Werke
zur Darstellung jener Menschenwürde überhaupt nötig sind, ohne welche man ein Teil der besseren menschlichen Gesellschaft nicht sein kann. Ich hoffe, daß ich hierin für meinen Sohn bürgen kann, und Ihr selber hofft es, da Ihr ihn in die Stellung aufgenommen habt, in der er ist. Mein Sohn wird in die neue Haushaltung bringen, was nicht für unbillig erachtet werden soll. In meinem Hause in der Stadt wird eine anständige Wohnung für die Neuvermählten immer in Bereitschaft stehen, und wenn ich das Landleben einmal vorziehen sollte, so werden sie auch in meiner neuen Wohnung einen Platz finden. Ihr eigenes ständiges Haus mögen sie nach Belieben aufschlagen. Daß die Vermählung in dem Asperhofe sei, ist nach meiner Meinung gerecht, und ich glaube, es wird niemand die Maßregel bestreiten. Und nun habe ich noch eine Bitte an Euch, Freiherr von Risach, nehmt mich alten Mann und meine alte Gattin nebst unsrer Tochter nicht ungerne in Euren Familienkreis auf. Wir sind bürgerliche Leute, und haben als solche einfach gelebt; aber in jedem Verhältnisse unsere Ehre und unsern guten Namen aufrecht zu erhalten gesucht.«
»Ich kenne Euch schon lange,« antwortete Risach, »obwohl nicht persönlich, und habe Euch schon lange hoch geachtet. Noch höher achtete und liebte ich Euch, als ich Euren Sohn kennen gelernt hatte. Wie sehr es mich freut, in eine nähere Umgangsverbindung mit Euch zu kommen, kann Euch Euer Sohn sagen, und wird Euch die Zukunft zeigen. Was die Bürgerlichkeit anlangt, so gehörte ich zu diesem Stande. Vergängliche Handlungen, die man Verdienste nannte, haben mich auf eine Zeit aus ihm gerückt, ich kehre durch meine angenommene Tochter wieder zu ihm zurück, der mir allein gebührt. Ehrenvoller, würdiger Mann einer stettigen Tätigkeit und eines wohlgegründeten Familienlebens, wenn Ihr mich, der ich beides nicht habe, für wert erachtet, so kommt an mein Herz, und laßt uns die letzten Lebenstage freundlich mit einander gehen.«
Beide Männer verließen ihre Plätze, begegneten sich auf halbem Wege zu einander, schlossen sich in die Arme, und hielten sich einen Augenblick fest. Wie erschütternd das auf alle wirkte, zeigte die Tatsache, daß es totenstill im Zimmer war, und daß manche Augen feucht wurden.
Meine Mutter war, da Risach Mathilden verlassen hatte, zu ihr gegangen, hatte sich neben sie gesetzt und hatte ihre beiden Hände gefaßt. Die Frauen küßten sich und hielten sich noch immer beinahe umfangen.
Ich und Natalie traten jetzt vor Risach und sagten, daß wir ihm für alles Liebe und Gute gegen uns aufs tiefste danken, und daß unser einziges Bestreben sein werde, seiner guten Meinung über uns immer würdiger zu werden.
»Ihr seid lieb und freundlich und ehrlich,« sagte er, »und alles wird gut werden.«
Wir gingen wieder an unsere Plätze, und Eustach, Klotilde, Roland, Gustav und selbst die Eltern wünschten uns nun alles Glück und allen Segen.
Hierauf nahm das Gespräch eine Wendung auf einfachere und gewöhnlichere Dinge. Man stand auch öfter auf und mischte sich durcheinander. Meine Mutter hatte heute einige der schönsten geschnittenen Steine meines Vaters als Schmuck an ihrem Körper. Mein Gastfreund hatte öfter darauf hingeblickt; allein jetzt konnten er und Eustach dem Reize nicht mehr widerstehen, sie traten zu meiner Mutter, betrachteten verwundert die Steine, und sprachen über dieselben. Später kam auch Roland hinzu. Meinem Vater glänzten die Augen vor Freude.
Als das Gespräch noch eine Weile gedauert hatte, trennte man sich, und bestellte sich auf einen Spaziergang, der noch vor dem Mittagessen statt finden sollte. Auf dem Sandplatze vor dem Rosengitter an dem Hause wollte man sich versammeln.
Wir kleideten uns in andere Kleider, und kamen vor dem Hause zusammen.
Mein Vater, der wahrscheinlich sehr neugierig war, alles in diesem Hause zu sehen, hatte sich zu Risach gesellt, sie standen vor den Rosengewächsen, und mein Gastfreund erklärte dem Vater alles. Mathilde war an der Seite meiner Mutter, Klotilde und Natalie hielten sich an den Armen, und ich und Gustav so wie zu Zeiten auch Eustach und Roland hielten uns in der Nähe der alten Männer auf. Wir gingen von dem Sandplatze in den Garten, damit die Meinigen zuerst diesen sähen. Mein Gastfreund machte für meinen Vater den Führer, und zeigte und erklärte ihm alles. Wo meine Mutter und Klotilde an dem Gesehenen Anteil nahmen, wurde es ihnen von ihren Begleiterinnen erläutert.
»Da sehe ich ja
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