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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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ich schleudere dieses Beil in deinen Körper, wenn du dich rührst.«
    »Nimm ihn gefangen, Raimund«, sagte Witiko.
    Raimund nestelte die Stricke, welche ihm Wolf gegeben hatte, von dem Sattel, und stieg von seinem Pferde. Dann reichte er dem Manne in dem braunen Gewande die Zügel desselben, und sagte: »Halte mir das Roß, bis ich fertig bin.«
    Der Mann in dem braunen Gewande nahm die Zügel, und hielt an denselben das Pferd Raimunds.
    Raimund aber näherte sich dem rotbärtigen Manne, indem er das Beil hoch in der Hand trug.
    Der Mann stand ruhig.
    Da Raimund zu ihm gekommen war, ließ er das Beil in das Gras fallen, nahm die beiden Hände des Mannes, legte seine Unterarme vor der Brust übereinander, umwickelte sie mit einem Stricke, und knüpfte die Enden des Strickes zusammen.
    Der Mann ließ es geschehen.
    Dann nahm er wieder sein Beil, nahm die Armbrust, die auf der Erde lag, und führte den Mann zu Witiko.
    Dort hieb er mit dem Beile einen Ast aus dem Gesträuche, hieb aus dem Aste einen Knebel zurecht, befestigte den Knoten mit dem Knebel noch besser, und band an den Fesselstrick noch einen andern Strick als Leitseil.
    Dann sagte er: »So, mein Gaurabe, jetzt bist du versorgt.«
    »Führe ihn mit uns«, sagte Witiko.
    Raimund gab dem Manne in dem braunen Gewande das Ende des Leitseiles in die Hand, und sagte: »Jetzt mußt du mir diesen da ein wenig halten.«
    Der Mann in dem braunen Gewande tat es.
    Raimund hing die Armbrust an seinen Sattel, stieg auf sein Pferd, richtete sich zurecht, nahm dem Manne in dem braunen Gewande das Ende des Leitseiles wieder ab, und sagte: »Jetzt bin ich fertig.«
    »So reiten wir«, sagte Witiko.
    Der Zug setzte sich wieder in Bewegung.
    Witiko ritt von dieser Stelle fortan schneller, als er bisher geritten war. Die andern folgten. Der Mann an dem Leitstricke mußte mit beschleunigten Schritten hinter dem Pferde Raimunds gehen.
    So gelangte man endlich zu den Häusern Hauzenberg.
    Die Männer stiegen von den Pferden.
    Das Leitseil des Gefangenen wurde an einen der Pflöcke gebunden, die auf der Gasse zum Anhängen der Pferde in die Erde getrieben waren.
    Dann wurden die Pferde mit Halftern an Pflöcken befestigt, mit Decken gut behüllt, und man begann ihre Verpflegung.
    Als dieses geschehen war, setzte sich Witiko an einen der Gassentische, und der Mann in dem braunen Gewande setzte sich in kleiner Entfernung von Witiko auf eine Bank an demselben Tische.
    Der Krämer, welchen Witiko vor vier Jahren auf dieser Gasse gesehen hatte, saß wieder auf der Gasse der Herberge.
    Sonst war kein Gast zugegen.
    »Raimund«, sagte Witiko, »führe nun den Mann an seinem Stricke zu mir.«
    Raimund löste das Leitseil von dem Pflocke, und führte den Gefangenen an den Tisch Witikos.
    Dort blieb er mit ihm stehen.
    Aus der Tür und dem Tore des Wirtshauses kamen mehrere Menschen, und blickten von ferne auf Witiko und auf die, welche bei ihm waren.
    Witiko sagte zu dem Gefangenen: »Es werden bald vier Jahre werden, da bist du an einem Tische auf der Gasse vor dieser Herberge mit deinem graubärtigen Genossen, der heute durch die Büsche entronnen ist, gesessen, eben da ich mit diesem meinem Pferde und in diesem meinem Gewande hier Mittagruhe hielt. Ist es nicht so?«
    »Ich weiß es nicht, wo ich vor vier Jahren oder vor drei Jahren gewesen bin«, sagte der Mann. »Wenn Ihr mich den Schergen übergeben wollt, oder wenn Ihr mich von hier wieder fortführen, und in einem Graben erschlagen wollt, könnt Ihr es tun.«
    »Ich habe dir das Leben zugesichert«, sagte Witiko.
    »Ihr könnt mich martern lassen«, antwortete der Mann.
    »Ich lasse dich nicht martern«, sagte Witiko.
    »Ich habe dem Herzoge Heinrich immer treu gedient; aber die Bischöflichen sind arge Genossen«, erwiderte der Mann.
    »Ich werde dich den Bischöflichen nicht ausliefern, sondern werde dich selber richten«, sagte Witiko.
    »Da ist wenig zu richten, weil ich unschuldig bin«, sagte der Mann.
    »Das ist gut«, antwortete Witiko, »und ich werde die unschuldigen Leute schützen. Jetzt sprich.«
    »Ich werde wohl vor vier Jahren auf dieser Gasse gesessen sein«, sagte der Mann.
    »Und weshalb hast du heute mit dem andern Bolzen auf uns geschossen?« fragte Witiko.
    »Hat der andere Bolzen geschossen? Ich habe es nicht gesehen, da ich zu ihm kam«, sagte der Mann.
    »Bist du aus Zufall zu ihm gekommen?« fragte Witiko.
    »Ich bin aus Zufall zu ihm gekommen«, antwortete der Mann, »da ich meines Weges zu dem Kirchlein

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