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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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des heiligen Ulrich beten ging.«
    »Bist du auch vor vier Jahren aus Zufall mit ihm auf dieser Gasse gesessen?« fragte Witiko.
    »Aus Zufall«, antwortete der Mann.
    »Gehst du, wenn du auf dem Wege zu dem heiligen Ulrich bist, in den dichten Gebüschen statt auf dem Pfade?« fragte Witiko.
    »Ich habe den Mann stehen gesehen, und bin von dem Wege zu ihm in die Büsche gegangen, weil er es wollte«, antwortete der Gefragte.
    »Und als mich der Bolzen traf, und als ich in der gleichen Zeit einen Bolzen an dem Gewande meines Begleiters sah«, entgegnete Witiko, »standest du mit deinem Gefährten in den Gebüschen, und ihr blicktet auf uns, und als mein Knecht zu dir kam, lag eine Armbrust neben dir in dem Grase. Wenn ich dir auch das Leben verbürgte, und dich nicht martern lasse, so denke, daß die Strafe durch die Lüge härter wird.«
    »Es ist alles ein bekläglicher Irrtum«, sagte der Mann, »ich habe immer dem hohen Herzoge Heinrich treulich gedient, und bin belobt worden. Und der hohe Herzog hat verkündet, daß man die Kundschafter fangen, und einbringen soll. Mein Nachbar hat damals vor vier Jahren an dem Tische gesagt, Ihr seid ein Kundschafter; aber Ihr seid gar nicht zu dem Feinde Leopold nach Österreich geritten.«
    »Also habt ihr auf dem Wege nach Österreich gelauert?« sagte Witiko.
    »Nein«, entgegnete der Mann, »es ist nur erzählt worden.«
    »Das ist gut«, antwortete Witiko, »und wie war es heute?«
    »Als mein Nachbar die Bolzen geschossen hat«, erwiderte der Mann, »hat er gesagt, Ihr seid ein Kundschafter, und kommet von Leopold. Er wollte euch ein wenig ritzen, weil ihr drei waret; allein seine Pfriemen sind nicht durch Euer Leder und durch das Tuch Euers Knappen gegangen.«
    »Ihr habt damals im Hauzenberge die Elenhaut meines Panzers zu wenig angeschaut«, sprach Witiko.
    »Ich habe meinem Nachbar gesagt«, entgegnete der Mann, »daß Ihr ein sehr edler Herr seid, und kein Kundschafter.«
    »Hat dir dein Nachbar anvertraut, weshalb er auf meinen Knappen geschossen hat?« fragte Witiko.
    »Er hat ihn mehr gefürchtet als den andern«, sagte der Mann, »und auf den andern hätte er dann auch noch geschossen.«
    »Und wenn er uns bloß geritzt hätte, hat er dann gemeint, daß wir uns nicht wehren würden?« fragte Witiko.
    »Ihr hättet Euch gewehrt«, erwiderte der Gefangene, »und mein Nachbar wäre davon gerannt, weil ich Euch nicht hätte fangen lassen, da Ihr ein sehr edler Herr und kein Kundschafter seid.«
    »Von welchem Orte bist du denn auf den Weg zu dem heiligen Ulrich gegangen?« fragte Witiko.
    »Von dem Hauzenberge«, antwortete der Mann.
    »Und hat dir dein Nachbar gesagt, von welchem Orte er in die Büsche gegangen ist?« fragte Witiko.
    »Nein, er hat es mir nicht gesagt«, antwortete der Mann, »aber er wird auch von dem Hauzenberge hin gegangen sein.«
    »Welcher Ort ist deine Heimat?« fragte Witiko.
    »Passau, edler Herr«, antwortete der Mann.
    »Und weißt du die Heimat deines Nachbars?« fragte Witiko.
    »Es werden etwa die Innhäuser bei Passau sein«, sagte der Mann.
    »Und wo bist du denn die letzten drei oder vier Tage oder die letzten Wochen gewesen?« fragte Witiko.
    »Ich bin zu Hause gewesen, oder im Hauzenberge, oder in Vilshofen, oder wohin ich eine Botschaft zu tragen gehabt habe, oder wo es eine Arbeit für mich gegeben hat«, sagte der Mann.
    »Ist dein Nachbar auch in der Gegend gewesen?« fragte Witiko.
    »Ich habe ihn hin und wieder gesehen«, antwortete der Gefangene.
    Witiko rief nun gegen die Leute, die an dem Hause standen: »Ist der Wirt der Herberge bei euch?«
    »Ja freilich«, antwortete eine Stimme.
    »So bitte ich Euch, kommet zu uns an den Tisch«, sagte Witiko.
    Der Wirt ging zu dem Tische.
    »Beantwortet mir einige Fragen in Angelegenheiten dieses Mannes, der da gebunden vor uns steht«, sagte Witiko.
    »Wenn ich sie beantworten kann«, entgegnete der Wirt.
    »Ist dieser Mann heute schon einmal hier gewesen?« fragte Witiko.
    »Er hat am Vormittage hier Käse gegessen«, antwortete der Wirt.
    »Ist er allein gewesen?« fragte Witiko.
    »Nein, es ist noch einer bei ihm gewesen«, sagte der Wirt.
    »Hat der andere einen grauen Bart gehabt?« fragte Witiko.
    »Er hat einen grauen Bart gehabt«, sagte der Wirt.
    »Sind diese zwei Männer oft bei einander?« fragte Witiko.
    »Wie es sich fügt«, antwortete der Wirt, »ich habe sie schon öfter gesehen.«
    »Sind sie zu vieler Zeit in dieser Gegend hier?« fragte Witiko.
    »Sie sind

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