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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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mit Eurer Gattin unsichtbar dieses Haus bewohnt, und ehrt es, da es Eure Gestalt nun selber in seinen Räumen sieht. Ihr, Klotilde, wandeltet mit Euren Eltern hier, und seid gleichfalls in Eurem Eigentume. Zu dir, Mathilde, spreche ich erstjetzt, nachdem ich zu den andern gesprochen habe, die nicht so oft die Schwelle dieses Hauses betreten haben wie du. Du bringst uns heute etwas, das allen lieb sein wird. Sei deshalb nicht mehr gegrüßt und willkommen, als du hier immer gegrüßt und willkommen gewesen bist. Sei willkommen, Natalie, und seid gegrüßet, Heinrich. Eustach, Roland, Gustav sind als Zeugen hier von dem, was da geschieht.«
    Meine Mutter antwortete hierauf: »Ich habe immer gedacht, daß wir in diesem Hause werden herzlich empfangen werden, es ist so, ich danke sehr dafür.«
    »Ich danke auch, und möge die gute Meinung von uns sich bewähren«, sagte der Vater.
    Klotilde verneigte sich nur.
    Mathilde sprach: »Sei bedankt für deinen Gruß, Gustav; und wenn du sagst, daß ich etwas bringe, das allen lieb sein wird, so berichte ich, daß Heinrich Drendorf und Natalie vor neun Tagen im Sternenhofe verlobt worden sind. Wir haben den Weg zu dir gemacht, um deine Billigung zu dieser Vornahme zu erwirken. Du hast immer wie ein Vater an Natalien gehandelt. Was sie ist, ist sie größtenteils durch dich. Daher könnte ein Band sie nie beglücken, das deinen vollen Segen nicht hätte.«
    »Natalie ist ein gutes, treffliches Mädchen,« erwiderte mein Gastfreund, »sie ist durch ihr innerstes Wesen und durch ihre Erziehung das geworden, was sie ist. Ich mag ein weniges beigetragen haben, wie alle nicht bösen Menschen, mit denen wir umgehen, zu unserem Wesen etwas Gutes beitragen. Du weißt, daß der geschlossene Bund meine Billigung hat, und daß ich ihm alles Glück wünsche. Weil du mich aber Vater Nataliens nennst, so mußt du erlauben, daß ich auch als Vater handle. Natalie erhält als meine Erbin den Asperhof mit allem Zubehör und allem, was darin ist, sie erhält auch, da ich gar keine Verwandten besitze, meine ganze übrige Habe. Die Ausfolgung geschieht in der Art, daß sie einen Teil des gesamten Vermögens an ihrem Vermählungstage empfängt, nebst den Papieren, welche ihr das Anrecht auf den Rest zusprechen, der ihr an meinem Todestage anheim fällt. Einige Geschenke an Freunde und Diener werden in den Papieren enthalten sein, die sie gerne verabfolgen wird. Weil ich Vater bin, so werde ich auch meine liebe Tochter ausstatten, von ihrer Mutter kann sie nur Geschenke annehmen. Und einen Eigensinn müßt ihr mir gestatten, dessen Bekämpfung von eurer Seite mich sehr schmerzen würde. Die Vermählung soll auf dem Asperhofe gefeiert werden. Hieher ist der Bräutigam vor mehreren Jahren zuerst gekommen, hier habt ihr ihn kennen gelernt, hier ist vielleicht die Neigung gekeimt, und hier endlich wohnt ja der Vater, wie er eben genannt worden ist. Vom Vermählungstage an wird im Asperhofe für die jungenEheleute eine Wohnung in Bereitschaft stehen, es wird aber an sie nicht die Forderung gestellt werden, daß sie dieselbe benützen. Sie sollen nach ihrer Wahl ihre Wohnung aufschlagen: entweder im Asperhofe oder im Sternenhofe oder in der Stadt, oder auch abwechslungsweise, wie es ihnen gefällt.«
    Mathilde war während dieser ganzen Rede mit Würde und Anstand in ihrem Sitze gesessen, wie überhaupt in der ganzen Versammlung ein tiefer Ernst herrschte. Mathilde suchte ihre Haltung zu bewahren; allein aus ihren Augen stürzten Tränen, und ihr Mund zitterte vor starker Bewegung. Sie stand auf und wollte reden; aber sie konnte nicht, und reichte nur ihre Hand an Risach. Dieser ging um den Tisch – denn eine Ecke desselben trennte sie –, drückte Mathilden sanft in ihren Sitz nieder, küßte sie sachte auf die Stirne, und strich einmal mit seiner Hand über ihre Haare, die sie glatt gescheitelt über der feinen Stirne hatte.
    Mein Vater nahm hierauf, da Risach wieder an seinem Platze war, das Wort und sprach: »Es ist noch ein Vater da, welcher auch einige Worte reden und einige Bedingungen stellen möchte. Vor allem, Freiherr von Risach, empfanget den innigsten Dank von mir im Namen meiner Familie, daß Ihr ein Mitglied derselben zu einem Mitgliede der Eurigen aufzunehmen für würdig erachtet habt. Unserer Familie ist dadurch eine Ehre erzeigt worden, und mein Sohn Heinrich wird sich sicherlich bestreben, sich alle jene Eigenschaften zu erwerben, welche ihm zur Erfüllung seiner neuen Pflichten und

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