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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Euch nicht minder als Euren Gatten hieher gewünscht habe, so sage ich die Wahrheit, und Euer eigener Sohn ist gegen Euch Zeuge, wenn Ihr meine Worte bezweifeln wolltet. Es freut mich, Euch in mein Haus führen zu können, erlaubt, daß ich Eure Hand fasse. Mathilde, Natalie, Heinrich, ihr müsset heute etwas Nebensache sein, und dieses Fräulein, das ich wohl schon als Klotilde kenne, wird erlauben, daß ich sie auch ein wenig liebe und um Gegenneigung bitte. Gustav, führe das Fräulein.«
    »Gönnt mir die Gnade, Euch führen zu dürfen«, sagte Gustav zu Klotilden.
    Sie sah den Jüngling sanft an und sagte: »Ich bitte um die Gefälligkeit.«
    »Ehe wir gehen,« sagte mein Gastfreund noch, »sehet noch hier meine zwei ausgezeichneten Künstler Eustach und Roland, die mit mir in unserem Besitze leben, den ich Sorgenfrei nennen würde, wenn er nicht voll von Sorgen steckte. Sie wollen Euch vor dem Hause begrüßen. Seht da auch meine Katharine, die das Haus zusammenhält, und dann meinen Hausverwalter und Gärtner und andere, welche die Lust des Empfanges nicht missen wollten.«
    Mein Vater reichte jedem die Hand, und die Mutter und Klotilde verbeugten sich auf das artigste.
    Hierauf nahm mein Gastfreund den Arm meiner Mutter, mein Vater den Mathildens, ich Nataliens, Gustav Klotildens, und so gingen wir bei dem Eisengitter in den Garten und in das Haus. Die Wägen fuhren in den Meierhof. In dem Hause wurden wir gleich in unsere Zimmer geführt. Mathilde und Natalie gingen in ihre gewöhnliche Wohnung. Für meinen Vater und für meine Mutter war ein Aufenthalt von drei Zimmern eigens gerichtet worden. Sie hatten sehr schöne Wandbekleidungen und vorzügliche Geräte. Für alle und jede Bequemlichkeit war gesorgt. Klotilde hatte ein zierliches blaßblaues Zimmerchen daneben. Ich ging von der Wohnung meiner Eltern in meine Zimmer, welche die gewöhnlichen waren. Gustav besuchte mich hier in dem ersten Augen blicke und umschlang mich mit der größten Freude und Liebe.
    »Nun ist doch alles sicher und gewiß«, sagte er.
    »Sicher und gewiß,« entgegnete ich, »wenn Gott sein Vollbringen gibt. Jetzt bist du mein teurer, vielgeliebter Bruder in der Tat, wenn du es auch der Fassung nach erst in einiger Zeit wirst.«
    »Darf ich auch du sagen?« fragte er.
    »Von ganzem Herzen«, erwiderte ich.
    »Also du, mein geliebter, mein teurer Bruder«, sagte er.
    »Auf immer, so lange wir leben, was auch sonst für Zwischenfälle kommen mögen«, sagte ich.
    »Auf immer,« antwortete er, »aber jetzt kleide dich schnell um, damit du nicht zu spät kommst. Man wird in dem Besuchsaale zu ebener Erde noch einmal zu einem Gruße zusammenkommen, ehe man zum Mittagessen geht. Ich muß mich selber zurecht richten.«
    Es war so, wie Gustav gesagt hatte, und es war an alle die Einladung ergangen. Er verließ mich, und ich kleidete mich um.
    Wir versammelten uns in dem Besuchzimmer zu ebener Erde, in welchem ich, da ich das erste Mal in diesem Hause war, allein gewartet hatte, während mein Gastfreund gegangen war, ein Mittagessen für mich zu bestellen. Ich hatte damals den Gesang der Vögel hereingehört. Der eingelegte Fußboden war heute mit einem sehr schönen Teppiche ganz überspannt. Auch Eustach und Roland waren zu der Versammlung eingeladen worden.
    Als sich alle eingefunden hatten, stand mein Gastfreund, welcher so festlich angezogen war wie wir, auf und sprach: »Ich richte noch einmal an alle, welche gekommen sind, den Empfangsgruß innerhalb der Wände dieses Hauses. Es ist ein schöner Tag. Wenn gleich mancher liebe Freund und gewissermaßen Schlachtkamerade, den ich noch besitze, nicht hier ist, so kann eben nicht immer alles, was man liebt, versammelt sein. Das Eigentliche ist hier, ist aus einem lieben Anlasse hier, aus welchem ein noch schönerer Tag für manche hervorgehen kann. Ihr, sehr hochgeehrte Frau, die Mutter des jungen Mannes, welcher zu verschiedenen Malen unter dem Dache dieses Hauses gewohnt hat, seid dem Hause willkommen. Es hat Euren Namen oft gehört und die Namen Eurer Tugenden, und wenn der Schall der Rede oft auch ganz anderes zu verkünden schien, so gingen unbewußt Eure Eigenschaften daraus hervor, sammelten sich hier, und erzeugten Ehrerbietung und, erlaubt einem alten Manne das Wort, Liebe. Ihr, mein edler Freund – gönnt mir den Namen auch, den ich Euch so gerne gebe –, ein graues Haupt wie ich, aber ehrwürdiger in der Verehrung seiner Kinder, und darum auch in der anderer Leute, Ihr habt

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