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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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wie er überhaupt, wenn er nicht eigens Menschen um sich versammelte, die Einsamkeit liebte. Er hatte neben seinem Sessel einen Glockenzug, der durch den Fußboden in die Gesindezimmer hinab ging, um schnell einen Diener rufen zu können. In dem Schlafzimmer war etwas Ähnliches. Dort befanden sich außer dem gewöhnlichen Glockenzuge an den Seitenbrettern des Bettes zwei Platten, die durch das leiseste Auflegen einer Hand eine laut und lange tönende Glocke in Bewegung setzten, damit man, wenn dem alten Manne etwas zustieße, schnell zu Hilfe eilen könnte. Zwei Diener hatten immer die Schlüssel zu seinen Gemächern, um auch in der Nacht von außen aufsperren zu können. Diese Vorrichtungen waren eine Erfindung Eustachs, weil der alte Mann jede Einschränkung durch Dienerschaft, ja die Nähe derselben nicht wollte, um nicht gestört zu werden. Er ließ auch nicht zu, daß Gustav in einem Zimmer neben ihm schlafe, um sich nicht an ihn zu gewöhnen und ihn dann zu vermissen, da der Jüngling doch einmal fort müsse. Wenn man in dem Arbeitszimmer meines Gastfreundes versammelt war, besprach man gewöhnlich Angelegenheiten des Besitztums, Veränderungen, die notwendig sind, Arbeiten, die man vornehmen müsse, und Gegenstände der Kunst. Hieher wurden die Pläne und Entwürfe von Dingen gebracht, die man entweder in Holz ausführen wollte, oder die Anlagen in dem Garten oder Umänderungen an Gebäuden betrafen. Es war gut, diese Entwürfe gerade in dieses Zimmer zu bringen, weil sie da eine sehr schöne und ausgezeichnete Umgebung antrafen, und sich daher jeder Fehler und jede Unzulänglichkeit, wenn derlei in dem Entwurfe waren, sogleich aufzeigte und verbessert werden konnte. An dem Tage, wo mehrere Menschen in das Arbeitszimmer des alten Mannes kamen, war immer ein Teppich Über den auserlesenen Fußboden desselben gebreitet, damit er keine Beschädigung erleide.
    Wenn trockene Wege waren, gingen wir öfter in den Meierhof. Dort wurden die Arbeiten, welche der erste Frühling bringt, rüstig betrieben. Das Ganze war seit meiner vorjährigen Anwesenheit in Ordnung und Fülle sehr vorgeschritten. Man mußte bis spät in den Herbst hinein und selbst im Winter, soweit es tunlich war, fleißig gearbeitet haben. Im Innern des Hofes war nicht mehr bloß die schöne Pflasterung an den Gebäuden herum und der reinliche Sand über den ganzen Hofraum, sondern es war in der Mitte desselben ein kleiner Springquell, der mit drei Strahlen in ein Becken fiel und eine Blumenanlage um sich hatte. Auf das alles sahen die hellen Fenster des Hofes ringsum heraus. So sah dieser Teil des Gebäudes, obwohl zwei Seiten des Hofes Ställe und Scheunen waren, wie ein Edelsitz aus. Ich fragte meinen Gastfreund, ob er neues Mauerwerk habe aufführen lassen, da ich den Meierhof viel vollkommener sehe als im vergangenen Jahre, und da er auch schöner sei, als sie hier im Lande gebaut wurden.
    »Ich habe keine Mauern aufführen lassen,« antwortete er, »nur die letzten äußeren Verschönerungen habe ich angebracht, und die Fenster habe ich vergrößert, der Grund war schon da. Die Meierhöfe und die größeren Bauerhöfe unserer Gegend sind nicht so häßlich gebaut, als Ihr meint. Nur sind sie stets bis auf ein gewisses Maß fertig, weiter nicht; die letzte Vollendung, gleichsam die Feile fehlt, weil sie in dem Herzen der Bewohner fehlt. Ich habe bloß dieses Letzte gegeben. Wenn man mehrere Beispiele aufstellte, so würden sich im Lande die Ansichten über das notwendige Aussehen und die Wohnbarkeit der Häuser ändern. Dieses Haus soll so ein Beispiel sein.«
    Die Wege um den Hof und dessen Wiesen und Felder waren auch nicht mehr so, wie sie größtenteils in dem vorigen Sommer gewesen waren. Sie waren fest, mit weißem Quarze belegt, und scharf und wohl abgegrenzt.
    An schönen Mittagen, die bereits auch immer wärmer wurden, saß ich gerne auf dem Bänkchen, das um den großen Kirschbaum lief, und sah auf die unbelaubten Bäume, auf die frisch geeggten Felder, auf die grünen Tafeln der Wintersaat, die schon sprossenden Wiesen und durch den Duft, der in dem ersten Frühlinge gerne aus Gründen quillt, auf die Hochgebirge, die mit dem Glanze des noch in ungeheurer Menge auf ihnen liegenden Schnees spielten. Gustav schloß sich an mich viel an, wahrscheinlich weil ich unter allen Bewohnern des Hauses ihm an Alter am nächsten war. Er saß deshalb gerne bei mir auf dem Bänkchen. Wir gingen manches Mal auf die Felderrast hinüber, und er zeigte

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