man wie jene Künstler, und man begreift nicht, wie sie konnten mißverstanden werden. Aber man hat durch diese Künstler erst so denken und fühlen gelernt. Daher die Erscheinung, daß gerade die größten Menschen die naivsten sind. Wenn nun der früher angegebene Fall möglich wäre, wenn es einen wahren Künstler gäbe, der zugleich wüßte, daß sein beabsichtigtes Werk nie verstanden werden würde, so würde er es doch machen, und wenn er es unterläßt, so ist er schon gar kein Künstler mehr, sondern ein Mensch,der an Dingen hängt, die außer der Kunstliegen. Hieher gehört auch jene rührende Erscheinung, die von manchen Menschen so bitter getadelt wird, daß einer, dem recht leicht gangbare Wege zur Verfügung ständen, sich reichlich und angenehm zu nähren, ja zu Wohlstand zu gelangen, lieber in Armut, Not, Entbehrung, Hunger und Elend lebt, und immer Kunstbestrebungen macht, die ihm keinen äußeren Erfolg bringen, und oft auch wirklich kein Erzeugnis von nur einigem Kunstwerte sind. Er stirbt dann im Armenhause oder als Bettler oder in einem Hause, wo er aus Gnaden gehalten wurde.«
    Wir

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