Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
Vom Netzwerk:
erstarken und die Getreuen ihre Beteiligung erhalten. Wer in diesem Streite zu mir gezogen ist, und seine Männer gebracht hat, möge in seine Heimat ziehen, und dem Lande wieder helfen, wenn das Land seiner bedarf. Meine Krieger verteile ich an ihre bestimmten Plätze. Und so möge jeder das Denkmal der Waffenbruderschaft dieser Zeit dahin nehmen, und keiner in üblem Mute von hier scheiden.« Darauf sprach Otto, der Bischof von Prag. »Sie haben mich zur Antwort an dich gewählt, hoher Herr! Wir sind in diesen Streit gezogen aus Liebe zu Gott und den Himmlischen, daß durch Blut und Wirrsal nicht der heilige Glaube, die heilige Religion und die christliche Sitte leide; ferner aus Liebe zu dem Lande, daß es vor großem Schaden bewahrt werde, und dann aus Liebe zu dir, hoher Herr, daß dir dein Recht erhalten werde. Gott und die Heiligen haben geholfen, wir haben ihnen gedankt, und sind zu Ende. Wenn du großmütig wie deine Vorgänger Gaben verteilt hast, so ehren die Gaben uns, wie die Gaben deiner Vorgänger unsere Voreltern geehrt haben, und wir ehren die Gaben wieder und genießensie in Ansicht ihres Ursprungs. Zur weiteren Schlichtung der Dinge wird dir die Treue der Deinen nicht fehlen.«
    »Es soll immer das Rechte und Gute geschehen«, rief Bolemil.
    »Das Rechte und Gute«, riefen nun alle Männer.
    Dann sprach wieder der Herzog. »Ehe wir scheiden, geliebte Herren, haben wir noch ein Urteil über einen Schuldigen zu sprechen. Er harret draußen, und hat sich in der Freude, die jetzt in dem Lande ist, zu dem Empfange seines Spruches gestellt. Der Spruch wird gerecht sein, und die Gerechtigkeit wird vollzogen werden. Rufet den Mann.«
    Einer der Krieger an der Tür des Saales ging hinaus, und kam mit Witiko zurück.
    »Witiko, tritt vor«, sagte der Herzog.
    Witiko ging von der Tür des Saales auf den Platz vor der Versammlung.
    Er hatte das Ledergewand an, welches er auf dem Ritte bei Chynow getragen hatte, und in welchem er vor der Wahlversammlung in dem großen Saale des Wysehrad gestanden war.
    Der Herzog sprach: »Ihr kennet diesen Mann, und habt ihn schon einmal vor euch gesehen.«
    »Wir kennen ihn«, sprach Bolemil.
    »Wir kennen ihn«, sprach Lubomir.
    »Wir kennen ihn«, sprach Otto.
    »Wir kennen ihn«, sprach Zdik.
    »Wir kennen ihn«, sprachen viele.
    »Odolen, der du die Tat des Mannes gesehen hast, derentwillen er hier steht, erzähle in Getreuem, was sich alles zugetragen hat«, sagte der Herzog.
    Odolen erhob sich von seinem Sitze, der in einer hinteren Reihe stand, und sprach: »Hoher Herr! Wir ritten zwischen Pilsen und dem Dorfe Holaubkau. Da kam eine Schar von Reitern der Feinde. Es waren die Fürsten Wratislaw von Brünn, Otto von Olmütz, und Wladislaw, der Sohn des Herzogs Sobeslaw, unter ihnen. Es wurde ein Kampf. Wir waren ihnen an Zahl um vieles überlegen. Wir standen so, daß sie mit dem Rücken gegen das Lager der Unsrigen gekehrt waren, wir gegen das Lager der Ihrigen. Der Sieg zeigte sich für uns. Witiko befehligte eine größere Zahl Reiter als ich. Da die Feinde zur Flucht drängten, hieß Witiko seine Reiter nach der Seite wenden, daß ich glaubte, er wolle die Feinde umgehen, und in ihrem Rücken ihre Flucht hemmen. Es wurde aber eine Lücke gegen Prag, sie wendeten ihre Pferde, und flohen durch die Lücke in der Richtung gegen Prag hin. Meine und Witikos Reiter riefen Verrat, kamen in Unordnung, und als die Ordnung wieder hergestellt war, hatten die Feinde eine große Strecke vor uns. Witiko übergab seinen Befehl an mich, ich ordnete die Verfolgung an. Witiko ritt als Streiter mit uns. Auf dem Wege fanden wir die hölzernen Häuser des Dorfes Holaubkau brennen. Wir konnten durch den Brand nicht hindurch, und ehe wir einen Umweg entdeckten, war so viele Zeit vergangen, daß die Erreichung der Feinde vereitelt war. Wir kehrten um, Witiko mit uns, und in dem Lager ging er zu dem erlauchten Herzoge Wladislaw. So ist die Sache.«
    Nach diesen Worten setzte sich Odolen wieder nieder.
    »Witiko, sprich«, sagte der Herzog.
    Witiko neigte sich vor dem Herzoge, und sprach: »Ich habe den Kriegsfehler nicht gemacht, daß ich die Flucht der Feinde gegen das Lager der Unsrigen zu hemmen gesucht hätte. Ich wollte sie zu den Ihrigen entfliehen lassen, und es ist gelungen. Weil drei Fürsten selber so weit gegen unser Lager vorgeritten waren, habe ich gedacht, sie müssen etwas Bedeutungsvolles im Sinne haben. Weil sie aber zeigten, daß es nicht auf die Unterwerfung an den

Weitere Kostenlose Bücher