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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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versammeln.«
    »In drei Tagen an Sobeslaw, in drei Tagen an Sobeslaw«, riefen fast alle.
    Und es ward wieder ein Rufen und Jubeln.
    Der Bischof Silvester trat in den freien Raum, hob seine Arme empor, und bewegte sie zum Zeichen, daß er reden wolle. Aus seinen blauen Augen flossen Tränen über seinen weißen Bart auf sein Kleid hinunter.
    »Der Bischof will reden, der Bischof will reden«, riefen mehrere Stimmen.
    Als es stille geworden war, rief der Bischof Silvester mit lauter Stimme: »Ich Silvester der erwählte Bischof von Prag als oberster Seelenhirt des Landes Böhmen widerspreche der Wahl. Sie ist vor dem dreieinigen Gotte ungültig und sündhaft. Und wenn der heilige Adalbert, der unser Vorbild ist, sein Amt niedergelegt hat, weil er nicht verantworten konnte, daß seine Untertanen heidnische Gebräuche nicht ablegten, so kann ich nicht verantworten, daß die mir Anvertrauten freiwillig und feierlich das Gebot des Herrn verletzen, und lege mein Amt nieder. Mein Gebet wird fortan sein, daß Gott dem Lande nicht entgelten lasse, was seine besten Söhne gesündigt haben.«
    Ein wildes Geschrei entstand auf diese Worte. Der Bischof ging gebeugten Hauptes zu seinem Sitze, und setzte sich auf denselben nieder.
    Die meisten schickten sich an, den Saal zu verlassen.
    Zdik trat zu dem Bischofe Silvester, legte ihm beide Hände auf die Schultern, schaute ihm in das Angesicht, und sprach: »Mein Vater und Freund, mit dem ich zu Jerusalem an dem Grabe des Herrn gebetet habe, es ist keine Sünde. Eher hat Sobeslaw gefehlt, daß er nur an die Seinigen gedacht hat. Unser Erwählter wird das Land von dem Untergange retten, und die werden arg getäuscht sein, welche auf ihn leichtfertige und eigennützige Hoffnungen gebaut haben.«
    Silvester wischte sich mit seinem Kleide die Tränen ab, und sagte: »Mein Sohn, es ist doch eine Sünde. Und wenn Gottes Barmherzigkeit durch euren Erwählten das Land auf den Gipfel des Heiles führt, so wird doch die Strafe auf die Häupter des Meineides fallen.«
    »Es geschehe, was muß«, sagte Zdik, »ein jeder kann nur nach dem gestraft werden, was er gesündiget hat.«
    »So ist es«, sagte Silvester, und stand auf, um den Saal zu verlassen. Viele Priester schlossen sich um ihn, und begleiteten ihn zur Tür hinaus.
    Witiko erhob sich von seinem Sitze, und schritt bei der Tür, durch welche er hereingekommen war, in das Vorgemach hinaus. Dort fand er noch den Priester, der ihn hergeleitet, und hier auf ihn gewartet hatte. Sie gingen mit einander fort.
    Da sie in dem Gange gingen, trat aus einem Seitengange der Bischof Silvester mit seinen Priestern hervor. Witiko stellte sich zurück, und wollte den Greis vorüber lassen. Dieser aber blieb vor dem Jünglinge stehen, und sagte: »Mein gutes liebes Kind, reite zu dem Herzoge, melde ihm, was hier geschehen ist, und sage ihm, daß ich aller Würden ledig bin, und bald kommen werde.«
    Nach diesen Worten machte er mit den Fingern ein Zeichen wie das des Segens, und ging mit seinen Priestern weiter. Witiko folgte ihm mit seinem Begleiter in einiger Entfernung.
    Als sie in den Hof gekommen waren, fanden sie dort eine Menge von Menschen. Sie standen fast Körper an Körper gedrängt. Teils waren sie von außen hereingekommen, teils waren sie von den Räumen des Gebäudes herabgegangen. Mitten im Hofe hielt Nacerat in seinen weiten Gewändern hoch zu Pferde, von Freunden und andern umgeben, die Glück wünschten. Der Sohn des Nacerat in seiner prachtvollen Kleidung zu Pferde sitzend war neben ihm. Welislaw war da, Casta, Smil mit seinen beiden Söhnen, Ben der Kriegsanführer war da, und mehrere Diener hielten Pferde für ihre Herren bereit, und manche stiegen auf. In der Richtung von dem Tore her drängte sich der junge schöne schwarze Odolen der Sohn des Striz auf einem weißen Pferde sitzend und mit dunkelbraunen Gewändern angetan durch die Menge gegen Nacerat. Der blonde Drslaw war da, der schwarzhaarige Bogdan, der emporragende Predbor, Milota, Nemoy, Jurik, Bartholomäus, und die rote Feder Domaslaws ragte neben den Häuptern anderer Reiter empor. Der blondhaarige grüngekleidete Kochan suchte sich auf einem schwarzen Pferde seinen Weg durch das Gedränge nach auswärts, ihm folgte Milhost. An einem Fenster in der Burg oben stand der Bischof Zdik, neben ihm der Priester Daniel der Abt von Brewnow und andere. Alle Fenster waren mit Menschen erfüllt. Zahlreiche sehr schöne Frauen konnte man darunter erblicken. Mädchen und Frauen aus

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