Werke
daß er dem Vater in allem gehorchen, und sich nie gegen seine Pflicht erheben werde. Mich vermählte der Vater, da ich noch sehr jung war, dem herrlichen Manne, Friedrich von Büren, der immer treu gewesen war, der sich die Burg auf dem hohen Staufen erbaut hatte, und den der Vater zum Herzoge von Schwaben gemacht hatte. Ich gebar ihm die Söhne Friedrich und Konrad. Als fünf Jahre nach der Krönung meines Bruders verflossen waren, ging dieser zu den Empörern nach Baiern. Der Vater sandte meinen Gatten, dann die Erzbischöfe von Trier und Köln zu ihm, daß sie ihm seinen Schwur und das vierte Gebot vorhielten. Aber er blieb unbeweglich. Er gewann die Sachsen und manche andere, und zog gegen den Vater. Da starb mein Gatte. Der Bruder sagte, er wolle nicht gegen den Vater kämpfen, er wolle nur, daß sich derselbe von dem Banne löse, und mit seinen Kindern, die ihm dann gehorchen werden, christlich lebe. Im Erntemonate kam die Heeresmacht meines Vaters bei Regensburg gegen die Heeresmacht meines Bruders. Die Heeresmacht des Vaters war größer als die Heeresmacht des Bruders. Es waren viele getreue Herren bei dem Vater, es war Leopold, der Markgraf von Österreich, bei ihm, es war Boriwoy, der Herzog von Böhmen und Mähren, bei ihm, und es waren noch andere bei ihm. Es war vorauszusehen, daß, wenn eine Schlacht würde, dem Vater der Sieg bliebe. Da ging der Bruder in der Nacht vorher zu dem Markgrafen Leopold, und sagte, er wolle mich ihm zur Gemahlin geben, wenn er dem Vater in der Schlacht nicht beistünde. Leopold versprach es, ging zu dem Vater, und sagte ihm, daß er für ihn nicht kämpfen werde. Darauf sagte Boriwoy, der Herzog von Böhmen und Mähren, man könne dann überhaupt nicht kämpfen, weil die Macht zu geringe sei. Als dieses geschehen war, sandte mein Bruder einen Boten an den Vater, der melden sollte, es sei eine Verbindung in dem Heere des Vaters geschlossen worden, ihn zu verlassen, und ihm nach dem Leben zu streben. Weil der Markgraf Leopold den Kampf verweigert hatte, weil der Herzog Boriwoy gesagt hatte, daß man nicht kämpfen könne, glaubte der Vater die Botschaft, er verzweifelte, undfloh in der Nacht aus dem Lager. Mein Bruder ließ mich am andern Tage in seine Zelte bringen, und sagte mir, ich sei die Braut Leopolds, des Markgrafen von Österreich. Ich weiß, daß ich einen Schrei tat, und daß mir dann die Sinne vergingen. Als ich erwachte, lag ich auf dem Boden. Mein Bruder stand vor mir, und sah mich an. Die Frauen halfen mir nicht, weil sie den Bruder fürchteten. Da saß ein böhmisches Mädchen bei meinem Haupte auf der Erde, das Mädchen träufelte Wasser auf meine Stirne, und befeuchtete meine Lippen damit. Und als ich wieder in dem Leben war, drückte es seinen Mund auf den meinen, und streichelte meine Wangen, und liebkoste mich. Ich faßte mit meiner Hand den Arm des Mädchens, und das Mädchen half mir auf einen Stuhl. Und es ist den ganzen Tag und dann mehrere Tage bei mir geblieben. Dann zog es wieder mit den Ihrigen in das Land Böhmen. Ich sagte, daß ich Leopold, den Markgrafen von Österreich, ehelichen werde. Es ist das Sterbejahr meines Gatten gewesen, und es sind seitdem siebenunddreißig Jahre verflossen. Das böhmische Mädchen aber habe ich erforscht, es ist meine Freundin geworden, ich bin seine Freundin geworden, und wir haben uns Liebe durch das ganze Leben gewährt. Das Mädchen hat den böhmischen Herrn Zaton geheiratet, und das erstgeborne Kind dieser Ehe ist deine Mutter geworden, Witiko, und diese hat mirauch ihre Liebe während des Lebens und nach dem Tode ihrer Eltern gegeben.«
»Meine Mutter hat nur eine Christenpflicht geübt«, sagte die Mutter Witikos.
»Und mein Dank ist auch nur eine Christenpflicht gewesen«, antwortete Agnes.
Dann sprach sie: »Mein Eheleben mit Leopold ist sehr glücklich geworden. Er ist fromm und gut gegen seine Untertanen gewesen, er hat Münster und Klöster gestiftet, durch diese Fenster kann man auf das Kloster der neuen Burg hinab schauen, das er gegründet hat. Unsere Kinder sind in der Liebe zu uns und in der Liebe zu einander aufgewachsen. Dann ist er gestorben, und ich trauere hier um ihn.«
Sie schwieg eine kleine Zeit, und die andern schwiegen auch.
Dann sprach sie wieder: »Der Vater ist nach Böhmen geflohen. Der Herzog Boriwoy ist ihm nachgezogen, und hat ihn dann ehrerbietig behandelt. Er geleitete ihn zu seinem Schwager Wipprecht von Groitsch. Wipprecht von Groitsch geleitete ihn weiter, bis er an
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