Werke
Bücher, die er lesen durfte, bestimmt. Er benutzte sie fleißig, ich sah aber nie, daß er nach einem anderen langte. Eustach und die anderen Leute hatten freie Auswahl, und natürlich ich auch. Da ich das erste Mal in diesem Hause war, hatte ich es getadelt, daß das Bücherzimmer von dem Lesezimmer abgesondert sei, es erschien mir dieses als ein Umweg und eine Weitschweifigkeit. Da ich aber jetzt länger bei meinem Gastfreunde war, erkannte ich meine Meinung als einen Irrtum. Dadurch, daß in dem Bücherzimmer nichts geschah, als daß dort nur die Bücher waren, wurde es gewissermaßen eingeweiht, die Bücher bekamen eine Wichtigkeit und Würde, das Zimmer ist ihr Tempel, und in einem Tempel wird nicht gearbeitet. Diese Einrichtung ist auch eine Huldigung für den Geist, der so mannigfaltig in diesen gedruckten und beschriebenen Papieren und Pergamentblättern enthalten ist. In dem Lesezimmer aber wird dann der wirkliche und der freundliche Gebrauch dieses Geistes vermittelt, und seine Erhabenheit wird in unser unmittelbares und irdisches Bedürfnis gezogen. Das Zimmer ist auch recht lieblich zum Lesen. Da scheint die freundliche Sonne herein, da sind die grünen Vorhänge, da sind die einladenden Sitze und Vorrichtungen zum Lesen und Schreiben. Selbst daß man jedes Buch nach dem zeitlichen Gebrauche wieder in das Bücherzimmer an seinen Platz tragen muß, erschien mir jetzt gut; es vermittelt den Geist der Ordnung und Reinheit, und ist gerade bei Büchern wie der Körper der Wissenschaft, das System. Wenn ich mich jetzt an Bücherzimmer erinnerte, die ich schon sah, in welchen Leitern, Tische, Sessel, Bänke waren, auf denen allen etwas lag, seien es Bücher, Papiere, Schreibzeuge oder gar Geräte zum Abfegen; so erschienen mir solche Büchersäle wie Kirchen, in denen man mit Trödel wirtschaftet.
Ich ging auch öfter zu Eustach in das Schreinerhaus. An einem der ersten sehr heiteren Tage nahm ich alle Zeichnungen mit seiner Erlaubnis heraus, und sah sie noch einmal mit großer Muße und Genauigkeit an. Ich konnte es fast kaum glauben, wie sehr mich meine Zeichnungsübungen während des vergangenen Winters gefördert hatten. Ich verstand jetzt vieles, was ich da vorfand, besser als im Sommer, und es gefielen mir die meisten Dinge auch mehr. Ich teilte ihm manches von meinen Zeichnungen mit, namentlich von Zeichnungen von Pflanzen, deren ich dieses Mal eine größere Anzahl in meinem Koffer mitgebracht hatte. Bei meiner ersten Anwesenheit hatte ich in dem Ränzchen nur einige Schriften, ein Fernrohr und andere Sachen getragen, die in ein so kleines Behältnis gehen, Zeichnungen aber nicht. Er hatte eine Freude an diesen Dingen; aber sonderbar war es anzusehen, wie er die Pflanzenzeichnungen nicht als Pflanzenfreund und Kenner anblickte, sondern als Baumeister, der ihre Gestalt verwenden kann. Er versuchte später selber auch Zeichnungen nach lebenden Pflanzen; aber hier trat der Unterschied von einem Pflanzenfreunde noch mehr hervor: die Bilder wurden ihm allgemach durch unmerkliche Zusätze aus Gewächsen schöne Verzierungen. Er suchte sich auch in der Regel solche Vorbilder aus, die zu seinem Berufe in näherer Beziehung standen, oder in eine solche gebracht werden konnten. In Bezug auf die anderen Dinge, die in dem Schreinerhause gearbeitet wurden, zeigte er mir alles, und erklärte mir manches, wenn ich nach Erklärung verlangte. Auch hierin glaubte ich seit dem vorigen Sommer Fortschritte gemacht zu haben, namentlich, da ich die Gegenstände, die mein Vater besaß, wohl genau betrachtet und mir eingeprägt hatte, um ihre Bilder hieher übertragen und mit dem, was sich hier befand, vergleichen zu können. Die Gestalten gingen jetzt leichter in mein Wesen ein,mir gefiel vieles mehr als im vorigen Sommer, und ich wurde auf manches aufmerksam, was ich damals nicht beachtet hatte. Wir saßen zuweilen in dem freundlichen Zimmer Eustachs, wenn die Vormittagssonne durch die geschlossenen Vorhänge sanft herein blickte, und redeten von allerlei Dingen.
An Nachmittagen, besonders wenn trübes Wetter war und die Geschäfte im Freien nicht eine große Ausdehnung hatten, versammelte man sich in dem Arbeitszimmer meines Gastfreundes. Dieses Zimmer war an Nachmittagen, wo es sehr zusammengeräumt, und wo mehr Muße war, der Vereinigungspunkt der kleinen Gesellschaft, wenn sie sich überhaupt vereinigte. Mein alter Gastfreund hatte sich dieses Gemach sehr wohnlich, wenn auch für Einsamkeit geeignet, herrichten lassen,
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