Werke
sah man auf dem nämlichen Ufer die große Burg der Herren von Walse. Darauf fuhr das Schiff in eine finstere Schlucht ein, wie die gewesen war, welche man unterhalb Passau durchfahren hatte. Das Wasser wurde in der Schlucht eingeengt, und floß mit größerer Schnelligkeit dahin. Als das Schiff eine Zeit in der Schlucht gefahren war, kamen von einem hölzernen Hause, das auf dem Ufer stand, drei Männer in einem Kahne an das Schiff, hefteten den Kahn an dasselbe, bestiegen es, und die Schiffer übergaben ihnen die Leitung des Fahrzeuges. Sie lenkten es an dem Orte Grein vorüber. Unterhalb des Ortes wurde die Schlucht noch wilder. Es standen auf großen Felssteinen Türme, und auf einem Inselfelsen stand auch ein Turm. Über den Schiffschnabel hin sah man auf dem Strome eine Fläche, die so weiß wie Schnee war. Die Leute sagten, man komme zu den Stellen Strom und Wirbel, die den Schiffen sehr gefährlich seien. Alle sammelten sich nach und nach auf dem Dache des Schiffes. Als man zu der weißen Fläche gekommen war, stimmten die Menschen ein lautes Gebet an. Die Männer, denen die Leitung des Schiffes anvertraut worden war, späheten sorgsam, arbeiteten emsig, und lenkten das Schiff in ein schnelles tiefes Wasser zwischen dem Inselturme und der weißen Fläche, welche schäumendes tosendes Wasserüber Geklippe war. Das Schiff ging geschwinde in dem tiefen Wasser hinunter, wurde um einen Fels gelenkt, und hinter dem Felsen sah man den Wirbel, der sich in großen Ringen drehte. Die Männer lenkten das Schiff an dem Rande der Ringe vorüber. Dann ruheten sie, blickten nach vorwärts, und ließen das Schiff in das breitere stillere Wasser hinaus gehen. Das Hilfegebet der Menschen verwandelte sich in ein Dankgebet. Als es geendiget war, erhielten die Männer, welche das Schiff gelenkt hatten, ihren Lohn, bestiegen den Kahn, und fuhren wieder an das Ufer. Dann kam ein anderes Schifflein herzu, aus welchem Menschen an einer langen Stange einen hölzernen Kübel empor hielten, und eine Gabe für die Armen und für eine Kirche zur Behütung der Schiffe verlangten. Alle legten eine Gabe in den Kübel. Hierauf kam noch ein größeres Schiff, und heischte Wassermaut und Wasserzins. Die Wassermaut und der Wasserzins wurden bezahlt. Dann ging das rotschnablige Schiff zwischen kleineren Waldhöhen in freies Land mit Wiesen und Feldern und Wäldern und Kirchen und Burgen hinaus. Das Land war zu beiden Seiten des Stromes das des Markgrafen von Österreich. Auf dem rechten Ufer lag die Stadt Ybbs, und auf dem linken eine alte dunkelbraune Kirche. Dann kam an gerade emporstehenden Felsen der Ort Marbach. Dort legten sie das Schiff an, und hielten Nachtruhe.
In der Morgendämmerung fuhren sie wieder weiter, und Witiko und Raimund saßen wieder auf dem Dache. Sie fuhren an der alten Stadt Bechelaren vorüber, an der Veste und dem Münster Melk, und kamen dann wieder in eine Schlucht hinunter, die größer und tiefer war als diejenigen, durch welche sie bisher gefahren waren. Auf den dichten Waldhöhen standen Burgen, die dem Geschlechte Chunring oder andern angehörten, an dem Saume des Wassers waren Kirchen und Ortschaften, Wiesen und Felder, und es grünete der Weinstock. Bei dem Orte Stein endigte die Schlucht, und die Schiffer fuhren in ein sehr weites ebenes Land hinaus. Sie fuhren an den Städten Stein und Krems vorüber, und an der alten Stadt Tuln. Als die Sonne schon dem Untergange nahe war, kamen sie wieder zu einem Berge. Es war der Kahlenberg, auf dem die Burg der Markgrafen von Österreich stand. Sie fuhren an dem Berge vorüber. Sie fuhren noch an Gärten und Wäldchen und Häusern vorüber, und als die Nacht schon dunkelte, landeten sie an dem Gestade der Stadt Wien. Die Menschen gingen nun aus dem Schiffe. Witiko und Raimund führten ihre Pferde auf das Ufer. Dann ließ Witiko seine Habe aus dem Schiffe tragen und auf Saumtiere laden, und ritt neben den Säumern mit Raimund in die Herberge des Salzgrießes. Dort verbrachten sie die Nacht.
Am nächsten Morgen pflegten sie die Pferde, dann ging Witiko durch das Tor der Stadt in das Kirchlein des heiligen Rupert, welches auf der Höhe des Gestades stand, und betete. Als er zurück gekommen war, rüsteten sie die Pferde, bestiegen sie, und ritten fort. Sie ritten an dem Rande des Stadtgrabens bis zu einer Stelle, welche die Freiung hieß, weil sie fliehenden Missetätern einen Schutzraum bot. Sie ritten an der Freiung vorüber, dann von der Stadt hinweg in ein grünes
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